Krankenhilfe nach dem Asylbewerberleistungsgesetz1
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Attest aufgrund einer fortgeschrittenen HIV Erkrankung mit bereits mehreren schweren Infektionen jedoch benötigt,<br />
eine Beendung der Behandlung würde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit innerhalb kürzester<br />
Zeit zu weiteren schweren Aids-definierende Erkrankungen, einem erhöhten Mortalitätsrisiko und einer verkürzten<br />
Lebenserwartung führen. Ohne Behandlung würde der Kläger gleichsam sehenden Auges <strong>dem</strong> sicheren Tod ausgeliefert,<br />
so dass aufgrund verfassungskonformer Auslegung die Sperrwirkung des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG nicht<br />
greift (vgl. zuletzt BVerwG v. 26.01.99, 9 B 617/98).<br />
Anmerkung: VG-Entscheidungen zu unzureichenden Aids-Behandlungsmöglichkeiten liegen auch vor zu Ghana,<br />
DR Kongo, Uganda, Eritrea, Burkina Faso und Kroatien; Fundstellen s. Müller, HIV/AIDS im Aufenthaltsrecht,<br />
Asylmagazin 12/2000, 9.<br />
OVG Münster 17 B 454/99 v. 11.09.2000, IBIS R8653 Vorläufiger Abschiebeschutz <strong>nach</strong> § 53 Abs. 6 Satz 1<br />
AuslG für an Epilepsie erkrankten Flüchtling aus Bosnien, solange die Behandlungsmöglichkeiten nicht geklärt<br />
sind. Auf die Beschaffung der benötigten Medikamente auf <strong>dem</strong> Importwege kann nur verwiesen werden, wenn<br />
dies realistisch, d.h. für den Antragsteller finanzierbar wäre, was er <strong>nach</strong>vollziehbar in Abrede stellt. Problematisch<br />
sind auch die Kosten der erforderlichen regelmäßigen fachärztlichen Untersuchung und Kontrolle, da der Anspruch<br />
registrierter Rückkehrer auf Gesundheitsversorgung ambulante fachärztliche Behandlung nicht umfasst (UNHCR<br />
Sarajewo, "Besonders anfällige Personen - die Notwendigkeit fortgesetzter internationaler Unterstützung..., November<br />
1999, www.proasyl.de/texte/mappe/2000/26/anlage4.pdf). Die Ehefrau ist im Wege einstweiliger Anordnung<br />
eine Duldung <strong>nach</strong> § 55 Abs. 3 AuslG zu erteilen, da sie zur Vermeidung einer Lebensgefahr bei Krampfanfällen<br />
ggf. sofort ärztliche Hilfe rufen können muss, die der Antragsteller nicht selbst herbeirufen kann. Eine<br />
zwangsweise Beendigung des Aufenthaltes der Kinder ohne ihre Eltern ist nicht zumutbar.<br />
VG Gelsenkirchen 15a K 6740/96.A v. 04.09.2000 IBIS R8622 Abschiebeschutz <strong>nach</strong> § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG<br />
für auf Dialyse angewiesenen albanischen Asylbewerber aus Kosovo. Eine Abschiebung in die übrige BRJ kommt<br />
wegen der dortigen Gruppenverfolgung für Kosovo-Albaner nicht in Frage (OVG NRW 14 A 3334/94.A v. 5.5.00, S.<br />
11ff.). Ausreichende Dialysemöglichkeiten stehen <strong>nach</strong> Auskunft des UNHCR im Kosovo nicht zur Verfügung, die<br />
vorhandenen Geräte sind in sehr schlechtem Zustand und eigentlich erneuerungsbedürftig, und die Stromversorgung<br />
ist mangels Notstromaggregaten nicht zuverlässig. Zu<strong>dem</strong> sind <strong>nach</strong> den Äußerungen des UNHCR auch die<br />
neben der Dialyse erforderliche Medikamentenversorgung und regelmäßigen Laborkontrollen nicht gesichert. Bei<br />
der im Kosovo weiter problematischen Lebensmittelversorgung (vgl. ad-hoc Lagebericht AA v. 18.5.00; Auskunft<br />
UNHCR) scheint auch die Einhaltung der krankheitsbedingten Diätvorschriften problematisch.<br />
VGH Ba-Wü 11 S 1080/00 v. 28.06.00, InfAuslR 2000, 438; VBlBW 2001, 68. Keine Regelausweisung eines an<br />
HIV und Hepatitis B, C und D erkrankten Straftäters, solange die Behandlungsmöglichkeiten im Herkunftsland<br />
Tschechische Republik nicht geklärt sind.<br />
VG Stuttgart 16 K 6364/98 v. 12.04.00, InfAuslR 2000, 441 Keine Regelausweisung eines Straftäters <strong>nach</strong> Tunesien,<br />
weil dies den Abbruch der medikamentösen AIDS-Therapie bedeuten würde (zwingendes Abschiebungshindernis<br />
<strong>nach</strong> § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG).<br />
OVG Hamburg 3 Bs 369/99 B.v. 13.10.00, InfAuslR 2001, 132; NVwZ-Beilage I 2001, 31; EZAR 043 Nr. 48.<br />
Einem AIDS-Kranken (HIV Infektionsstadium III) ist vorläufig Schutz vor Abschiebung zu gewähren, wenn zweifelhaft<br />
und weiterer Aufklärung im Klagverfahren bedürftg ist, ob er in seinem Heimatstaat (hier: Ecuador) Zugang zu<br />
einer medizinischen Behandlung hat, die im gegenwärtigen Stadium seiner Erkrankung erforderlich ist, oder ob er<br />
von ihr wegen fehlender finanzieller Mittel ausgeschlossen ist.<br />
OVG Koblenz 10 A 10344/00 v. 08.03.00. Für ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis <strong>nach</strong> § 53 Abs. 6<br />
Satz 1 AuslG ist es von untergeordneter Bedeutung, ob ein zur Krankenbehandlung benötigtes Medikament im<br />
Zielstaat überhaupt erhältlich oder ob es für den Antragsteller wegen fehlender finanzieller Möglichkeiten oder<br />
fehlender Priviliegien aufgrund der Ausgestaltung des Gesundheitswesens dort nicht erhältlich ist. In je<strong>dem</strong> Fall<br />
steht es ihm nicht zur Verfügung und ihm droht eine zielstaatsbezogene konkrete Gefahr für Leib und Leben. Der<br />
gegenteiligen Ansicht des VGH Bayern v. 25.11.96, 10 CS 96.2972 - die Gewährleistung der notwendigen medizinischen<br />
Versorgung sei eine sozialpolitische Aufgabe des Herkunftsstaates und könne nicht im Wege des Abschiebungshindernisses<br />
auf Deutschland abgewälzt werden - bewegt sich im rechtspolitischen Raum, die von<br />
Wortlaut und Sinn des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG losgelöst ist. Sie steht nicht mit <strong>dem</strong> gebotenen Verständnis der<br />
Grundrechte aus GG Art. 1 Art. 2 Abs. 2 S. 1 im Einklang.<br />
BVerwG 1 C 6.99 v. 07.09.99, IBIS e.V. R4587 Freies Wiederaufgreifen des Verfahrens durch das Bundesamt<br />
bei zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernissen <strong>nach</strong> § 53 AuslG / Berücksichtigung einer Krankheitsverschlimmerung<br />
als zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis.<br />
Ein "Antrag auf Wiederaufgreifen" <strong>nach</strong> § 51 VwVfG, beschränkt auf die Feststellung von Abschiebungshindernissen<br />
<strong>nach</strong> § 53 AuslG, bei <strong>dem</strong> man in der Praxis ausdrücklich vermerken muss “kein Asylfolgeantrag”, ist in all den<br />
Fällen richtig, in denen aufgrund der Rechtsprechung zum Erfordernis der (Quasi-) Staatlichkeit ehe<strong>dem</strong> keine<br />
Anerkennungschancen bestehen.<br />
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