Krankenhilfe nach dem Asylbewerberleistungsgesetz1
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Aufenthaltes zu begründen.<br />
Rechtlich gesehen weist die Entscheidung Mängel auf, weil sie es unterlässt, den Anspruch auf medizinische Leistungen<br />
<strong>nach</strong> § 6 AsylbLG zu prüfen, und zu<strong>dem</strong> die Gesetzesmaterialien falsch zitiert (aus denen sich jedenfalls<br />
nicht entnehmen lässt, 'dass selbst unaufschiebbare Maßnahmen zur Behandlung chronischer Erkrankungen keine<br />
Leistungspflicht auslösen').<br />
VG Aachen 1 L 2469/03 B.v. 08.01.04, IBIS M4627; GK AsylbLG § 4 Abs. 1 VG Nr. 9<br />
www.asyl.net/Magazin/Docs/2004/M-4/4627.pdf Anspruch auf Psychotherapie als Krankenbehandlung <strong>nach</strong> § 4<br />
Abs. 1 S. 1 AsylbLG. Entgegen der Auffassung des Sozialamts lässt sich der Anspruch nicht deshalb verneinen,<br />
weil die Erkrankung nicht akut sei. Zwar kann von einer akuten Erkrankung nur bei einem plötzlichen Auftreten<br />
bzw. einem heftigen und kurzfristigen Verlauf ausgegangen werden. Andernfalls handelt es sich um eine chronische<br />
Erkrankung, für die - abgesehen von der Schmerzbehandlung - kein Leistungsanspruch besteht.<br />
Eine Ausnahme von diesem Grundsatz wird allerdings dann zu machen sein, wenn chronische Erkrankungen zu<br />
akuten, konkret behandlungsbedürftigen Krankheitszuständen führen (vgl. OVG NRW 16 B 2140/02, B.v.<br />
20.08.03). Eine solche Konstellation ist hier gegeben. Bei der der Antragstellerin attestierten schweren reaktiven<br />
Depression, wegen der die Antragstellerin bereits seit August 2003 in Behandlung ist, dürfte es sich <strong>nach</strong> summarischer<br />
Prüfung zwar um eine dauerhafte und damit chronische Krankheit handeln. Die erstrebte Behandlung dient<br />
indes - anders als in <strong>dem</strong> vom OVG a.a.O. entschiedenen Fall - nicht nur der Ermittlung und Aufarbeitung der Ursachen<br />
dieser Erkrankung, sondern zugleich auch der Behandlung der sich im Zuge des chronischen Verlaufs akut<br />
einstellenden lebensbedrohlichen Symptome der Krankheit. Bei Absetzen der derzeitigen psychiatrischen und medikamentösen<br />
Behandlung ist <strong>nach</strong> den Angaben der behandelnden Ärztin in den Attesten vom 4. und 12 12.02<br />
nämlich ein Suizid der Antragstellerin zu befürchten.<br />
OVG Lüneburg 12 ME 209/04, B.v. 06.07.2004, FEVS 2005, 267, IBIS M5594,<br />
www.asyl.net/Magazin/Docs/2004/M-4/5594.pdf Ein Anspruch auf Psychotherapie lässt sich vorliegend weder aus<br />
§ 4 AsylblG noch § 6 AsylblG herleiten. § 4 eröffnet einen Anspruch auf Hilfeleistungen bei akuten Erkrankungen<br />
oder bei Schmerzzuständen, schließt hingegen Ansprüche bei chronischen Erkrankungen ohne Schmerzzustände<br />
aus (VGH Ba-Wü 7 S 920/98, U. v. 04.05.98, FEVS 49, 33; GK-AsylblG, § 4, Rn. 18, 27 f; Oestreicher/Schelter/Kunz,<br />
BSHG, § 4 AsylblG, Rn. 5).<br />
Vorliegend sieht das OVG eine posttraumatischen Belastungsstörung als nicht glaubhaft gemacht an. So geht das<br />
Fachgutachten des Deutschen Instituts für Psychotraumatologie e.V. (DIPT) von 2003 gestützt allein auf die Angaben<br />
des Antragstellers davon aus, dass dessen Schilderungen über Folterungen und Misshandlungen in der Türkei<br />
in 1993 der Wahrheit entsprechen, ohne sich damit auseinander zu setzen, dass das Asylverfahren des Antragstellers<br />
nicht zum Erfolg geführt hat. Weiterhin weist der Antragsgegner darauf hin, dass die posttraumatische Belastungsstörung<br />
ihren Niederschlag in der Krankengeschichte erst lange Zeit <strong>nach</strong> Einreise findet. Schließlich ist im<br />
Bericht des Nds. Landeskrankenhauses von Symptomen einer posttraumatischen Belastungsstörung nicht die<br />
Rede, obwohl den Ärzten bekannt war, dass eine solche Störung bestätigt worden war. Der Antragsteller war im<br />
Landeskrankenhaus im Zuge einer Unterbringung <strong>nach</strong> <strong>dem</strong> NPsychKG im Hinblick auf eine depressive Symptomatik<br />
medikamentös therapiert und <strong>nach</strong> einer ausreichenden psychischen Stabilisierung bzw. Distanzierung von<br />
Suicidalität und nicht gegebenen Anhaltspunkten für eine akute Eigen- oder Fremdgefährdung entlassen worden.<br />
Nicht glaubhaft gemacht ist ein durch die Psychotherapie zu behandelnder Schmerzzustand im Sinne des § 4<br />
AsylbLG. Zwar wird in der Rspr. (OVG Nds 4 M 3551/99, B. v. 22.09.99 und VG Braunschweig 13 B 67/00, B.v.<br />
13.04.00, beide in GK-AsylbLG zu § 4 Abs. 1) darauf hingewiesen, dass depressive Leidenszustände ebenso quälend<br />
sein können wie erhebliche körperliche Schmerzen. Jedoch ist das Gutachten des DIPT insoweit nicht ergiebig.<br />
Was den durch das Gutachten konstatierten Verdacht auf ein organisches Psychosyndrom <strong>nach</strong> Schädelhirntrauma<br />
und die berichteten Schmerzen in Kopf, Rücken und Beinen anbelangt, ist nicht ersichtlich, dass insoweit<br />
eine Linderung (nur) durch die in Rede stehende Psychotherapie herbeigeführt werden könnte.<br />
Insoweit ist nicht glaubhaft gemacht, dass ein Erfolg nicht auch durch eine medikamentöse Behandlung erreicht<br />
werden könnte. Eine solche ist jedenfalls <strong>nach</strong> <strong>dem</strong> Bericht des Niedersächsischen Landeskrankenhauses während<br />
der dortigen Behandlung als ausreichend angesehen worden.<br />
Der Antragsteller hat auch nicht glaubhaft gemacht, dass sich für ihn ein Anspruch aus § 6 AsylbLG ergeben könnte.<br />
Dies kann jedoch, da sich eine derartige Maßnahme in der Regel über einen längeren Zeitraum erstreckt, mit<br />
nicht unerheblichen Kosten verbunden und häufig auch der <strong>dem</strong> AsylbLG prinzipiell fremden Eingliederungshilfe<br />
zuzurechnen ist, nur ausnahmsweise geschehen. Erforderlich hierfür ist, dass fachärztlich attestiert wird, dass<br />
gleichwertige, kostengünstigere Behandlungsmaßnahmen nicht zur Verfügung stehen. Dies lässt sich den vorliegenden<br />
ärztlichen Stellungnahmen und Gutachten nicht entnehmen.<br />
LSG Thüringen L 8 AY 383/05 ER, B.v. 22.08.05, www.sozialgerichtsbarkeit.de Kein Anspruch auf Übernahme<br />
der Kosten für eine ambulante, ggf. stationäre psychotherapeutische Behandlung im Falle einer leichten chronifizierten<br />
Depression, die durch einen Facharzt für Psychiatrie im medizinisch erforderlichen und ausreichen<strong>dem</strong><br />
Umfang behandelt werden kann. Der Amtsarzt bezweifelt für das LSG <strong>nach</strong>vollziehbar und schlüssig die im Gutachten<br />
der T. vom 8. März 2005 gestellte Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung bei der Antragstellerin.<br />
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