Krankenhilfe nach dem Asylbewerberleistungsgesetz1
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Zuzahlung vorgesehen sind und <strong>nach</strong> §§ 61, 62 SGB V eine Befreiung durch die Krankenkasse nicht erfolgt. Die<br />
Behandlung durch die Krankenkasse umfasst <strong>nach</strong> § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 6 SGB V sowohl die ärztliche Behandlung<br />
einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung als auch Leistungen<br />
der medizinischen Rehabilitation.<br />
Dass <strong>nach</strong> § 38 Abs. 2 Satz 1 BSHG die Sozialhilfe bei Krankheit den notwendigen Bedarf in voller Höhe befriedigen<br />
muss, wenn die Krankenversicherung den Bedarf nicht vollständig deckt, bedeutet, dass die Sozialhilfe im<br />
Einzelfall über den Leistungsrahmen der Krankenversicherung hinaus gehen muss und insoweit der Nachrang<br />
der Sozialhilfe (§ 2 BSHG) nicht zum Tragen kommt (so auch die Begründung zur mit <strong>dem</strong> SGB IX vorgenommenen<br />
Änderung des § 38 BSHG, BT-Drs. 14/5531, BT-Drs. 14/5074). Da die psychotherapeutische Behandlung<br />
unstreitig notwendig und die Hinzuziehung einer/es Dolmetschers/in erforderlich ist und die Krankenversicherung<br />
die Kosten für einen Dolmetscher nicht übernimmt, hat die Sozialhilfe diese Kosten als Hilfe bei Krankheit zu<br />
übernehmen (so ausdrücklich zu dieser Fallkonstellation auch die vorstehend zitierte Begründung zur Änderung<br />
des § 38 BSHG a.). Das entspricht im übrigen der Rechtslage vor Inkrafttreten des SGB IX (BVerwG 5 C 20.95, U.<br />
v. 25.01.96, NJW 1996, 3092).<br />
Auch die Auffassung des Sozialamts, Dolmetscherkosten würden von § 57 SGB V erfasst, ist unzutreffend. § 57<br />
SGB V betrifft die Unterstützung sprach- und hörbehinderter Menschen. Weder vom Wortlaut noch vom Sinn der<br />
Vorschrift her fallen darunter Aufwendungen für Sprachmittler für Fremdsprachen.<br />
Einzelunterkunft statt Gemeinschaftsunterkunft bei Krankheit<br />
VG Osnabrück 6 B 66/00, B.v. 28.11.00, GK AsylbLG § 4 Abs. 1 VG Nr. 5 Die Antragstellerin befand sich wg.<br />
einer posttraumatischen Belastungsstörung wiederholt in stationärer psychiatrischer Behandlung. Sie beantragt die<br />
Unterbringung außerhalb der Gemeinschaftsunterkunft, in der eine Besserung der Erkrankung nicht zu erwarten<br />
sei. Ihre behandelnden Ärzte haben insoweit keine befürwortenden Stellungnahmen abgegeben.<br />
Das VG hat den Anspruch auf Bereitstellung einer Einzelunterkunft durch das Sozialamt als "sonstige Leistung"<br />
<strong>nach</strong> § 4 Abs. 1 AsylbLG bestätigt. Bei § 4 Abs. 1 handelt es sich insoweit um eine Auffangregel, die nicht<br />
eng zu verstehen ist und insbesondere nicht lediglich Heil- und Hilfsmittel umfasst. Dem Anspruch kann die Gemeinde<br />
nicht mit <strong>dem</strong> Einwand begegnen, dass ihr eine andere Wohnung nicht zur Verfügung stehe. Dass entsprechende<br />
Bemühungen - unter Einbeziehung der Nachbargemeinden - erfolglos bleiben müssten, ist nicht ersichtlich.<br />
Bei alle<strong>dem</strong> verkennt die Kammer nicht, dass die Beschaffung einer geeigneten Unterkunft mit erheblichem<br />
Verwaltungsaufwand verbunden ist, Dies ist jedoch hinzunehmen, weil es um die Erfüllung der der Gemeinde<br />
obliegenden Aufgabe geht, die Asylbewerber ihren gesundheitlichen Bedürfnissen entsprechend unterzubringen.<br />
Anmerkung: Die Übernahme der Mietkosten für eine selbst gemietete Wohnung ist gemäß § 3 Abs. 2 AsylbLG<br />
möglich (Ermessen, wobei neben der Frage der Kosten vor allem Krankheitsgründe maßgeblich sein können), in<br />
begründeten Fällen wie <strong>dem</strong> vorliegenden dürfte ein Rechtsanspruch bestehen.<br />
VG Freiburg 1 K 2104/02, U.v. 18.12.03, IBIS M4697, www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/4697.pdf Anspruch auf<br />
Wohnung statt Gemeinschaftsunterkunft wegen Krankheit (PTBS).<br />
Die Ausländerbehörde hat bei ihrer Entscheidung darüber, ob sie einen Asylbewerber einer Gemeinschaftsunterkunft<br />
oder im Einzelfall einer Einzelunterkunft zuweist, die privaten Belange des jeweils betroffenen Ausländers<br />
gegen das öffentliche Interesse abzuwägen. Der durch § 53 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG mit der Regelunterbringung in<br />
Gemeinschaftsunterkünften verbundene Eingriff in die Freiheitssphäre des Asylbewerbers ist nur dann und nur<br />
insoweit zulässig, als er zum Schutz öffentlicher Interessen unerlässlich ist und die gewählten Mittel in einem vernünftigen<br />
Verhältnis zum angestrebten Erfolg stehen.<br />
Der Zweck der Gemeinschaftsunterkunft ist u. a. der, den Asylbewerbern vor Augen zu führen, dass mit <strong>dem</strong><br />
Asylantrag vor dessen Stattgabe kein Aufenthalt zu erreichen ist, wie er <strong>nach</strong> allgemeinem Ausländerrecht eingeräumt<br />
wird. Daraus folgt, dass Asylbewerber die mit der Gemeinschaftsunterkunft typischerweise verbundenen<br />
Nachteile hinnehmen müssen, wozu - in den Grenzen der Menschenwürde - eine gewisse räumliche Beengtheit<br />
gehört. Dem stellt das Gesetz in § 53 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG die Belange des Ausländers entgegen. Hierbei sind<br />
insbesondere durch die Gemeinschaftsunterkunft drohende oder bereits eingetretene gesundheitliche Schäden<br />
sowie Nachwirkungen der Verfolgung, etwa bei Opfern von Folterungen oder Gruppenrivalitäten von besonderem<br />
Gewicht (vgl., jeweils m. w. N. aus der Rspr. des BVerfG, des BVerwG und der Obergerichte: VG Gera, Gerichtsbescheid<br />
v. 19.03.99 - 5 K 20646/98 GE; VG Göttingen, Urt. v. 10.05.96 - 4 A 4049/96).<br />
Vorliegend überwiegen die privaten Belange des Klägers die öffentlichen Interessen derart, dass er - und<br />
wg. Art. 6 GG auch seine Frau und Kinder - einen Anspruch hat, in einer Privatunterkunft zu wohnen. Die behördlich<br />
veranlasste Untersuchung hat die schwere chronifizierte PTBS bestätigt. Die amtsärztliche Stellungnahme äußert<br />
sich dahin, dass die in der Gemeinschaftsunterkunft typischen und regelmäßigen Umgebungsreize (Lärm,<br />
Hellhörigkeit, Kasernenatmosphäre, Schmutz) zu einem wiederholten Erleben durch den Kläger in der Haft erlitte-<br />
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