Glückauf - Windhoff Bahn
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STAHL<br />
AZUBI-ECKE<br />
Vertrauen ist das beste Rezept<br />
GMHütte · Kennenlernseminar in Rulle bringt Azubis einander näher.<br />
Es ist Montag, der 22. Oktober.<br />
Die Auszubildenden des 1. Lehr -<br />
jahres haben sich vor der Ausbildungswerkstatt<br />
getroffen. Gleich<br />
geht es mit dem Bus zum Haus<br />
Maria Frieden in Rulle. Sinn und<br />
Zweck der Veranstaltung: Die<br />
Azubis sollen sich untereinander<br />
besser kennenlernen. Hier einige<br />
Auszüge aus dem Seminarbericht<br />
von Niklas Himker (angehender<br />
Elektroniker für Betriebstechnik)<br />
und Tina Elixmann (angehende<br />
Werkstoffprüferin):<br />
Der erste Tag stand unter dem<br />
Motto „Kennenlernen“. Dabei standen<br />
Übungen wie „Daniel Dachdecker“<br />
und „Lügenbaron“ auf dem<br />
Programm. Ziel war es, die Namen<br />
unserer Kollegen zu lernen und uns<br />
besser einschätzen zu können …<br />
Abends in die Kapelle zur Feuermeditation,<br />
um zu entspannen und<br />
über den Tag nachzudenken …<br />
Am Dienstag ging es um soziale<br />
Kompetenzen und Teamwork.<br />
Bei der Übung „Zickzack“ musste<br />
man die ganze Gruppe mit Hilfe<br />
von Baumstümpfen und zwei Holzbalken<br />
sicher ans Ziel zu bringen<br />
– ohne den Boden zu berühren.<br />
Bei „Schaf und Schäfer“ musste ein<br />
Schäfer seine blinden Schafe ins Ziel<br />
Ein aufregender Tag!<br />
Bei Teamspielen munterten wir uns am ersten Tag auf. Hier waren Teamfähigkeit<br />
und Planungsvermögen gefragt. Ein Säurefluss sollte überwunden<br />
werden. Es war besonders lustig, alle aus unserem Team auf die andere<br />
Seite zu bekommen, was erst zuletzt klappte, weil nicht immer alle rüber<br />
kamen … Endlich Mittagessen. Es ist wirklich lecker! Danach etwas Freizeit.<br />
Jetzt lernten wir uns auch außerhalb der Gruppe kennen, bis es dann<br />
am Nachmittag zur nächsten Einheit kam. Was wir erwarten würden, war<br />
die Frage, die uns jetzt gestellt wurde. Eine gar nicht so einfache Frage.<br />
Wieder wurden wir in Gruppen aufgeteilt. Und mussten nun unsere eigenen<br />
Ideen präsentieren. Es folgte eine große Party mit allem, was dazugehört,<br />
mit viel Musik und Spaß eben. Fazit: Es war ein super Tag!<br />
Sebastian Niermann (angehender Bürokaufmann)<br />
Umweltfreundliche, saubere und<br />
geruchlose Feueranzünder für<br />
Kamin und Grill – wer greift nicht<br />
gerne darauf zurück? Die Ledder<br />
Werkstätten gGmbH in Tecklenburg,<br />
eine Werkstatt für behinderte<br />
Menschen, kann damit dienen.<br />
Der Anzünder erinnert ein<br />
wenig an eine Dynamitstange:<br />
Kleine Holzstücke sind von einem<br />
Pappring umgeben, mit einem<br />
Docht versehen und in Wachs<br />
getaucht. Der Clou: Bis auf den<br />
Docht sind alle Bestandteile des<br />
Anzünders Recyclingmaterialien.<br />
Das Holz ist Restholz aus der eigenen<br />
Tischlerei, die Kartonringe sind<br />
wiederverwertete WC-Papierhülsen,<br />
das Wachs stammt von gesammelten<br />
Kerzenresten.<br />
Um die Materialien für die „Endmontage“<br />
vorzubereiten, benötigt<br />
man Spezialmaschinen: Holzspalter<br />
und Papprollen-Schneidemaschine.<br />
Sie werden von Azubis der BerufsbildungsgesellschaftGeorgsmarienhütte<br />
(BGG) gefertigt.<br />
„Die Ledder Werkstätten sind<br />
an uns herangetreten und haben<br />
gefragt, ob wir den Holzspalter<br />
bringen, ohne mit ihnen zu reden.<br />
Sie mussten ihm also blindlings vertrauen<br />
…<br />
Mittwochnachmittags. Kletterwald<br />
im Nettetal, um Grenzen auszutesten.<br />
Auch hier war es wichtig,<br />
seinem Partner zu vertrauen …<br />
Donnerstag war Projektarbeit.<br />
Thema: „Ausbildungsstrang 2007“.<br />
Wir hatten sechs Stunden Zeit, um<br />
unser Projekt auszuarbeiten. Als Präsentationsform<br />
wählen konnten wir<br />
zwischen Zeitung, Video, Schwarz-<br />
Weiß-Bildern, Collage, digitalen<br />
Fotos und Leinwand …<br />
Freitagmorgens haben wir in<br />
unseren Gruppen zusammen mit<br />
den Teamern die Woche bewertet<br />
und ein Abschlussgespräch geführt.<br />
Nach dem Mittagessen ging es<br />
dann nach Hause …<br />
Die Woche in Rulle hat sehr viel<br />
Spaß gemacht. Wir sind zusammengewachsen<br />
und haben sehr viel<br />
über Teamarbeit gelernt, was wir in<br />
Zukunft auch anwenden wollen.<br />
Eine zündende Idee<br />
GMHütte · Ein Feueranzünder aus Recyclingmaterial gibt behinderten<br />
Menschen Arbeit. Die Maschinen zur Herstellung fertigt die GMHütte.<br />
Foto: Manuel Mockewitz<br />
Teamarbeit ist Trumpf: einen Säurefluss überqueren, ohne sich die Füße zu verbrennen.<br />
Werksfoto<br />
Lassen sich von einem Mitarbeiter der Ledder Werkstätten (rechts) die Herstellung der<br />
Holzstücke für den patentierten Feueranzünder demonstrieren (von links nach rechts):<br />
Werkstattgruppenleiter Nikolai Mathis, Ausbilder Wolfgang Beushausen und Auszubildender<br />
Jan-Henrick Elixmann.<br />
und die Schneidemaschine zur Vorbereitung<br />
der Materialien bauen<br />
können“, berichtet Wolfgang Beus-<br />
glück auf · 4/2007 .......... 12<br />
Wenn um fünf<br />
der Wecker klingelt<br />
GMHütte · Wie aus Schülern Azubis werden.<br />
Zehn Jahre lang pauken, zehn<br />
Jahre lang früh aufstehen und<br />
zehn Jahre lang lange Ferien.<br />
Doch irgendwann ist auch das<br />
vorbei. Diese Erfahrung mussten<br />
auch Daniel Plitzner (Auszubildender<br />
Elektroniker für Betriebstechnik)<br />
und Steffen Ortwerth<br />
(Auszubildender Elektroniker<br />
für Betriebstechnik) machen.<br />
Es begann mit Praktika in der<br />
Schule, bei denen sie herausfinden<br />
konnten, wo ihre Interessen<br />
liegen. Mit Vorbereitungen auf<br />
Vorstellungsgespräche und Eignungstests<br />
ging es weiter. Dann<br />
wurden Bewerbungen an die<br />
GMHütte geschrieben, denn sie<br />
wussten, dass sie dort die Berufe<br />
finden würden, für die sie sich<br />
entschieden hatten. Nach erfolgreichem<br />
Einstellungstest und<br />
Bewerbungsgespräch kam der<br />
Ausbildungsvertrag. Hier berichten<br />
die beiden über ihre ersten<br />
Schritte ins Berufsleben:<br />
Schnell wurde uns bewusst, was<br />
das Arbeitsleben mit sich bringt.<br />
Anstatt bis halb sieben schlafen<br />
zu können, müssen wir nun um<br />
fünf Uhr aufstehen, um pünktlich<br />
um sechs Uhr umgezogen vor der<br />
Werkbank zu stehen. Auch müssen<br />
wir unsere schönen langen Schulferien<br />
durch 30 Tage Urlaub im Jahr<br />
ersetzen.<br />
Der Weg zum Traumjob ist für<br />
einige sehr weit. Oft müssen sie<br />
viele Kilometer mit Zug und Bus<br />
zurücklegen. Und körperlich ist<br />
es für viele eine Herausforderung,<br />
stundenlang auf einem Fleck zu<br />
stehen und zu feilen.<br />
hausen, der das Projekt bei der BGG<br />
begleitet.<br />
Insgesamt 60 Holzspaltmaschinen<br />
und 10 Papprollenschneidemaschinen<br />
sind bereits an die Behindertenhilfeeinrichtung<br />
ausgeliefert.<br />
Wolfgang Beushausen: „Die Herstellung<br />
dieser Maschinen ist für unsere<br />
Auszubildenden wie ein Test. Denn<br />
sie sind mit dieser Aufgabe sehr<br />
realitätsnah gefordert, müssen exakt<br />
arbeiten und ein funktionierendes<br />
Produkt abliefern. Funktioniert<br />
etwas nicht, heißt es: Noch einmal<br />
machen!“<br />
Klaus Schwenk von den Ledder<br />
Werkstätten weiß die Arbeit der Azubis<br />
zu schätzen: „Würden wir diese<br />
Maschinen in Kleinstauflage bei<br />
einer Metallwerkstatt produzieren<br />
lassen, wären die Kosten immens.<br />
Erst der gute Preis, den die BGG<br />
macht, ermöglicht uns, die Produktion<br />
auszubauen und entsprechend<br />
Beschäftigung zu schaffen.“<br />
Auf Letzteres kommt es den<br />
Ledder Werkstätten auch an. Holzspalter<br />
und Schneidemaschine<br />
sind schnell aufgebaut, brauchen<br />
wenig Platz und sorgen so für eine<br />
durchgängige Arbeit. Die Tätigkeit<br />
ergänzt somit sehr gut andere<br />
Bereiche wie „Näherei“ oder „Verpackerei“,<br />
deren Dienstleistung<br />
bereits verschiedene Unternehmen<br />
nutzen.<br />
Aber auf der anderen Seite gibt<br />
es viele Aspekte, für die es sich<br />
lohnt, morgens so früh aufzustehen.<br />
Anfangs war es für uns ungewohnt,<br />
doch hier im Stahlwerk<br />
wird selbstständiges Arbeiten gefördert<br />
und gefordert, was für uns alle<br />
eine Herausforderung ist, aber dennoch<br />
sehr viel Spaß macht. Einige<br />
Aufgaben können wir nur im Team<br />
bewältigen, was den Zusammenhalt<br />
stärkt und ein angenehmes<br />
Arbeitsklima schafft.<br />
Natürlich spielt die hart erarbeitete<br />
Ausbildungsvergütung keine<br />
unwichtige Rolle. Während man<br />
als Schüler sein letztes Taschengeld<br />
zusammenkratzen musste, können<br />
wir uns jetzt auch mal öfter etwas<br />
leisten. Viele fangen mit der Ausbildung<br />
an, auf den Führerschein<br />
oder das Auto zu sparen.<br />
Die Schule ist aber noch nicht<br />
ganz vorbei. Denn ein- bis zweimal<br />
die Woche müssen wir zur Berufsschule,<br />
um uns das nötige Fachwissen<br />
anzueignen.<br />
Nach dreieinhalb Jahren Ausbildung<br />
folgt die Abschlussprüfung, in<br />
der wir unser Können unter Beweis<br />
stellen müssen. Aber auch nach der<br />
Ausbildung ist die Weiterbildung<br />
wichtig. Man kann immer weitere<br />
Schulen, Kurse und Seminare besuchen,<br />
um sein Fachwissen zu erweitern<br />
und seine Zukunft zu sichern.<br />
Zusammengefasst macht uns<br />
unsere Ausbildung bei der Georgsmarienhütte<br />
GmbH sehr viel Spaß.<br />
Und wir sind froh, den Sprung<br />
von der Schulbank zur Werkbank<br />
geschafft zu haben.<br />
Exklusiv-Vertrieb<br />
Die Idee ist bereits 13 Jahre alt.<br />
Der Werkstattleiter des Centre Les<br />
Perce-Neige, einer Behinderteneinrichtung<br />
in der Schweiz, erfand<br />
1994 den inzwischen patentierten<br />
und rechtlich geschützten Feueranzünder,<br />
genannt K-LUMET ®.<br />
In Deutschland sind ausschließlich<br />
die Ledder Werkstätten Nutzer<br />
dieses Patents und vertreiben<br />
die begehrten Anzünder exklusiv.<br />
Immer mehr Baumärkte,<br />
Geschäfte und Gärtnereien wollen<br />
die Feueranzünder in ihr Programm<br />
aufnehmen – eine Nachfrage, die<br />
die Werkstätten nicht mehr decken<br />
können. Klaus Schwenk: „Derzeit<br />
produzieren wir zwischen 300 und<br />
400 Packungen in der Woche. Auf<br />
keinen Fall wollen wir unsere Behinderten<br />
überfordern. Schließlich steht<br />
die Arbeit der Menschen im Mittelpunkt<br />
und nicht der Profit.“<br />
Der Nachfrage tut dies allerdings<br />
keinen Abbruch. Die Kunden bringen<br />
für diese Situation viel Verständnis<br />
auf – und lassen sich auf die<br />
Warteliste setzen.<br />
Jürgen Stapelfeld