Krankenhilfe nach dem Asylbewerberleistungsgesetz1
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BVerwG 9 C 13/97 v. 27.4.98, IBIS e.V. C1399, NVwZ 1998, 973, InfAuslR 1998, 409 Die drohende Verschlimmerung<br />
einer Krankheit wegen ihrer nur unzureichenden medizinischen Behandlung im Zielstaat der Abschiebung<br />
kann ein Abschiebungshindernis <strong>nach</strong> § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG sein. Bei weit verbreiteten Erkrankungen wie AIDS<br />
kann allerdings eine allgemeine Gefahr i.S.v. § 53 Abs. 6 S. 2 AuslG vorliegen, die eine ausländerpolitische Leitentscheidung<br />
<strong>nach</strong> § 54 AuslG erfordert.<br />
EGMR 146/1996/767/964 v. 2.5.97 (D. ./. Vereinigtes Königsreich) InfAuslR 1997, 381, IBIS C1432. Die Abschiebung<br />
eines an AIDS im Endstadium erkrankten Ausländers in ein Entwicklungsland (St. Kitts), in <strong>dem</strong> die medizinische<br />
und soziale Versorgung unzureichend ist, seine verbliebene Lebensqualität erheblich verschlechtert und<br />
seine Lebenserwartung verkürzt würde, stellt eine unmenschliche Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK dar.<br />
EGMR 47/1998/950/1165 v. 7.9.98 (B. ./. Frankreich) InfAuslR 1999, 1, mit Anmerkung Zander; IBIS C1433.<br />
Aufgrund der Zusicherung des ausweisenden Staates, einen an AIDS erkrankten straffälligen Ausländer nicht abzuschieben,<br />
kann die Beschwerde als beigelegt betrachtet werden. Dies gilt auch, wenn die Ausweisung noch in<br />
Kraft ist, der Kranke jedoch aufgrund einer Aussetzung der Vollstreckung bleiben kann (ein der deutschen Duldung<br />
vergleichbarer Status) und Zugang zur notwendigen medizinischen Versorgung hat. Es steht <strong>dem</strong> Gerichtshof frei,<br />
bei einer Änderung der Umstände die Beschwerde erneut aufzugreifen. (Anmerkung: die EU-Kommission hatte<br />
festgestellt, dass die Abschiebung des an HIV Infektion in bereits wiederholte Krankenhausaufenthalte erfordern<strong>dem</strong><br />
fortgeschrittenem Stadium leidenden Antragstellers in die DR Kongo Art. 3 EMRK verletzen würde, da die im<br />
Empfangsstaat zur Verfügung stehenden Einrichtungen unzureichend seien).<br />
EGMR 46553/99 v. 15.02.00 (S. ./. Schweden), InfAuslR 2000, 421, mit Anmerkung Zander. Die Abschiebung<br />
einer an HIV infizierten Ausländerin <strong>nach</strong> Sambia stellt keine unmenschliche Behandlung im Sinne von Art. 3<br />
EMRK dar. Die HIV-Behandlung der Antragstellerin hat kürzlich begonnen. Erforderlich ist eine Gesamtbetrachtung<br />
des Gesundheitszustandes, die HIV-Diagnose als solche ist nicht allein entscheidend. Dem Bericht der schwedischen<br />
Botschaft zufolge ist eine AIDS-Behandlung in Sambia möglich. Die Antragstellerin hat dort Familienangehörige.<br />
Dazu Anmerkung Zander in InfAuslR 2000, 422 mit einer Zusammenstellung weiterer Entscheidungen des<br />
EGMR und der EU-Kommission zur Vereinbarkeit der Abschiebung schwer Erkrankter mit der EMRK.<br />
EGMR 44599/98 v. 06.02.01 (B. ./. Vereinigtes Königsreich), InfAuslR 2001, 364. Der EGMR gewährte einem<br />
psychisch schwerkranken Algerier keinen Abschiebeschutz <strong>nach</strong> Art. 3 EMRK. Zwar erfasst Art. 3 EMRK auch<br />
eine weder mittelbar noch unmittelbar vom Empfangsstaat zu verantwortende unmenschliche Behandlung.<br />
Art. 3 EMRK kann grundsätzlich auch die Schwierigkeit eine notwendige medizinische Behandlung zu erhalten und<br />
eine daraus resultierende ernstliche Gefährdung der Gesundheit erfassen. Art. 3 EMRK verlangt jedoch insbesondere<br />
in den Fällen, in denen der Vertragsstaat nicht unmittelbar für die Zufügung des Leides verantwortlich ist, eine<br />
hohe Schwelle. Die tatsächliche Gefahr einer Art. 3 EMRK zuwiderlaufenden Behandlung muss hinreichend sicher<br />
und darf nicht hypothetisch sein. Der Fall muss vielmehr, so wie im Fall D. gegen Vereinigtes Königreich, besonders<br />
außergewöhnliche Umstände aufweisen.<br />
OVG Lüneburg 11 M 2608/99 v. 9.7.99, IBIS R3803 Anspruch auf eine Duldung für traumatisierte Bosnierin<br />
aufgrund § 53 Abs. 6 AuslG. Nach <strong>dem</strong> Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 12.5.99 ist die Behandlung von<br />
traumatisierten Personen in Bosnien-Herzegowina zwar grundsätzlich möglich, es fehlen aber Kapazitäten schon<br />
für die Versorgung der derzeit dort lebenden Personen. Insbesondere sind die auf die Behandlung von Frauen<br />
spezialisierten Zentren in Zenica und Tuzla überlastet.<br />
OVG Koblenz 7 B 12213/98 v. 2.11.98 (Datum nicht sicher) Keine Abschiebung in der Mutterschutzfrist. Eine<br />
ausländische Mutter darf in den ersten acht Wochen <strong>nach</strong> der Geburt ihres Kindes regelmäßig nicht abgeschoben<br />
werden. Im Hinblick auf die mit der Geburt einhergehenden gesundheitlichen Belastungen einerseits und die mit<br />
der Betreuung des Neugeborenen verbundenen Anstrengungen andererseits ist ein besonderes Maß an Rücksichtnahme<br />
geboten. Daraus folgt ein vorübergehendes, in der Regel acht Wochen <strong>nach</strong> der Geburt währendes Abschiebungshindernis.<br />
In dieser Zeitspanne, die sich an das arbeitsrechtliche Beschäftigungs- und Dienstleistungsverbot<br />
anlehne, können einer Mutter die Strapazen der Abschiebung nicht zugemutet werden.<br />
VG Münster 3 K 3481/97.A v. 21.08.00, IBIS C1575 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1575.pdf Duldung<br />
<strong>nach</strong> § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG für schwerbehindertes Kind (Epilepsie sowie spastische Cerebralparese mit statomotorischer<br />
Entwicklungsretardierung, laufende Medikamentierung und Behandlung erforderlich) wegen real<br />
fehlender Behandlungsmöglichkeiten in der Türkei. Nach Sachverständigengutachten wird das Kind "gleichsam<br />
verfallen", wenn die bisher geleistete Behandlungsmaßnahmen nicht fortgeführt oder auch nur einzelne Maßnahmen<br />
für 3 Monate unterbrochen würden werden. Eine Behandlung in der Türkei wäre - wenn überhaupt möglich -<br />
für die Eltern aus finanziellen Gründen jedenfalls nicht erreichbar, dies gilt auch für den Zugang zu einer Krankenversicherung<br />
(wird ausgeführt).<br />
VG München M 26 K 98.51783, Urteil v. 08.09.2000, IBIS R8643 Abschiebeschutz <strong>nach</strong> § 53 Abs. 6 Satz 1<br />
AuslG für an Aids erkrankten Asylbewerber aus Äthiopien, da <strong>nach</strong> <strong>dem</strong> Lagebericht des AA v. 03.04.00 in<br />
Äthiopien eine antiretrovirale Therapie legal nicht zugänglich ist, der Kläger diese Medikamente laut ärztlichem<br />
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