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Restaurierungs- und Konservierungs - Arbeitskreis Nordrhein ...

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den optischen Eindruck <strong>und</strong> damit die Rezeption des<br />

Werkes?<br />

Eine wichtige Voraussetzung für die Diskussion ist<br />

die Verwendung klar defi nierter Begriffe. Darum wurde<br />

auf die in der Arbeit Die Retusche von Tafel- <strong>und</strong><br />

Leinwandgemälden. Diskussion zur Methodik von<br />

Eva Ortner zurückgegriffen. 3 Drei der Begriffe erhalten<br />

in diesem Fall besondere Relevanz für die Beschreibung<br />

der Retusche: die Retuschiermethode, die<br />

Retuschiertechnik <strong>und</strong> der Imitationsgrad. Die Retuschiermethode<br />

beschreibt den systematischen Ansatz,<br />

die Retuschiertechnik maltechnische Aspekte<br />

<strong>und</strong> der Imitationsgrad beschreibt den Grad der Anpassung<br />

an das Original. Dabei ist es sehr wichtig, immer<br />

zuerst die Methode (Was möchte ich erreichen?)<br />

festzulegen, danach erst die Technik (Wie setze ich<br />

diese Methode um?).<br />

Besonderheiten von Plakaten<br />

Um sich die Auswirkungen der verschiedenen Retuschiermethoden<br />

besser zu verdeutlichen, ist es hilfreich,<br />

sich die Funktion von Plakaten vor Augen zu<br />

führen. Plakate im eigentlichen Sinne entstanden in<br />

der zweiten Hälfte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts in Paris. Ein<br />

Plakat ist ein öffentlicher Aushang, der mit Text <strong>und</strong><br />

Bild für eine Veranstaltung, Produkte oder einen bestimmten<br />

Inhalt wirbt. 4 Meist sind sie auf Papier gedruckt<br />

<strong>und</strong> oft durch ihr großes Format <strong>und</strong> ihre fl ächige<br />

Gestaltung auf Fernwirkung angelegt.<br />

Insgesamt ergeben sich aus den Eigenschaften von<br />

Plakaten folgende Konsequenzen für die Retusche:<br />

Wie bei Druckgraphik allgemein existieren meist<br />

weitere Exemplare, die als Vorlage genutzt werden<br />

können.<br />

Plakate sollen schnell wahrnehmbar <strong>und</strong> auffällig<br />

sein, die äußere Erscheinung hat dadurch eine besonders<br />

große Bedeutung, was für eine Retusche<br />

mit einem hohen Imitationsgrad spricht. Um festzulegen,<br />

ab welchem Abstand eine Retusche erkennbar<br />

sein sollte, kann man sich eine im Werbebereich<br />

übliche Regel zu Nutze machen, die besagt,<br />

dass der Betrachterabstand das 1,5fache der Bilddiagonale<br />

betragen solle, damit das Objekt als ganzes<br />

wahrgenommen werden könne. 5<br />

Zugleich soll aber auch nicht der Aspekt übergangen<br />

werden, dass es sich bei Plakaten um kurzlebige<br />

Produkte handelt, die durch ihren Gebrauch<br />

oft in Mitleidenschaft gezogen wurden.<br />

Insgesamt kann man feststellen, dass die kurze Zeit<br />

der Zurschaustellung von Plakaten <strong>und</strong> die Instabilität<br />

<strong>und</strong> Fragilität der Materialien einander bedingen<br />

<strong>und</strong> eine Einheit der Kurzlebigkeit bilden. Dem steht<br />

die Sammelleidenschaft mit ihrer Wertschätzung der<br />

künstlerischen Qualität konträr gegenüber. Diese Hal-<br />

Verena Grande<br />

61<br />

tung enthebt ein Plakat seiner ursprünglichen Funktion<br />

<strong>und</strong> lässt es zu einem Objekt für den privaten<br />

bzw. musealen Bereich werden. Darum stehen sich<br />

in der Konzeptfi ndung diese widersprüchlichen Positionen<br />

gegenüber. Hinzu kommt der restauratorische<br />

Ansatz der Bestandserhaltung. Aufgr<strong>und</strong> dieser Ausgangssituation<br />

kann eine Ergänzung <strong>und</strong> Retusche<br />

immer nur einen Kompromiss darstellen.<br />

Im Fall des vorliegenden Plakates wurde darum<br />

entschieden, die Farbverluste an Knicken <strong>und</strong> Rissen,<br />

die das Gesamtbild nicht stark beeinfl ussen, nicht zu<br />

retuschieren. Das bedeutet, dass es in diesem Fall nur<br />

um eine Retusche auf Ergänzungspapier <strong>und</strong> nicht auf<br />

dem Original geht. Problematiken wie Trennschichten<br />

oder Reversibilität spielen darum bei dieser Restaurierung<br />

keine Rolle.<br />

Mustererstellung<br />

Im Zuge der Konzeptfi ndung sollten verschiedene<br />

Retuschiermethoden nicht nur durchdacht, sondern<br />

auch praktisch umgesetzt werden.<br />

Anhand der bisherigen Überlegungen wurden vier<br />

Methoden ausgewählt <strong>und</strong> in Kombination mit einer<br />

geeigneten Technik eine Ergänzung für die große<br />

Fehlstelle am oberen Rand hergestellt. Dafür wurde<br />

ein Hadernpapier verwendet, dass für die Ergänzung<br />

maschinell hergestellter Papiere entwickelt wurde. 6<br />

Durch Nachleimung mit 0,5%iger Gelatine <strong>und</strong> Einpressen<br />

zwischen Microjet-Vlies kam die Oberfl äche<br />

dem des Originals sehr nahe. Dies ist eine wichtige<br />

Voraussetzung. Stimmen Glanz bzw. Mattigkeit des<br />

Ergänzungspapiers nicht mit dem Original überein,<br />

wird eine noch so gute Retusche sofort auffällig sein.<br />

Dies kann natürlich auch als bewusste Absetzung verwendet<br />

werden.<br />

Als Farbmittel wurden die Acrylfarben AeroColor®<br />

von Schmincke verwendet. 7 Sie sind sehr lichtstabil<br />

<strong>und</strong> alterungsbeständig, in Transparenz dem Original<br />

nahe <strong>und</strong> niedrigviskos, so dass sie sprühend verarbeitet<br />

werden können. Durch die reine Verwendung<br />

auf dem Ergänzungspapier spielt Reversibilität hier<br />

keine Rolle, Wasserfestigkeit ist sogar von Vorteil für<br />

die weitere Verarbeitung.<br />

Alle Ergänzungen wurden zum Schluss zweimal mit<br />

2%iger Gelatine besprüht, um den leichten Glanz der<br />

Farben zu imitieren.<br />

Auf diese Weise entstanden vier Ergänzungen, die<br />

mit dem Original fotografi ert wurden.<br />

Muster 1: Einfärben der Ergänzung im<br />

Papierton<br />

Als Muster 1 wurde eine Ergänzung im Papierton,<br />

ohne weitere Retusche angefertigt (➝ Abb. 5 <strong>und</strong> 6).<br />

Die Farbe wurde mit einem breiten Pinsel auf das vorher<br />

angefeuchtete Papier aufgestrichen.

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