19.10.2016 Aufrufe

Die-einzige-Weltmacht evtl doppel

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

92 <strong>Die</strong> <strong>einzige</strong> <strong>Weltmacht</strong><br />

sches Europa gar nicht gibt. Es ist eine Vision, eine Vorstellung<br />

und ein Ziel, aber noch nicht Wirklichkeit. Westeuropa<br />

ist bereits ein gemeinsamer Markt, aber weit davon entfernt,<br />

eine politische Einheit zu bilden. Ein politisches Europa<br />

muss erst noch entstehen. <strong>Die</strong> Krise in Bosnien bot hierfür<br />

einen traurigen Beweis, sofern es denn eines solchen bedurft<br />

hätte. Tatsache ist schlicht und einfach, daß Westeuropa und<br />

zunehmend auch Mitteleuropa weitgehend ein amerikanisches<br />

Protektorat bleiben, dessen alliierte Staaten an Vasallen<br />

und Tributpflichtige von einst erinnern. <strong>Die</strong>s ist kein gesunder<br />

Zustand, weder für Amerika noch für die europäischen<br />

Nationen. Das Ganze wird dadurch verschlimmert, daß in<br />

Europa ein Nachlassen innerer Vitalität bedenklich um sich<br />

greift. Neben der Legitimität des bestehenden sozioökonomischen<br />

Systems scheint sogar das oberflächliche Bewusstsein<br />

europäischer Identität verwundbar zu sein. In mehreren europäischen<br />

Staaten lässt sich eine Vertrauenskrise und ein<br />

Verlust kreativen Schwungs feststellen, die mit einer auf<br />

die größeren Probleme in der Welt isolationistisch und eskapistisch<br />

reagierenden inneren Einstellung einhergeht. Es<br />

ist nicht klar, ob die meisten Europäer überhaupt eine künftige<br />

Großmacht Europa wollen und ob sie bereit sind, das<br />

für ihr Zustandekommen Nötige zu tun. Selbst der noch in<br />

Resten bestehende, gegenwärtig recht schwache europäische<br />

Antiamerikanismus ist merkwürdig zynisch: <strong>Die</strong> Europäer<br />

beklagen die Hegemonie der USA, nehmen deren Schutz<br />

aber durchaus in Anspruch.<br />

<strong>Die</strong> politische Dynamik zur europäischen Vereinigung<br />

ging einmal von drei wesentlichen Impulsen aus: der Erinnerung<br />

an die beiden zerstörerischen Weltkriege, dem Wunsch<br />

nach wirtschaftlicher Erholung sowie der Unsicherheit infolge<br />

der sowjetischen Bedrohung. Mitte der neunziger Jahre<br />

waren diese Impulse verpufft. <strong>Die</strong> wirtschaftliche Erholung

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!