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Glückauf - Windhoff Bahn

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Da staunt selbst<br />

der Fachmann<br />

Im Rahmen einer Studienfahrt war<br />

der Arbeitsausschuss des VDEh-<br />

Werkstoffausschusses (Werkstoffausschuss<br />

des Stahlinstituts VDEh) am<br />

21. September bei der WeserWind<br />

GmbH in Bremerhaven zu Gast.<br />

Die Ausschussmitglieder wollten<br />

sich vor Ort ein Bild über die Anwendung<br />

von Stählen in Offshore-<br />

Windenergieanlagen machen.<br />

Zwei Vorträge hatte man vorbereitet,<br />

um die Gäste vor allem auch<br />

über die stahltechnischen Besonderheiten<br />

dieser Bauwerke zu informieren:<br />

Im ersten Vortrag berichtete René<br />

Surma – seit 1. Juni Leiter der<br />

Abteilung Forschung und Entwicklung<br />

bei WeserWind – über Design<br />

und Fertigung von Gründungsstrukturen<br />

für Offshore-Windenergieanlagen.<br />

Aus der Vielzahl möglicher<br />

Strukturen, so René Surma, hätten<br />

sich in den vergangenen Jahren<br />

zwei Strukturen herauskristallisiert:<br />

die Tripod-Struktur und die Jacket-<br />

Struktur, die auch Quadropod genannt<br />

wird und sich seit Jahrzehnten<br />

in der Öl- und Gasindustrie bewährt<br />

hat. Beide Strukturen werden<br />

ab dem nächsten Jahr die großen<br />

Offshore-Windenergieanlegen der<br />

5-MW-Klasse im ersten deutschen<br />

Offshore-Windpark „alpha ventus“<br />

tragen.<br />

René Surma verdeutlichte am<br />

Beispiel des Tripods die Komplexität<br />

der Fertigungsprozesse: „Sie beginnen<br />

bei einer wohldurchdachten<br />

Baustellenlogistik und hören<br />

bei adaptierten Schweißprozessen<br />

noch lange nicht auf. Immerhin<br />

wiegt der Tripod weit über 600 t<br />

bei einer Optimierung für einen<br />

Einsatz in 30 m Wassertiefe. Die<br />

Dimensionen der einzelnen Komponenten<br />

erschweren die Handhabung<br />

zusätzlich.“<br />

Bei der Fertigung auf der Baustelle<br />

zeige sich dann auch sehr<br />

schnell, wie wichtig im Vorfeld<br />

eine exakte Vermessung der Bauteile<br />

sei. Denn dadurch könnten<br />

von Anfang an diejenigen Bauteile<br />

ausgewählt und entsprechend positioniert<br />

werden, die später beim<br />

Zusammenfügen eine minimale<br />

Schweißarbeit erfordern – was erheblich<br />

Zeit und Kosten spart.<br />

In einem weiteren Beispiel erläuterte<br />

René Surma die Kombination<br />

von Standard-Rohren und<br />

Gussknoten bei der Fertigung eines<br />

Jacket-Prototyps, von der sich<br />

WeserWind wichtige Informationen<br />

für die künftige Serienferti-<br />

gung verspricht. Erste Ergebnisse<br />

liegen bereits vor und lassen auch<br />

hier darauf schließen, dass bei der<br />

Fertigung eine deutliche Kostensenkung<br />

erzielt werden kann.<br />

Martin Lehnhoff, Geschäftsführer<br />

der Multibrid Entwicklungsgesellschaft<br />

mbH, stellte anschließend<br />

die Technik einer 5-MW-<br />

Offshore-Windenergieanlage vor.<br />

Dabei machte er auch die beson-<br />

ANLAGENBAU<br />

WeserWind · VDEh-Werkstoffausschuss tagt in Bremerhaven – und zeigt sich<br />

nach der Besichtigung des Tripod-Prototyps außerordentlich beeindruckt.<br />

Das Stahlinstitut VDEh<br />

Unter dem Dach des Stahl-Zentrums arbeiten seit 1998 das Stahlinstitut<br />

VDEh, die Wirtschaftsvereinigung Stahl und weitere Organisationen und<br />

Institute der Stahlindustrie zusammen. Ziel des Stahlinstitutes: die Kooperation<br />

der Ingenieure bei der Weiterentwicklung der Stahltechnologie und<br />

des Werkstoffs Stahl. Dabei stehen Gemeinschaftsforschung und Erfahrungsaustausch<br />

im Vordergrund. Die Gemeinschaftsarbeit ist inzwischen<br />

international ausgerichtet, und auch Anlagenhersteller und Zulieferer sind<br />

mit einbezogen. Für werkstoff- und prüftechnische Fragestellungen ist<br />

der VDEh-Werkstoffausschuss zuständig. Sein Arbeitsausschuss wurde als<br />

Lenkungsgremium eingerichtet und ist überwiegend mit den Qualitätsstellen-,<br />

Forschungs- und Entwicklungsleitern der Stahlunternehmen besetzt.<br />

Bei Studienreisen zu Stahl verarbeitenden oder anwendenden Unternehmen<br />

möchte sich der Arbeitsaussschuss über Prüfung, Verarbeitung und<br />

Anwendung des Werkstoffs Stahl sowie besondere Anforderungen unmittelbar<br />

vor Ort informieren.<br />

deren Anforderungen an die Technik<br />

deutlich, insbesondere an die<br />

Zuverlässigkeit der einzelnen Komponenten.<br />

Schließlich sei der Zugang<br />

zu Offshore-Anlagen deutlich<br />

begrenzt bzw. wesentlich schwieriger<br />

als zu Onshore-Anlagen – weil<br />

Einfach überwältigend: die Tripod-Gründungsstruktur für Offshore-Windenergieanlagen der 5-MW-Klasse.<br />

glück auf · 4/2007 ......... 32<br />

eben auch vom (See-) Wetter abhängig.<br />

Für die Mitglieder des Arbeitsausschusses<br />

war es sehr aufschlussreich<br />

zu erfahren, wie der<br />

Werkstoff Stahl zur zuverlässigen<br />

Funktionserfüllung vor allem im<br />

Antriebsstrang der Windenergieanlage<br />

beiträgt.<br />

Danach gab Dr. Ingo Steller eine<br />

kurze Einführung in das Stahlinstitut<br />

und seine Aufgaben. Er<br />

ist Obmann für legierte Bau- und<br />

warmfeste Stähle, Hochtemperaturwerkstoffe,<br />

Schmiedestücke und<br />

Stahlguss im Werkstoffausschuss.<br />

Die Vortragsreihe schloss mit einer<br />

kurzen Übersicht über die Entwicklung<br />

auf dem Grobblechsektor.<br />

Referent war Dr. Axel Kulgemeyer,<br />

Leiter der Hauptabteilung „Metallurgie<br />

und Werkstofftechnik – Rohr,<br />

Profil und Grobblech“ bei der Salzgitter<br />

Mannesmann Forschung in<br />

Duisburg. Am Beispiel der „Alaska<br />

Highway Pipeline“ zeigte er auf,<br />

dass hochfeste Stahlgüten erhebliches<br />

Kosteneinsparpotenzial bergen.<br />

Denn mit diesem Material<br />

könnten die Wandstärken der Rohre<br />

signifikant kleiner sein.<br />

Nach den Vorträgen besichtigten<br />

die Ausschussmitglieder den<br />

Tripod-Prototyp. Sie waren sichtlich<br />

erstaunt über dessen Dimensionen<br />

und nutzten die Chance,<br />

von unten einen Blick in den Turm<br />

zu werfen. Ein einmaliger Anblick.<br />

Denn beim Offshore-Einsatz liegt<br />

der Boden immerhin rund 30 m<br />

unterhalb der Wasseroberfläche.<br />

Nach einem rundum gelungenen<br />

Tag verabschiedeten sich die<br />

Mitglieder des Arbeitsausschusses<br />

und versprachen, WeserWind bald<br />

wieder zu besuchen.<br />

René Surma<br />

„Eine Frage noch, Herr Surma …“<br />

NACHGEFRAGT<br />

René Surma ist seit 1. Juni Leiter<br />

der Abteilung Forschung und<br />

Entwicklung bei der WeserWind<br />

GmbH. Er hat auch die vielen<br />

Fachfragen beantwortet, die von<br />

den Mitgliedern des Arbeitsausschusses<br />

gestellt wurden, als sie<br />

sich der gigantischen Stahlstruktur<br />

gegenübersahen. Die spannendsten<br />

Fragen hat glück auf<br />

noch einmal gestellt:<br />

glück auf: Herr Surma, wie steht es<br />

eigentlich um den Korrosionsschutz<br />

des Tripods?<br />

René Surma: Der Korrosionsschutz<br />

wird nur außen aufgetragen. Die<br />

Struktur ist dafür mit einem entsprechenden<br />

Abrostungszuschlag<br />

ausgelegt und gefertigt, denn die<br />

jetzt verschlossenen Elemente<br />

werden beim späteren Einsatz von<br />

Wasser durchströmt. Diese Methode<br />

wird schon seit Jahrzehnten mit<br />

hinreichender Sicherheit im Hafenbau<br />

eingesetzt, sodass niemand ein<br />

Werksfoto<br />

René Surma, Leiter der Abteilung<br />

Forschung und Entwicklung<br />

plötzliches Versagen der Struktur<br />

infolge Korrosion befürchten muss.<br />

Allerdings muss vor allem die sogenannte<br />

„Splash Zone“ – der Bereich,<br />

der einem ständigen Wechsel<br />

von Luft und Wasser und vor<br />

allem spritzender Gischt ausgesetzt<br />

ist – sicher geschützt sein. Bei einigen<br />

bestehenden Anlagen hat sich<br />

in diesem Bereich nämlich innerhalb<br />

weniger Jahre ein erhebliches<br />

Korrosionsproblem eingestellt.<br />

Wie werden diese großen Strukturen eigentlich<br />

transportiert?<br />

Surma: Das ist in der Tat eine be-<br />

Foto: Christoph Edelhoff – BMU (Bundesministerium für Umwelt)<br />

trächtliche logistische Herausforderung.<br />

Immerhin sind für das<br />

Absenken der Struktur auf hoher<br />

See Kranschiffe notwendig, die in<br />

ihren Dimensionen nicht minder<br />

imposant sind als der Tripod. Und<br />

Erfahrungen mit dem Transport<br />

und Absenken solcher Giganten<br />

müssen erst noch gesammelt werden,<br />

da der Prototyp eben erst onshore<br />

gebaut wurde.<br />

Wie wird sich die Größe der Offshore-<br />

Windenergieanlagen entwickeln?<br />

Surma: Die 5-MW-Anlagen stellen<br />

bei Weitem nicht den Schluss einer<br />

Entwicklung dar, die vor vielen<br />

Jahren begann. Sicherlich wird<br />

sich die Leistung der Anlagen in einer<br />

nicht allzu fernen Zukunft im<br />

zweistelligen MW-Bereich bewegen<br />

– arbeitet man doch bei REpower<br />

bereits an einer 6-MW-Anlage. Und<br />

genauso sicher ist, dass die dann<br />

erforderlichen Strukturen noch gewaltiger<br />

sein müssen als der jetzige<br />

Tripod oder der Jacket-Prototyp.<br />

Vielen Dank für das Gespräch.

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