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Restaurierungs- und Konservierungs - Arbeitskreis Nordrhein ...

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98 Die zerstörungsfreie Bewertung von Papier<br />

tung. Zudem sind die so erhaltenen Daten sehr stark<br />

vom Ausführenden abhängig <strong>und</strong> lassen sich daher<br />

kaum vergleichen.<br />

Zusammengefasst sind bei den analytischen Referenzmethoden<br />

die Kosten <strong>und</strong> der Zeitaufwand pro<br />

Objekt sehr hoch <strong>und</strong> die Anwendbarkeit auf Originale<br />

wegen des Materialbedarfs nicht möglich. Bei<br />

den in der Praxis angewandten Techniken hingegen<br />

ist der Informationsgehalt begrenzt, die Ergebnisse<br />

sind durch subjektive Fehler belastet, statistisch<br />

nicht hochrechenbar, erlauben nur begrenzte Aussagen<br />

über die zukünftige Alterungsgeschwindigkeit <strong>und</strong><br />

können nicht auf alle Papiere <strong>und</strong> Objekte gleichermaßen<br />

angewendet werden.<br />

Die Entwicklung<br />

Die moderne Bestandserhaltung bedarf daher einer<br />

völlig neuen Technologie zur Bestimmung des Alterungszustandes.<br />

Diese soll nicht nur die Nachteile der<br />

bisherigen Methoden vermeiden, es sollen auch wesentlich<br />

mehr relevante Daten erfasst werden können.<br />

Die Erwartungen für ein solches Werkzeug für die<br />

Bestandserhaltung sind daher außerordentlich hoch.<br />

Die erhaltenen Daten sollten objektiv, reproduzier-<br />

<strong>und</strong> belastbar sein. Die Technologie muss vollständig<br />

zerstörungsfrei arbeiten <strong>und</strong> soll keine Probenvorbereitung<br />

benötigen. Die notwendigen, relevanten Daten<br />

sollen mit nur einem Gerät erfasst werden. Messung<br />

<strong>und</strong> Auswertung müssen sehr schnell erfolgen,<br />

um auch dem Messbedarf in großen Sammlungen gerecht<br />

werden zu können. Zudem darf es sich nicht um<br />

ein Laborgerät handeln. Es sollte hingegen so mobil<br />

sein, dass die Objekte innerhalb der Einrichtung gemessen<br />

werden können <strong>und</strong> das Haus nicht verlassen<br />

müssen.<br />

Außerdem muss die Technologie genügend Funktionalität<br />

bieten, um auf verschiedene Situationen<br />

reagieren zu können, die Bedienung sollte kein labortechnisches<br />

Zusatzpersonal erfordern, die gemessenen<br />

Daten sollten in einer Datenbank hinterlegt werden,<br />

die Auswertung durch das System oder durch<br />

handelsübliche Programme erfolgen <strong>und</strong> eine Anpassung<br />

der Auswertung sollte nicht zwangsläufi g zum<br />

erneuten Messaufwand führen.<br />

Letztendlich möchte der Anwender weitreichende<br />

Informationen über den physischen Zustand der Papiere,<br />

um daraus die verschiedensten Entscheidungen<br />

für Zugangsbeschränkungen, <strong>Restaurierungs</strong>bedarf,<br />

Bestanderhaltungsstrategie, Budgetplanung <strong>und</strong><br />

Sponsoring ableiten zu können.<br />

Die Alternative zu den traditionellen laboranalytischen<br />

Referenzmethoden sind spektroskopische Verfahren.<br />

In einer Machbarkeitsstudie war die Nahinfrarot-Spektroskopie<br />

(NIR) die Methode mit der höchsten<br />

Aussagekraft. 1 NIR arbeitet auf der Basis von, für den<br />

Menschen nicht sichtbarem Licht (Wärmestrahlung).<br />

NIR kann direkt auf feste Stoffe wie Papier angewandt<br />

werden, ohne dass Reagenzien oder eine besondere<br />

Probenvorbereitung notwendig sind. Allerdings musste<br />

noch gezeigt werden, ob sich die benötigten Informationen<br />

aus den NIR-Spektren von Papier extrahieren<br />

lassen?<br />

Um diese Frage zu beantworten, wurde innerhalb<br />

des EU-Projektes SurveNIR eine große Sammlung<br />

von nahezu 1400 historischen Papierproben charakterisiert.<br />

2 Bis zu 15 chemisch-physikalische Parameter<br />

wurden von einer einzelnen Probe bestimmt . Von<br />

den Proben wurden zudem 120.000 NIR-Spektren<br />

gemessen. 2 Jahre <strong>und</strong> mehr als 15 Wissenschaftler<br />

wurden eingesetzt, um die Datenbank mit diesen<br />

Informationen zu füllen. Im Anschluss daran wurden<br />

große Anstrengungen unternommen, um die chemisch-physikalischen<br />

Parametern mit den NIR-Spektren<br />

zu korrelieren, die chemometrischen Modelle zu<br />

erstellen, zu kalibrieren <strong>und</strong> zu validieren. 3<br />

Abb. 3: NIR-Spektren (Ausschnitt) nach Anwendung eines chemometrischen<br />

Modells zur Papiertyperkennung. Durch das entwickelte<br />

Modell wurden die Unterschiede zwischen den Probensets<br />

deutlich herausgearbeitet <strong>und</strong> die Spektren den Gruppen<br />

Zell- (blau) <strong>und</strong> Holzstoff (orange) eindeutig zugeordnet.<br />

Die Technologie<br />

Nach Abschluss dieser umfangreichen Arbeiten ist<br />

SurveNIR in der Lage, neben einzelnen Blättern auch<br />

Bücher zu bewerten. Zuerst identifi ziert SurveNIR die<br />

Papiersorte <strong>und</strong> teilt die Probe einer der Papiersorten<br />

Hadern, Holzstoff, Zellstoff bzw. gestrichenes Papier<br />

zu. Danach werden die relevanten chemisch-physikalischen<br />

Parameter in Abhängigkeit von der Papiersorte<br />

ermittelt. Dies ermöglicht die Anwendung von<br />

SurveNIR auf nahezu alle in Archiven <strong>und</strong> Bibliotheken<br />

vorkommenden papiernen Objekte wie Bücher, Dokumente,<br />

Archivgut, Handschriften, Zeitungen, Poster<br />

<strong>und</strong> Zeichnungen.<br />

In SurveNIR sind neben der Identifi zierung für jeden<br />

Papiertyp bis zu 9 weitere chemisch-physikali-<br />

sche Parameter verfügbar:<br />

Säuregehalt (pH-Wert),<br />

Polymerisationsgrad,<br />

4, 5

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