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Krankenhilfe nach dem Asylbewerberleistungsgesetz1

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den Ort den traumaauslösenden Ereignisses) trotz ggf. vorhandener Reisefähigkeit in der Folge zu einer ggf. lebensbedrohlichen<br />

Retraumatisierung führt 18<br />

Für die Feststellung eines Abschiebehindernisses ist darüber hinaus das Vorhandensein der benötigten<br />

medizinischen Versorgung im Herkunftsland zu prüfen, sowie die konkrete Zugänglichkeit dieser<br />

Leistungen für den Rückkehrer (Frage der Zugänglichkeit für Personen mit normalem/geringem Einkommen,<br />

z.B. über kostenlose staatliche Angebote oder ein für den Rückkehrer zugängliches Krankenversicherungssystem<br />

etc., ggf. Zugänglichkeit in einer bestimmten Region bzw. für eine bestimmte ethnische<br />

Gruppe etc.). Antworten auf diese Fragen sind von hier tätigen Ärzten im Regelfall nicht zu beurteilen.<br />

Behörden und Gerichte ziehen hierzu in der Regel zunächst die Angaben im jeweiligen Lagebericht<br />

des Auswärtigen Amtes heran. Darüber hinausgehende Einschätzungen sind nur durch einschlägige<br />

in den Herkunftsländern tätige Fachleute bzw. Organisationen möglich. Wenn hier tätige Ärzte sich<br />

- ohne <strong>nach</strong>weisbare Sachkenntnisse - dennoch hierzu äußern, erscheint ihr Gutachten im Ergebnis als<br />

insgesamt unglaubwürdig.<br />

Ein weiteres Problem ist - vor allem bei hier geborenen Kindern und Personen mit langjährigem Aufenthalt<br />

in Deutschland - oft fehlende Immunabwehr gegen im Herkunftsland verbreitete, für Personen<br />

ohne entsprechende Immunabwehr lebensbedrohliche Krankheiten (z.B. Malaria). Hier wäre ggf. zu<br />

prüfen, ob gegen diese Krankheiten durch Impfungen der erforderliche Schutz erreicht werden kann,<br />

und deshalb - vor einer Abschiebung - zunächst diese Impfungen durchzuführen sind (vgl. § 4 Abs. 3<br />

AsylbLG, sowie die Empfehlungen der Impfkommission STIKO unter www.rki.de). In manchen Fällen -<br />

z.B. Malaria - gibt es jedoch keinen wirksamen Impfschutz, so dass eine konkrete Prognose anzustellen<br />

ist, ob es mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit durch die fehlende Immunabwehr zu einer lebensbedrohlichen<br />

Situation kommen kann.<br />

Forderungen<br />

• Leistungsberechtigten <strong>nach</strong> AsylbLG müssen ebenso wie gesetzlich Versicherten Krankenscheine<br />

auch ohne Vorliegen einer konkreten Erkrankung (quartalsweise) vorab zur Verfügung gestellt werden.<br />

Hierdurch werden unnötige Verzögerungen notwendiger Krankenbehandlungen und die infolge fehlender<br />

Krankenscheine weit überdurchschnittliche (und kostenträchtige) Inanspruchnahme von ärztlichen<br />

Notdiensten und Krankenhäusern durch Leistungsberechtigte <strong>nach</strong> AsylbLG vermieden. Sozialamtssachbearbeiter<br />

sind regelmäßig nicht in der Lage, über einen Krankenbehandlungsbedarf zu entscheiden,<br />

dies können auch Ärzte erst <strong>nach</strong> (gründlicher) Untersuchung und Stellung der Diagnose, bereits<br />

hierzu sind aber Krankenscheine unerlässlich.<br />

• Krankenscheine dürfen keine (in der Praxis regelmäßig missverständliche, weil juristisch auslegungsbedürftige)<br />

einschränkende Kennzeichnungen des Behandlungsumfangs enthalten.<br />

• Der Behandlungsumfang <strong>nach</strong> AsylbLG muss gesetzlich klargestellt werden, anstelle der bisherigen<br />

(missverständlichen) Formulierungen soll ein Verweis auf § 48ff. SGB XII bzw. das SGB V erfolgen.<br />

• Leistungsberechtigte <strong>nach</strong> AsylbLG und <strong>nach</strong> SGB XII sowie Strafgefangene sind in gleicher Weise<br />

wie ArbeitnehmerInnen, Studierende, RentnerInnen und Arbeitslose in die Pflichtversicherung der<br />

gesetzlichen Krankenversicherung einzubeziehen.<br />

• Die freiwillige Inanspruchnahme von Vorsorgeuntersuchungen und Impfungen ist - auch im Hinblick<br />

auf die Situation in den Herkunftsländern - durch Ausgabe von Krankenscheinen und umfassende<br />

Information der Leistungsberechtigten entsprechend § 4 Abs. 3 AsylbLG sicherzustellen.<br />

18<br />

vgl zur Traumabegutachtung Lindstedt, BAFl-Asylpraxis Bd. 7, S. 97,<br />

www.bamf.de/template/publikationen/asylpraxis_pdf/asylpraxis_band_7_teil_06.pdf ;Treiber, ZAR 2002, 282 ff.;<br />

Wenk-Ansohn u.a. in BAFl-Einzelentscheiderbrief 8-9/2002, S. 3,<br />

www.bamf.de/template/publikationen/ee_brief_2002/content_eebrief_2002_08_09.htm - Anforderungen an Gutachten ;<br />

Ganten-Lange u. a., best-practice-Empfehlungen, Standards für ärztliche/psychotherapeutische Stellungnahmen bei traumatisierten Flüchtlingen,<br />

IBIS M4948, www.asyl.net/Magazin/Docs/2004/M-4/4948.pdf;<br />

Projektgruppe 'Standards zur Begutachtung psychotraumatisierter Menschen - SPBM, IBIS M1863,<br />

www.asyl.net/Magazin/Docs/2002/M-2/1863.doc<br />

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