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Geldwäscherei mit Derivaten von Wolfgang Hafner und Gian Trepp

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einem H<strong>und</strong>erstel eines Dollar) Gleichzeitig verkauft er 100 gleiche Kontrakte zu einem Preis <strong>von</strong><br />

$ 85.00. Beides sind vällig legal erworbene bärsengängige Derivatkontrakte.<br />

Am Nach<strong>mit</strong>tag des Handelstages haben sich die Kontraktpreise am Markt verändert: der<br />

Verkaufspreis ist nun $ 84.72 <strong>und</strong> der Kaufspreis $ 84.74. Nun teilt der Broker den Kauf <strong>von</strong> $<br />

85.02 vom Morgen <strong>und</strong> den Verkauf <strong>von</strong> $ 84.72 am Abend dem Konto „A“ zu. Die Preisdifferenz<br />

beträgt 30 Punkte oder Ticks (Differenz zwischen 84.72 <strong>und</strong> 85.02). Der Verlust auf dem<br />

verkauften Kontrakt entspricht dem Tickwert <strong>von</strong> $ 25, multipliziert <strong>mit</strong> der Kontraktmenge 100,<br />

mulitpliziert <strong>mit</strong> der Preisänderung 30. $ 25 x 100 x 30 = $ 75 000.<br />

Die anderen Abschlüsse werden dem „B“-Konto zugewiesen wo nach der gleichen Rechnung ein<br />

Profit <strong>von</strong> $ 65 000 resultiert ($ 25 x 100 x 26 = $ 65 000). So<strong>mit</strong> hat das schmutzige „A“-Konto $<br />

75 000 verloren, da<strong>mit</strong> dem sauberen „B“-Konto $ 65 000 Derivatgewinn gutgeschrieben werden<br />

kännen. Diese Transaktion ist aus Sicht des Brokers vällig legal. Er musste keine<br />

Kontraktdokumentation fälschen, sondern nur die entsprechenden Kontrakte den entsprechenden<br />

Konti zuweisen. Fazit: die legale <strong>Geldwäscherei</strong> als perfektes Verbrechen.<br />

Dieses Beispiel der FATF-Experten stammt aus der Welt der US-Derivatbörsen. Es funktioniert,<br />

weil die Commodity Futures Trading Commission (CFTC), welche den Handel an den US-<br />

Derivatbärsen regelt, ihre Handelsvorschriften im August 1998 gelockert hat. 66 Seit dem Oktober<br />

1998 erlaubt die Commission Regulation 1.35(a-1) den registrierten K<strong>und</strong>enbrokern an den US-<br />

Derivatbärsen die Plazierung <strong>von</strong> Sammelaufträgen, so genannten Bunched-Orders, ohne dass die<br />

K<strong>und</strong>enidentität der einzelnen, im Bündel zusammengefassten K<strong>und</strong>enorders deklariert werden<br />

muss, weder zum Zeitpunkt der Auftragserteilung noch zum Zeitpunkt der Ausführung.<br />

Erst bei Abschluss des Handelstages um fünf Uhr abends müssen die einzelnen Kontrakte den<br />

einzelnen K<strong>und</strong>en zugeschrieben werden. Bei den heutigen hohen Tages-Volatilitäten der<br />

Basiswerte kännen so problemlos hohe Verluste auf einem bestimmten K<strong>und</strong>enkonto akkumuliert<br />

<strong>und</strong> auf einem anderem Konto gutgeschrieben werden, ohne dass die Kontraktdokumentation<br />

irgendwie gefälscht werden muss.<br />

Die Handelspraxis, die vom CFTC als Bunched-Order bezeichnet wird, heisst beim deutschen<br />

B<strong>und</strong>esaufsichtsamt für den Wertpapierhandel Omnibuskonto. Unter Omnibuskonten sind solche<br />

Konten zu verstehen, die im Namen eines Finanzdienstleisters oder einer Bank errichtet werden,<br />

um darauf die Gelder mehrerer K<strong>und</strong>en zu verwahren. Das deutsche Wertpapierhandelsgesetz<br />

untersagt die Nutzung <strong>von</strong> Omnibuskonten <strong>und</strong> verlangt, dass Einlagen eines K<strong>und</strong>en <strong>von</strong> den<br />

Geldern des Unternehmens <strong>und</strong> <strong>von</strong> anderen K<strong>und</strong>engeldern getrennt aufbewahrt werden müssen.<br />

(¤ 34 a WpHG). 67 Als Gr<strong>und</strong> für die Verpflichtung zur strikten Trennung der K<strong>und</strong>engelder<br />

untereinander <strong>und</strong> <strong>von</strong> den Geldern des Finanzdienstleisters nennt das B<strong>und</strong>esaufsichtsamt den<br />

Anlegerschutz. Für die CFTC hat dieses Argument keine Gültikeit, denn in den USA gilt, dass,<br />

wer <strong>mit</strong> <strong>Derivaten</strong> handelt, „financially sophisticated“, das heisst für sich selber verantwortlich<br />

sein muss <strong>und</strong> deshalb keinen staatlichen Einlegerschutz beanspruchen kann.<br />

Hintergr<strong>und</strong> der neuen US-Derivathandelsregel 1.35(a-1), welche die Papierspur zwischen den<br />

Kontraktparteien unterbricht <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> die legale <strong>Geldwäscherei</strong> ermäglicht, ist der enorme<br />

internationale Konkurrenzkampf zwischen den Derivatbärsen. Die US-Derivatregulatorin CFTC<br />

hofft <strong>mit</strong> einer solchen Vereinfachung der US-Handelsregeln die Kosten zu senken <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> die<br />

66 Presseerklärung #4180-98 vom 21.8.98, CFTC Regulation 1.35(a-1), "Order to per<strong>mit</strong> regulated investment<br />

managers to place bunched orders for futures and futures options contracts without individual account identifiers and<br />

to allocate those orders on a post-trade basis."<br />

67 R<strong>und</strong>schreiben des B<strong>und</strong>esaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel an die Verbände der<br />

Finanzdienstleistungsunternehmen, der Kreditwirtschaft <strong>und</strong> der Verbraucherschützer der B<strong>und</strong>esrepublik<br />

Deutschland vom 26. Oktober 1998

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