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Krankenhilfe nach dem Asylbewerberleistungsgesetz1

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Erfolg ist, da <strong>dem</strong> Antragsteller möglicherweise wegen Gruppenverfolgung, aber auch aus gesundheitlichen Gründen<br />

(§ 53 AuslG) ein Bleiberecht zustehen wird.<br />

Anmerkung: Das Gericht setzt sich in dieser skandalösen Entscheidung an keiner Stelle mit <strong>dem</strong> Anspruch des<br />

Antragstellers <strong>nach</strong> § 6 AsylbLG auseinander, ebensowenig mit Artikel 1 und 2 GG (Menschenwürde, Recht auf<br />

Leben). Im Ergebnis handelt es sich um eine Art Todesurteil. Erst <strong>nach</strong><strong>dem</strong> ARD-Monitor über den Fall berichtete,<br />

hat der verantwortliche Hochtaunuskreis seine Entscheidung korrigiert und die Kostenübernahme zugesichert. Der<br />

betroffene Flüchtling erhielt die Transplantation so erst zu einem späten Zeitpunkt, er ist in der Folge gestorben.<br />

VGH Baden-Württemberg, Urteil 7 S 920/98 v. 4.5.98, IBIS e.V.: C1348, FEVS 1999, 33 Leitsatz: "Die Regelung<br />

des § 4 Abs. 1 AsylbLG eröffnet Hilfeleistungen bei akuten Krankheiten und Schmerzzuständen und schließt Ansprüche<br />

nur bei chronischen Krankheiten ohne Schmerzzustände aus. Demgemäß ist es einem Leistungsberechtigten,<br />

der an einer chronischen Erkrankung leidet, unbenommen, Maßnahmen zur Linderung seines Schmerzzustandes<br />

(hier: orthopädische Schuhe) in Anspruch zu nehmen."<br />

Sachverhalt: Der Kläger leidet an einer alten entzündlichen Knochenveränderung des Beines, wodurch die Gehfähigkeit<br />

stark eingeschränkt wird. Das Sozialamt hatte die Leistung abgelehnt, weil die vorgesehene orthopädische<br />

Versorgung ohne gesundheitliche Gefährdung aufgeschoben werden könne. Eine dringende Erforderlichkeit bzw.<br />

Lebensnotwendigkeit der Behandlung sei nicht gegeben.<br />

Gründe: Der Kläger hat Anspruch auf die Leistungen. Dabei ist unerheblich, ob die Beschwerden eine akute oder<br />

eine chronische Erkrankung darstellen. Denn der Kläger kann jedenfalls die orthopädischen Schuhe zur Behandlung<br />

seiner Schmerzzustände verlangen. Eine solche Behandlung ist im Gegensatz zu <strong>dem</strong> im § 4 Abs. 1 AsylbLG<br />

aufgeführten Tatbestandsmerkmal der akuten Erkrankungen <strong>nach</strong> <strong>dem</strong> Sinn der gesetzlichen Regelung nicht an<br />

das Erfordernis eines akuten Stadiums geknüpft. Die gesetzliche Regelung eröffnet also Leistungen bei akuten<br />

Erkrankungen oder Schmerzzuständen (vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, B 12 Rn 65) und schließt Ansprüche nur<br />

bei chronischen Erkrankungen ohne Schmerzzustände aus (Röseler in Huber HdA, § 4 AsylbLG Rn 4).<br />

Demgemäß ist es einem Leistungsberechtigten, der an einer chronischen Krankheit leidet, unbenommen, Maßnahmen<br />

zur Linderung seines Schmerzzustandes in Anspruch zu nehmen. Nicht zuletzt aus verfassungsrechtlichen<br />

Gründen kann es keinen Unterschied machen, ob der erforderlicherweise zu behandelnde Schmerzzustand<br />

chronischer, d.h. langsam wachsender, oder akuter, d.h. schnell wachsender Natur ist.<br />

Angesichts der ärztlichen Befunde muss davon ausgegangen werden, dass der Kläger trotz des Abklingens der<br />

1996 aufgetretenen Entzündung des Kniegelenks als Folge einer schweren Arthrose <strong>nach</strong> wie vor unter Schmerzen<br />

mittlerer bis starker Intensität leidet. Als einzige Linderungsmöglichkeit kommen nur orthopädische Schuhe in<br />

Frage. Eine kurzfristige Besserung des Schmerzzustandes durch Medikamente ist zwar <strong>nach</strong> Angaben von Dr. A.<br />

möglich, jedoch <strong>dem</strong> Kläger auf längere Zeit nicht zuzumuten und scheidet daher als Maßnahme zur Linderung<br />

der Krankheitsfolgen und des Schmerzzustandes aus.<br />

VG Osnabrück 6 B 61/99 v. 22.11.1999, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1515 Anspruch auf orthopädische<br />

Schuheinlagen (Preis lt. Kostenvoranschlag 160,-) als "erforderliche" Schmerzbehandlung im Sinne von<br />

§ 4 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG. Das Sozialamt hatte die Ablehnung mit der Stellungnahme des Amtsarztes begründet,<br />

<strong>nach</strong> der die Versorgung mit den Einlagen "zwar sehr wünschenswert, aber medizinischerseits nicht zwingend erforderlich"<br />

sei.<br />

Die behandelnden Ärzte haben <strong>dem</strong> Kläger akute Beschwerden bescheinigt, die eine weitere Wartezeit nicht zuließen.<br />

Dies genügt <strong>dem</strong> Gericht für die Glaubhaftmachung der Eilbedürftigkeit. Ausweislich der fachärztlichen<br />

Stellungnahme sind die Einlagen zur Linderung der akuten Schmerzzustände des Antragstellers geeignet und erforderlich.<br />

Dem steht die amtsärztliche Stellungnahme nicht entgegen. Die dort getroffenen Formulierung impliziert<br />

eine grundsätzliche Erforderlichkeit, in<strong>dem</strong> durch die Hinzufügung des Adjektivs "zwingend" lediglich ein besonderer<br />

Steigerungsgrad verneint wird. § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG knüpft als Tatbetandsmerkmal jedoch allein an die<br />

"erforderlichen Leistungen" an und verlangt keine gesteigerte Form der Erforderlichkeit.<br />

Dies ergibt auch eine Auslegung des § 4 AsylbLG <strong>nach</strong> seiner inneren Systematik: Während § 4 Abs. 1 Satz 1 für<br />

den Bereich der <strong>Krankenhilfe</strong> die "erforderlichen Leistungen" gewährt, setzt Satz 2 der Norm für den Bereich der<br />

Versorgung mit Zahnersatz das Tatbestandsmerkmal der Unaufschiebbarkeit. Der Gesetzgeber hat also für den<br />

Bereich der Versorgung mit Zahnersatz eine weitere Einschränkung vorgenommen. Hieraus folgt, dass eine solche<br />

Einschränkung bei den Hilfen <strong>nach</strong> Satz 1 über den Maßstab der Erforderlichkeit hinaus vom Gesetzgeber<br />

nicht gewollt war. Bestätigt wird dieses Ergebnis durch einen Vergleich mit § 120 Abs. 3 BSHG; die letztgenannte<br />

Norm regelt einen Fall der stark engeschränkten <strong>Krankenhilfe</strong> für Ausländer und zeigt damit ebenfalls auf, dass<br />

der Gesetzgeber eine solche weitergehende Einschränkung bei den Leistungen <strong>nach</strong> § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG<br />

gerade nicht vornehmen wollte.<br />

VG Mainz 1 L 1062/99.MZ, B.v. 27.10.99, GK AsylbLG § 3 Abs. 2 VG Nr. 3 Die außerhalb einer<br />

(Erst)Aufnahmeeinrichtung untergebrachte geduldete Antragstellerin leidet seit 1997 an einer Multiple-Sklerose-<br />

Erkrankung und ist - wie sich aus Bescheinigungen ihrer behandelnde Ärzte ergibt - zumindest seit August 1999 weder<br />

reise- noch transportfähig. Sie hat gemäß § 3 Abs. 2 Anspruch auf Grundleistungen in Form von Geldleistungen (wird<br />

ausgeführt, siehe bei Entscheidungen zu § 3 AsylbLG) sowie auf Leistungen bei Krankheit <strong>nach</strong> § 4 glaubhaft gemacht.<br />

Ferner steht der Antragstellerin ein Anspruch auf Leistungen bei Krankheit zu, da sie aufgrund der Schwere ihrer Erkrankung<br />

stets akut behandlungsbedürftig ist.<br />

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