03.12.2012 Aufrufe

Krankenhilfe nach dem Asylbewerberleistungsgesetz1

Krankenhilfe nach dem Asylbewerberleistungsgesetz1

Krankenhilfe nach dem Asylbewerberleistungsgesetz1

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Zuzahlung vorgesehen sind und <strong>nach</strong> §§ 61, 62 SGB V eine Befreiung durch die Krankenkasse nicht erfolgt. Die<br />

Behandlung durch die Krankenkasse umfasst <strong>nach</strong> § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 6 SGB V sowohl die ärztliche Behandlung<br />

einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung als auch Leistungen<br />

der medizinischen Rehabilitation.<br />

Dass <strong>nach</strong> § 38 Abs. 2 Satz 1 BSHG die Sozialhilfe bei Krankheit den notwendigen Bedarf in voller Höhe befriedigen<br />

muss, wenn die Krankenversicherung den Bedarf nicht vollständig deckt, bedeutet, dass die Sozialhilfe im<br />

Einzelfall über den Leistungsrahmen der Krankenversicherung hinaus gehen muss und insoweit der Nachrang<br />

der Sozialhilfe (§ 2 BSHG) nicht zum Tragen kommt (so auch die Begründung zur mit <strong>dem</strong> SGB IX vorgenommenen<br />

Änderung des § 38 BSHG, BT-Drs. 14/5531, BT-Drs. 14/5074). Da die psychotherapeutische Behandlung<br />

unstreitig notwendig und die Hinzuziehung einer/es Dolmetschers/in erforderlich ist und die Krankenversicherung<br />

die Kosten für einen Dolmetscher nicht übernimmt, hat die Sozialhilfe diese Kosten als Hilfe bei Krankheit zu<br />

übernehmen (so ausdrücklich zu dieser Fallkonstellation auch die vorstehend zitierte Begründung zur Änderung<br />

des § 38 BSHG a.). Das entspricht im übrigen der Rechtslage vor Inkrafttreten des SGB IX (BVerwG 5 C 20.95, U.<br />

v. 25.01.96, NJW 1996, 3092).<br />

Auch die Auffassung des Sozialamts, Dolmetscherkosten würden von § 57 SGB V erfasst, ist unzutreffend. § 57<br />

SGB V betrifft die Unterstützung sprach- und hörbehinderter Menschen. Weder vom Wortlaut noch vom Sinn der<br />

Vorschrift her fallen darunter Aufwendungen für Sprachmittler für Fremdsprachen.<br />

Einzelunterkunft statt Gemeinschaftsunterkunft bei Krankheit<br />

VG Osnabrück 6 B 66/00, B.v. 28.11.00, GK AsylbLG § 4 Abs. 1 VG Nr. 5 Die Antragstellerin befand sich wg.<br />

einer posttraumatischen Belastungsstörung wiederholt in stationärer psychiatrischer Behandlung. Sie beantragt die<br />

Unterbringung außerhalb der Gemeinschaftsunterkunft, in der eine Besserung der Erkrankung nicht zu erwarten<br />

sei. Ihre behandelnden Ärzte haben insoweit keine befürwortenden Stellungnahmen abgegeben.<br />

Das VG hat den Anspruch auf Bereitstellung einer Einzelunterkunft durch das Sozialamt als "sonstige Leistung"<br />

<strong>nach</strong> § 4 Abs. 1 AsylbLG bestätigt. Bei § 4 Abs. 1 handelt es sich insoweit um eine Auffangregel, die nicht<br />

eng zu verstehen ist und insbesondere nicht lediglich Heil- und Hilfsmittel umfasst. Dem Anspruch kann die Gemeinde<br />

nicht mit <strong>dem</strong> Einwand begegnen, dass ihr eine andere Wohnung nicht zur Verfügung stehe. Dass entsprechende<br />

Bemühungen - unter Einbeziehung der Nachbargemeinden - erfolglos bleiben müssten, ist nicht ersichtlich.<br />

Bei alle<strong>dem</strong> verkennt die Kammer nicht, dass die Beschaffung einer geeigneten Unterkunft mit erheblichem<br />

Verwaltungsaufwand verbunden ist, Dies ist jedoch hinzunehmen, weil es um die Erfüllung der der Gemeinde<br />

obliegenden Aufgabe geht, die Asylbewerber ihren gesundheitlichen Bedürfnissen entsprechend unterzubringen.<br />

Anmerkung: Die Übernahme der Mietkosten für eine selbst gemietete Wohnung ist gemäß § 3 Abs. 2 AsylbLG<br />

möglich (Ermessen, wobei neben der Frage der Kosten vor allem Krankheitsgründe maßgeblich sein können), in<br />

begründeten Fällen wie <strong>dem</strong> vorliegenden dürfte ein Rechtsanspruch bestehen.<br />

VG Freiburg 1 K 2104/02, U.v. 18.12.03, IBIS M4697, www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/4697.pdf Anspruch auf<br />

Wohnung statt Gemeinschaftsunterkunft wegen Krankheit (PTBS).<br />

Die Ausländerbehörde hat bei ihrer Entscheidung darüber, ob sie einen Asylbewerber einer Gemeinschaftsunterkunft<br />

oder im Einzelfall einer Einzelunterkunft zuweist, die privaten Belange des jeweils betroffenen Ausländers<br />

gegen das öffentliche Interesse abzuwägen. Der durch § 53 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG mit der Regelunterbringung in<br />

Gemeinschaftsunterkünften verbundene Eingriff in die Freiheitssphäre des Asylbewerbers ist nur dann und nur<br />

insoweit zulässig, als er zum Schutz öffentlicher Interessen unerlässlich ist und die gewählten Mittel in einem vernünftigen<br />

Verhältnis zum angestrebten Erfolg stehen.<br />

Der Zweck der Gemeinschaftsunterkunft ist u. a. der, den Asylbewerbern vor Augen zu führen, dass mit <strong>dem</strong><br />

Asylantrag vor dessen Stattgabe kein Aufenthalt zu erreichen ist, wie er <strong>nach</strong> allgemeinem Ausländerrecht eingeräumt<br />

wird. Daraus folgt, dass Asylbewerber die mit der Gemeinschaftsunterkunft typischerweise verbundenen<br />

Nachteile hinnehmen müssen, wozu - in den Grenzen der Menschenwürde - eine gewisse räumliche Beengtheit<br />

gehört. Dem stellt das Gesetz in § 53 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG die Belange des Ausländers entgegen. Hierbei sind<br />

insbesondere durch die Gemeinschaftsunterkunft drohende oder bereits eingetretene gesundheitliche Schäden<br />

sowie Nachwirkungen der Verfolgung, etwa bei Opfern von Folterungen oder Gruppenrivalitäten von besonderem<br />

Gewicht (vgl., jeweils m. w. N. aus der Rspr. des BVerfG, des BVerwG und der Obergerichte: VG Gera, Gerichtsbescheid<br />

v. 19.03.99 - 5 K 20646/98 GE; VG Göttingen, Urt. v. 10.05.96 - 4 A 4049/96).<br />

Vorliegend überwiegen die privaten Belange des Klägers die öffentlichen Interessen derart, dass er - und<br />

wg. Art. 6 GG auch seine Frau und Kinder - einen Anspruch hat, in einer Privatunterkunft zu wohnen. Die behördlich<br />

veranlasste Untersuchung hat die schwere chronifizierte PTBS bestätigt. Die amtsärztliche Stellungnahme äußert<br />

sich dahin, dass die in der Gemeinschaftsunterkunft typischen und regelmäßigen Umgebungsreize (Lärm,<br />

Hellhörigkeit, Kasernenatmosphäre, Schmutz) zu einem wiederholten Erleben durch den Kläger in der Haft erlitte-<br />

- 27 -

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!