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Krankenhilfe nach dem Asylbewerberleistungsgesetz1

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gibt es keine eigene, nicht durch entsprechende medizinische Sachverständigengutachten vermittelte Sachkunde<br />

des Richters.<br />

BVerwG 1 C 18.05, U.v. 17.10.06 www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/9299.pdf Abschiebungsschutz für einen an<br />

Sarkoidose erkrankten Asylbewerber aus Angola.<br />

Der Kläger hatte im Asylfolgeverfahren mit ärztlichen Attesten geltend gemacht, ihm drohe bei Rückkehr eine wesentliche<br />

Verschlimmerung seiner Erkrankung. Er könne die erforderlichen Cortisonpräparate dort nicht erhalten<br />

und werde im Falle einer zusätzlichen Infektion wegen seiner Vorerkrankung bei nicht prompter Behandlung in eine<br />

lebensbedrohliche Lage geraten.<br />

Bei einer individuellen Krankheit wie Sarkoidose liegen die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot <strong>nach</strong> § 60<br />

Abs. 7 Satz 1 AufenthG schon dann vor, wenn <strong>dem</strong> Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr dadurch droht,<br />

dass sich seine Erkrankung aufgrund der Verhältnisse im Herkunftsstaat wesentlich verschlimmert. Eine extreme,<br />

lebensbedrohende Gefahr ist dafür nicht erforderlich.<br />

Etwas anderes gilt lediglich bei Gefahren, denen die Bevölkerung oder eine Bevölkerungsgruppe im Heimatland<br />

allgemein ausgesetzt ist, weil dann zunächst die Innenministerien über die Gewährung von Abschiebungsschutz zu<br />

entscheiden haben und eine Einzelfallentscheidung nur bei extremen Allgemeingefahren zulässig ist (§ 60 Abs. 7<br />

Satz 2, § 60 a Abs. 1 AufenthG).<br />

Entgegen der Ansicht des OVG Nds sind ferner sämtliche Umstände im Herkunftsstaat, die zu einer Verschlimmerung<br />

der Erkrankung beitragen können, in die Gefahrenprognose mit einzubeziehen, also auch ein mögliches<br />

höheres Infektionsrisiko für den Kläger in Angola.<br />

VG Chemnitz A 5 K 89/07, U.v. 21.02.07, www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/9633.pdf<br />

Abschiebehindernis <strong>nach</strong> § 60 VII AufenthG, da die medizinische Versorgung für die an Brustkrebs erkrankte<br />

und dialysepflichtige Klägerin, die zur Volksgruppe der Roma gehört, in Serbien nicht gesichert ist.<br />

VG Stuttgart A 7 K 295/06, U.v. 15.11.06 www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/9702.pdf<br />

Abschiebehindernis <strong>nach</strong> § 60 VII AufenthG, da in Nigeria zwar die umfassende med. Behandlung, auch von<br />

HIV/Aids möglich ist, der Kläger aber die Kosten selbst tragen müsste, da es keine freie Gesundheitsfürsorge<br />

gibt. Die auf 2 Jahre und eine Höhe von 35 €/Monate beschränkte Kostenübernahmeerklärung des Landratsamtes<br />

ist schon wegen der genannten Beschränkungen nicht geeignet, die Annahme einer extremen Gefahr für den Kläger<br />

auszuräumen.<br />

VG Stuttgart A 11 K 497/06, U.v. 03.07.06 www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/9093.pdf Abschiebungschutz gemäß<br />

§ 60 Abs. 7 AufenthG für Flüchtling aus <strong>dem</strong> Kosovo wg. mehreren Erkrankungen und Notwendigkeit zahlreicher<br />

Medikamente.<br />

Das VG widerspricht der Auffassung, im Allgemeinen könne man davon ausgehen, dass ein in Not geratener Ausländer<br />

Hilfe durch seine Familienangehörige zu erwarten habe.<br />

Die Botschaftsberichte des Auswärtigen Amtes (Verbindungsbüros) über die Verfügbarkeit bestimmter Medikamente<br />

können nicht verallgemeinert werden. Denn im Kosovo können hinsichtlich einzelner Medikamente jederzeit<br />

Versorgungslücken auftreten; inwieweit Medikamente tatsächlich immer verfügbar sind, lässt sich nicht genau<br />

bestimmen und kann variieren (vgl. Bundesamt, Informationszentrum Asyl und Migration, Serbien und Montenegro/Kosovo,<br />

9. Gesundheitswesen, Dez. 2005, S. 43).<br />

Der Kläger ist mittellos und lebt im Bundesgebiet von Sozialhilfe. Aufgrund seiner Erkrankung wird der Kläger angesichts<br />

einer Arbeitslosenquote von geschätzten 57 % (vgl. Lagebericht AA) auch nicht in der Lage sein, seinen<br />

Lebensunterhalt im Kosovo aus eigener Erwerbstätigkeit zu bestreiten.<br />

Ein Krankenversicherungssystem, das die Kosten der Behandlung des Klägers übernimmt, existiert im Kosovo<br />

noch nicht (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe SFH, Die med. Versorgungslage im Kosovo, 24.05.04, S. 17). Der<br />

Kläger wäre somit im Kosovo völlig auf sich alleine gestellt. Die Inanspruchnahme med. Leistungen im öff. Gesundheitswesen<br />

ist seit 2003 nicht mehr kostenfrei. Für einen Behandlungstermin sind zwischen 2,- und 3,- € zu<br />

zahlen, für einen stationären Aufenthalt täglich ca. 10,– €. Für Medikamente der essential drugs list des Gesundheitsministeriums,<br />

die bislang kostenfrei bezogen werden konnten, wird nun eine Eigenbeteiligung von 0,50 bis 1,-<br />

€ erhoben (vgl. Lagebericht AA v. 22.11.205). Außer<strong>dem</strong> sind für diese Medikamente vielfach informelle Zahlungen<br />

an das Klinik- oder Apothekenpersonal zu leisten (vgl. Lagebericht aaO; SFH aaO).<br />

OVG NRW 18 E 274/06, B.v. 22.01.07, InfAuslR 2007, 174 Eine durch die Ausländerbehörde zugesicherte Finanzierung<br />

erforderlicher Medikamente für einen Übergangszeitraum <strong>nach</strong> der Rückkehr ins Heimatland lässt<br />

ein Abschiebungsverbot <strong>nach</strong> § 60 VII AufenthG nur entfallen, wenn mit hinreichender Sicherheit erwartet werden<br />

kann, dass da<strong>nach</strong> die erforderliche weitere Behandlung im Zielstaat <strong>dem</strong> Ausländer zur Verfügung steht.<br />

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