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Krankenhilfe nach dem Asylbewerberleistungsgesetz1

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VG Augsburg Au 3 K 99.1236, U.v. 17.10.00, NVwZ-Beilage I 2001, 46; IBIS e.V.: C1643. Anspruch auf vollstationäre<br />

Unterbringung in einem Krankenhaus bzw. einem Heim für psychisch Kranke als sonstige Leistung <strong>nach</strong> § 6<br />

AsylbLG für eine geduldete ehemalige Asylbewerberin, die an einer schweren psychischen Krankheit leidet und mehrere<br />

Suizidversuche hinter sich hat. Nach ärztlichem Gutachten ist die Antragstellerin auf Grund ihrer Störung nicht in der<br />

Lage, sich mit Unterstützung oder so weit selbst zu versorgen, dass sie in ambulanten oder teilstationären Rahmen betreut<br />

werden könnte. Die Defizite in ihren alltäglichen Verrichtungen seien so groß, dass nur einen stationäre Einrichtung<br />

in Frage komme. Bei Veränderungen der derzeit stationär untergebrachten Antragstellerin bestehe die Gefahr von<br />

Selbstbeschädigungstendenzen und suizidalem Verhalten. Die Antragstellerin sein nicht reise- und transportfähig und es<br />

sei nicht zu erwarten, dass sich dies in absehbarer Zeit ändern werde.<br />

Nach § 6 AsylbLG kann im Einzelfall eine Ermessensreduzierung auf Null gegeben sein, d.h. jede andere als die beantragte<br />

Hilfe wäre nicht rechtmäßig. Vorliegend ist - wie sich aus den Gutachten ergibt - die Antragstellerin nicht in der<br />

Lage, sich selbst zu versorgen und - auch nicht teilweise - selbständig zu leben, sie ist zwingend auf vollstationäre Unterbringung<br />

angewiesen, so dass sie - ausnahmsweise - Anspruch auf die Leistung <strong>nach</strong> § 6 AsylbLG hat. Als Hilfe analog<br />

§ 40 Abs. 1 Nr. 1 BSHG (Eingliederungshilfe für Behinderte) wird diese Hilfe auch nicht durch eine entgegenstehende,<br />

Hilfen analog § 40 Abs. 1 Nr. 3-8 BSHG ausschließende Mitteilung des bayerischen Sozialministeriums vom<br />

16.02.98 ausgeschlossen (ein pauschaler Ausschluss bestimmter Eingliederungshilfen per Erlass ist im übrigen auch<br />

rechtswidrig, Anmerkung G.C.).<br />

Dem Anspruch steht auch nicht der voraussichtlich nur vorübergehende Aufenthalt in Deutschland entgegen<br />

(vgl. Begründung zur 1. AsylbLG-Novelle, BT-Drs 13/2746). Für das AsylbLG hat wie für das BSHG der tragende<br />

Grundsatz zu gelten, dass mit den gewährten Leistungen ein menschenwürdiges Leben ermöglicht werden soll.<br />

Der Schutz der Menschenwürde (Art. 1 GG) wie auch das Sozialstaatsgebot (Art. 20, 28 GG) - an die auch das<br />

Sozialamt gebunden ist - bezwecken für den <strong>nach</strong> § 1 AsylbLG anspruchsberechtigten Personenkreis, dass durch<br />

die dort genannten Leistungen (gleichlautend § 1 Abs. 2 Satz 1 BSHG) <strong>dem</strong> Empfänger die Führung eines Lebens<br />

ermöglicht werden soll, das der Würde des Menschen entspricht. Dabei kann <strong>dem</strong> Ansatz des Sozialamts nicht<br />

gefolgt werden, dass die beantragten Leistungen auf Dauer angelegt seien, während das AsylbLG nur Leistungen<br />

regele, die typischerweise vorübergehend erbracht werden. Die zur Sicherung eines menschenwürdigen Lebens<br />

der Klägerin erforderlichen Leistungen müssen solange gewährt werden, wie dies im Einzelfall erforderlich ist. Auf<br />

Grund der psychischen Krankheit bzw. seelischen Behinderung, der nicht ersichtlichen Besserung des Zustandes<br />

und der nicht absehbaren Reisefähigkeit ist vorliegend die Hilfe für die Klägerin auf unbestimmte Dauer erforderlich.<br />

Eine Versagung der Hilfe würde dazu führen, das die Klägerin nicht in der Lage ist, sich selbst u versorgen,<br />

was zu einer Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes und möglicherweise erneuten akuten Suizidgefahr<br />

führen würde, was <strong>dem</strong> Grundsatz der Menschenwürde und <strong>dem</strong> Sozialstaatsprinzip widersprechen würde.<br />

OVG Lüneburg 12 L 3799/98, Urteil v. 25.2.99, NVwZ-Beilage I 1999, 54; InfAuslR 1999, 247;<br />

www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1412.pdf Nach § 6 AsylbLG kann das Sozialamt verpflichtet sein, Leistungen<br />

für den Schulbesuch zu erbringen, wenn nur durch diese Leistungen der Besuch einer Schule oder einer<br />

gleichwertigen Einrichtung (hier: Tagesbildungstätte der Lebenshilfe) gesichert wird. Nach Stellungnahme des Gesundheitsamtes<br />

besteht "eine mittelgradige Beeinträchtigung der geistigen Entwicklung", <strong>nach</strong> Stellungnahme des<br />

Schulaufsichtsamtes liegt "ein sonderpädagogischer Förderungsbedarf" vor. Weder vom Sozialamt noch vom<br />

Schulaufsichtsamt wurde eine andere Möglichkeit, der Schulpflicht <strong>nach</strong>zukommen, aufgezeigt.<br />

Asylbewerber sowie Kinder von Asylbewerbern sind schulpflichtig, da ein gewöhnlicher Aufenthalt in im Sinne §<br />

63 Abs. 1 NdsSchulG bereits durch einen kurzen Aufenthalt begründet wird (vgl. Seyderhelm/Nagel/Brockmann, §<br />

63 Rn 2.2; Erlass Nds. MK v. 4.2.1993, n.v.). In Birk, LPK BSHG, § 6 Rn 5 wird zu Recht die Auffassung vertreten,<br />

die Vorschrift sei auch dazu geschaffen worden, den Schulbesuch von Kindern, auch von behinderten Kindern zu<br />

sichern. Eine Auslegung dahin, dass Asylbewerbern, die der Schulpflicht unterliegen, der Schulbesuch ermöglicht<br />

wird, ist auch im Hinblick auf das Übereinkommen über die Rechte des Kindes vom 20.11.1989 (BGBl II 1992,<br />

122) geboten. Dieses Übereinkommen, <strong>dem</strong> die Bundesrepublik Deutschland beigetreten ist, sieht in Art. 23 vor,<br />

dass ein geistig oder körperlich behindertes Kind ein erfülltes und menschenwürdiges Leben unter den Bedingungen<br />

führen soll, welche die Würde des Kindes wahren, seine Selbständigkeit fördern und seine aktive Teilnahme<br />

am Leben in der Gemeinschaft erleichtern. Art. 28 sichert den unentgeltlichen Besuch einer Grundschule. Dahin<br />

stehen kann, ob § 6 AsylbLG F. 1993 der Behörde Ermessen einräumt. Vorliegend wäre das Ermessen auf Null<br />

reduziert, da <strong>dem</strong> Kläger Hilfe zum Besuch einer Schule oder einer gleichwertigen Einrichtung gewährt werden<br />

musste.<br />

VG Sigmaringen 5 K 781/02, U.v. 02.04.03, GK AsylbLG § 6 VG Nr. 14 www.fluechtlingsinfoberlin.de/fr/docs/C1763.pdf<br />

Anspruch auf Eingliederungshilfe zum Besuch einer Internatsschule für hochgradig<br />

Sehbehinderte.<br />

Sachverhalt: Die 1995 geborene Antragstellerin reiste im August 2000 mit ihren Eltern ein und wird derzeit geduldet.<br />

Es existiert eine bestandskräftige Ausreiseaufforderung, weitere aufenthaltsbeendende Maßnahmen wurden<br />

- soweit ersichtlich - nicht eingeleitet. Die Klägerin ist hochgradig sehbehindert mit der Prognose zur Blindheit.<br />

Nach Aussage des Gesundheitsamtes sei eine Zurückstellung vom Schulbesuch nicht sinnvoll, da eine intensive<br />

blindenspezifische Förderung im Kindergarten nicht möglich sei. Das Gesundheitsamt empfahl eine vollstationäre<br />

Betreuung in einer Heimsonderschule für Blinde und Sehbehinderte zwecks Vermittlung einer adäquaten Schulbil-<br />

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