Restaurierungs- und Konservierungs - Arbeitskreis Nordrhein ...
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34 Wieder zum Leben erweckt – Der Totenbuchpapyrus des Royal Ontario Museum, Toronto<br />
Abb. 5: In den Bereichen mit grüner Malerei ist der Papyrus besonders<br />
stark abgebaut <strong>und</strong> liegt teils nur noch pulverförmig vor.<br />
maßnahmen, die nach Möglichkeit ein unnötiges Bewegen<br />
der einzelnen Fragmente vermeiden sollten.<br />
Die erste Aufgabe bestand darin, den oberen Teil<br />
(mit einem Durchmesser von 4,2 cm Breite, 1,9 cm<br />
Höhe <strong>und</strong> einer Länge von 12,4 cm) zu entrollen<br />
(➝ Abb. 6), um ihn im Anschluss wieder mit dem in<br />
schmale Streifen zerbrochenen unteren Rollenteil zusammenfügen<br />
zu können. Um hierbei weitere Brüche<br />
<strong>und</strong> Risse zu vermeiden, war es zunächst notwendig,<br />
die Papyrusfasern bis zu einem gewissen Grad<br />
zu fl exibilisieren.<br />
Um den direkten Kontakt mit Wasser <strong>und</strong> somit<br />
auch die Gefahr von Verdunkelung, Wasserrändern<br />
<strong>und</strong> weiteren Brüchen durch eine partielle Quellung<br />
des Papyrusmaterials zu vermeiden, musste eine<br />
Flexibilisierung durch ein allmähliches <strong>und</strong> vor allem<br />
gleichmäßiges Befeuchten mit Wasserdampf erreicht<br />
werden.<br />
Zu diesem Zweck wurde die Rolle zunächst in einer<br />
Klimawanne mit anfangs 75 % r. F., die nach sechs<br />
St<strong>und</strong>en ohne merkliche Änderung auf 85 % r. F. angehoben<br />
wurde, über Nacht vorgefeuchtet.<br />
Um den eigentlichen Vorgang des Entrollens bei<br />
hoher Luftfeuchtigkeit durchführen zu können, wurde<br />
ein Klimazelt aus großen Plastikplanen über einem<br />
kleinen Arbeitstisch errichtet (➝ Abb. 7). Mit Hilfe ei-<br />
Abb. 6: Im Querschnitt des oberen, noch ungeöffneten Rollenteils<br />
ist die enge Wicklung des sehr feinen <strong>und</strong> brüchigen Papyrusmaterials<br />
zu erkennen.<br />
nes Ultraschallverneblers wurde die gleichmäßig hohe<br />
Luftfeuchtigkeit von 85 % erzielt <strong>und</strong> auf diese Weise<br />
war ein Arbeiten zu zweit innerhalb des Zeltes möglich,<br />
so dass auf jedes Detail <strong>und</strong> jede Schwierigkeit<br />
entsprechend reagiert werden konnte.<br />
Das Entrollen musste unter größter Vorsicht vorgenommen<br />
werden, denn für das ohnehin empfi ndliche<br />
Material kam erschwerend hinzu, dass die über 2000<br />
Jahre ungeöffnete Papyrusrolle aufgr<strong>und</strong> der Schwerkraft<br />
stark deformiert vorlag <strong>und</strong> mittlerweile einen elliptischen<br />
Querschnitt aufwies. Vor allem die engen<br />
Kurven erforderten besondere Aufmerksamkeit <strong>und</strong><br />
es zeigte sich, dass zusätzliche Feuchtigkeit vonnöten<br />
war, um neue Längsbrüche zu vermeiden. Mit Hilfe eines<br />
„preservation pencil“, der die gezielte Zufuhr von<br />
Wasserdampf ermöglicht, konnten die Fasern ausreichend<br />
fl exibilisiert werden, ohne jedoch die Rolle unmittelbar<br />
mit Wasser in Kontakt zu bringen.<br />
Vier Hände waren notwendig, um ein gleichzeitiges<br />
Entrollen, Stützen, Befeuchten <strong>und</strong> Stabilisieren<br />
sowohl der Rolle als auch des entrollten Teils zu<br />
ermöglichen. Bereits lose aufgef<strong>und</strong>ene Fragmente<br />
aber auch sehr fragile Bereiche <strong>und</strong> die ausbrechenden<br />
grünen Partien wurden direkt an Ort <strong>und</strong> Stelle<br />
mit schmalen Streifen eines dünnen aber stabilen<br />
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