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Krankenhilfe nach dem Asylbewerberleistungsgesetz1

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elle Existenzminimum nicht mehr abdeckt, ist in diesen Fällen in verfassungskonformer Auslegung im Einzelfall<br />

ein höherer Bedarf anzuerkennen (Eichler/Spellbrink, SGB II, § 20 Rn 8; LPK-SGB II, § 20 Rn 23). In der Rückforderung<br />

des Darlehens könnte möglicherweise ein Verfassungsverstoß liegen. Wenn die zusätzlichen Leistungen<br />

für längere zeit - etwa mehr als ein Jahr - benötigt werden, wird das Jobcenter daher zu prüfen haben, im Wege<br />

der Ermessensausübung von einer Aufrechung abzusehen.<br />

Die von der Antragstellerin favorisierte Heranziehung des § 48 SGB XII (<strong>Krankenhilfe</strong> als Sozialhilfeleistung)<br />

kommt nicht in Betracht, da da<strong>nach</strong> nur im selben Umfang wie von der Krankenversicherung Leistungen gewährt<br />

werden können.<br />

Die Anwendung des § 73 SGB XII scheitert daran, dass die hier fraglichen Leistungen <strong>dem</strong> Lebensunterhalt und<br />

nicht der Hilfe in besonderen Lebenslagen zuzuordnen sind.<br />

§ 28 SGB XII kann nicht herangezogen werden, da <strong>nach</strong> § 5 Abs. 2 SGB II diese Leistung für Empfänger der<br />

Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgeschlossen ist.<br />

SG Stuttgart S 4 KR 3735/04, U.v. 25.08.05, InfAuslR 2005, 478 (bestätigt durch BSG B 1 KR 5/07 R, U.v.<br />

22.04.08, s.u.!)<br />

Sachverhalt: der Kläger ist als Arbeitnehmer pflichtversichert, sein Arbeitsentgelt beträgt 665 €/Monat, dazu<br />

erhält er mit seiner Familie (Ehefrau und 3 Kinder) 448 €/Monat ergänzende Leistungen <strong>nach</strong> § 3 AsylbLG. Die<br />

Krankenkasse war der Auffassung, sein Eigenanteil an den zu leistenden Zuzahlungen betrage gemäß § 62 Abs.<br />

2 Satz 5 SGB V 71,28 €/Jahr.<br />

Gründe: Der Kläger hat keine Zuzahlungen zu leisten. § 62 Abs. 2 Satz 5 und 6 SGB V ist auf ihn nicht anwendbar,<br />

da er keine der dort genannten Sozialleistungen (Sozialhilfe, Grundsicherung für Arbeitsuchende) bezieht<br />

und insbesondere auch nicht zum Personenkreis des § 264 SGB V gehört, da er keine Leistungen <strong>nach</strong> § 2<br />

AsylbLG erhält.<br />

Bei der Ermittlung der Belastungsgrenze des Klägers <strong>nach</strong> § 62 Abs. 1 SGB V ergibt sich jedoch ein negatives<br />

Einkommen, so das hiervon auch keine 1 bzw. 2 % als Zuzahlung geleistet werden können. Nach § 62 Abs. 2<br />

Satz 2 SGB V sind die jährlichen Bruttoeinnahmen für den ersten Angehörigen um 15 % und für jeden weiteren<br />

Angehörigen um 10 % der Bezugsgröße <strong>nach</strong> § 18 SGB IV zu mindern. Nach § 62 Abs. 2 Satz 3 SGB V sind für<br />

jedes Kind die jährlichen Bruttoeinnahmen um den sich <strong>nach</strong> § 32 Abs. 6 S. 1 und 2 EStG ergebenden Kinderfreibetrag<br />

zu mindern, die <strong>nach</strong> Satz 2 vorgesehene Berücksichtigung entfällt.<br />

Schon der Wortlaut des § 62 SGB V spricht dafür, dass Versicherte mit negativem Einkommen keine Zuzahlungen<br />

zu leisten haben. § 62 Abs. 2 Satz 5 SGB V ist auch nicht etwa als Grundregel bzw. Auffangtatbestand formuliert,<br />

so dass jeder mindestens die dort genanten Zuzahlungen zu leisten hätte.<br />

Anmerkungen:<br />

1. Zur Berechung siehe www.steuerrat24.de/data/spezial/kvzuzahlung-belastgrenze.htm<br />

• 15 % der Bezugsgröße <strong>nach</strong> § 18 SGB IV = 4.410 €/Jahr (Betrag für 2006)<br />

• Kinderfreibetrag <strong>nach</strong> § 32 Abs. 6 S. 1 und 2 EStG = 3.648 €/Jahr (Betrag für 2006)<br />

2. Empfänger von Leistungen <strong>nach</strong> § 3 AsylbLG, die nicht oder nur geringfügig erwerbstätig und daher nicht<br />

pflichtkrankenversichert sind, erhalten <strong>Krankenhilfe</strong> <strong>nach</strong> §§ 4 und 6 AsylbLG. Für sie kommt das SGB V insgesamt<br />

nicht zu Anwendung, so das sie - da das AsylbLG keine <strong>dem</strong> §§ 61, 62 SGB V vergleichbare Zuzahlungsregelung<br />

enthält - ebenfalls vollständig von Zuzahlungen befreit sind.<br />

LSG Baden-Württemberg L 5 KR 4134/05, U.v. 14.02.07 (aufgehoben durch BSG B 1 KR 5/07 R, U.v. 22.04.08,<br />

s.u.!), www.sozialgerichtsbarkeit.de Als Arbeitnehmer pflichtkrankenversicherte Empfänger von ergänzenden<br />

Leistungen <strong>nach</strong> § 3 AsylbLG sind nicht von der Zuzahlungspflicht zur GKV ausgenommen. Der Kläger hätte als<br />

Sozialhilfeempfänger, obwohl dann sogar ein noch höheres negatives Einkommen vorliegen würde, <strong>nach</strong> § 62<br />

Abs. 2 Satz 5 SGB V dennoch Zuzahlungen bis zur Belastungsgrenze in Höhe von 2 % in Höhe von 71,28 €/Jahr<br />

zu tragen.<br />

Aus welchen Gründen ausgerechnet die Bezieher von Leistungen <strong>nach</strong> § 3 AsylbLG gegenüber Beziehern von<br />

Hilfe <strong>nach</strong> <strong>dem</strong> BSHG bzw. SGB XII privilegiert werden sollten, ist weder aus der gesetzlichen Regelung noch aus<br />

der Gesetzesbegründung erkennbar. Es würde auch <strong>dem</strong> in der Einführung des AsylbLG 1993 dokumentierten<br />

Willen des Gesetzgebers, die "Einwanderung in die Sozialsysteme der Bundesrepublik Deutschland" möglichst<br />

unattraktiv zu machen, widersprechen. Hätte der Gesetzgeber also diese Gruppe der Empfänger von Leistungen<br />

<strong>nach</strong> <strong>dem</strong> AsylbLG von der Zuzahlungspflicht generell befreien wollen, hätte er dies ausdrücklich in die gesetzliche<br />

Regelung auch hineingeschrieben.<br />

BSG B 1 KR 5/07 R, U.v. 22.04.08 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2192.pdf (Vorinstanzen SG Stuttgart S<br />

4 KR 3735/04, U.v. 25.08.05, LSG Ba-Wü L 5 KR 4134/05 U.v. 14.02.07).<br />

Das Urteil des LSG ist aufzuheben, denn das SG hat zutreffend festgestellt, dass der Kläger in 2004 von Zuzahlungen<br />

befreit ist. Bei der Berechnung der Belastungsgrenze ist es nicht zulässig, zu Lasten des Klägers einen fik-<br />

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