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Geldwäscherei mit Derivaten von Wolfgang Hafner und Gian Trepp

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wird hier die mehr oder weniger öffentliche oder auch stillschweigende Berechtigung für ein<br />

bestimmtes Handeln <strong>und</strong> Tun verstanden.<br />

1.7 Gruppenbildung schafft eine auf sich bezogene Legit<strong>mit</strong>ät<br />

Die Bildung <strong>von</strong> Legiti<strong>mit</strong>ät ist abhängig <strong>von</strong> der Zugehörigkeit bestimmter Personen zu<br />

bestimmten gesellschaftlichen Gruppen. 29 Das heisst, je abgeschlossener <strong>und</strong> homogener<br />

Referenz- <strong>und</strong> Beziehungsfelder, Leitbilder etc. einer gesellschaftlichen Gruppe sind, umso<br />

besser kann sie eine eigene Legiti<strong>mit</strong>ät entwickeln <strong>und</strong> eignet sie sich so für <strong>Geldwäscherei</strong>.<br />

Bekannt ist vor allem die Neigung <strong>von</strong> ethnisch bedingten Gruppenbildungen für die<br />

<strong>Geldwäscherei</strong>. (Hawala, H<strong>und</strong>i-Banking etc.)<br />

Auch die an den internationalen Finanzmärkten Tätigen weisen gewisse Merkmale einer<br />

verschworenen Gruppenbildung auf. Als homogene Gruppe wird beispielsweise in<br />

Grossbritannien der innere Zirkel der englischen Finanzindustrie beschrieben. 30 Gleichzeitig<br />

dürfte den in den Finanzmärkten Tätigen eine spezifische Sicht <strong>und</strong> Betonung der<br />

amoralischen Funktion der Marktkräfte eigen sein. Diese gemeinsamen Wertvorstellungen<br />

<strong>und</strong> -haltungen fördern ein eigenständiges <strong>und</strong> in sich abgeschlossenes Gruppenverhalten.<br />

Dazu sind viele der modernen Finanzinstrumente wie beispielsweise Derivatkonstruktionen so<br />

komplex <strong>und</strong> schwer verständlich, dass nur Finanzspezialisten den Hintergr<strong>und</strong> der jeweiligen<br />

Konstruktion verstehen <strong>und</strong> allenfalls rekapitulieren können - was wiederum das Gruppen<strong>und</strong><br />

Insiderverhalten all derjenigen fördert, die sich <strong>mit</strong> <strong>Derivaten</strong> beschäftigen. 31 Um diesen<br />

Prozess im Detail rekonstruieren zu können, müssten entsprechende soziologische<br />

Untersuchungen gemacht werden. Diese fehlen bisher.<br />

1.8 Legendenbildung ...<br />

All das bedeutet nicht, dass fallspezifische Legendenbildung bezüglich <strong>Geldwäscherei</strong> nicht<br />

nötig würde. Im Gegenteil. Illegale Tätigkeit - auch wenn sie noch so gut abgesichert <strong>und</strong><br />

legitimiert ist - ist immer <strong>mit</strong> Unsicherheiten behaftet. Die Legendenbildung bei der<br />

<strong>Geldwäscherei</strong> erfolgt aber - falls der Prozess der <strong>Geldwäscherei</strong> erfolgreich vollzogen<br />

werden soll - unabhängig <strong>und</strong> losgelöst <strong>von</strong> der illegalen Tätigkeit <strong>und</strong> der <strong>mit</strong> ihr<br />

verb<strong>und</strong>enen Legiti<strong>mit</strong>ät, was nicht heisst, dass nicht auch eine Legendenbildung <strong>von</strong> den<br />

entsprechenden Beziehungsfeldern profitieren kann, ja, unter Umständen gar auf sie<br />

angewiesen ist.<br />

Das hat auch Auswirkungen auf das Erscheinungsbild der <strong>Geldwäscherei</strong>: Was als<br />

„<strong>Geldwäscherei</strong>fall“ vor Gericht erscheint, ist ein bezogen auf das ganze Geflecht illegaler<br />

Tätigkeit marginaler Unfall <strong>und</strong> in keiner Art <strong>und</strong> Weise repräsentativ für die tatsächlichen<br />

Verhältnisse in diesem Sektor. Ein aktenk<strong>und</strong>ig gewordener Gerichtsfall widerspiegelt also<br />

bloss eine bezogen auf die technischen <strong>und</strong> politischen Rahmenbedingungen negative Auslese<br />

aus der Gr<strong>und</strong>gesamtheit aller <strong>Geldwäscherei</strong>fälle. Denn ein <strong>Geldwäscherei</strong>fall wird nur<br />

aktenk<strong>und</strong>ig, wenn das gesellschaftlich-politische Umfeld die Legiti<strong>mit</strong>ätsbasis der illegalen<br />

Tätigkeit nicht mehr akzeptiert <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> das Aufdecken der illegalen Herkunft der<br />

finanziellen Unterstützung des venezolanischen Bankers Castro. Die <strong>von</strong> Charles Intriago herausgegebene Zeitschrift<br />

„The Money La<strong>und</strong>ering Alert“ gilt in Fachkreisen als „angesehen“. Am 23. September 1998 zitierte sie jedenfalls<br />

der Geschäftsführer des Groupement des Banquiers Privés Genevois, Michel Y. Dérobert, in der Zeitschrift "Finanz<br />

<strong>und</strong> Wirtschaft" als Kronzeugen für den hohen Standard an „gesetzlichen, regulatorischen <strong>und</strong> berufsethischen<br />

Bestimmungen“ bei der <strong>Geldwäscherei</strong>bekämpfung in der Schweiz; Finanz <strong>und</strong> Wirtschaft, 23. Sept. 98, S. 1<br />

29 Vgl. dazu Pierre Bourdieu: "Die feinen Unterschiede: Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft", Frankfurt am Main,<br />

1987, S. 154ff<br />

30 Prem Sikka: „Calling the City to account“, in The Tribune, 4. April 1997, p 1<br />

31 Vgl. dazu etwa Bob Reynolds: „Understanding Derivatives - What You Really Need to Know about the Wild Card<br />

of International Finance“, London, 1995, p 4

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