Glückauf - Windhoff Bahn
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Nachfrage<br />
ohne Ende<br />
Jahrestagung des IISI prognostiziert auch<br />
für das Jahr 2008 einen Aufwärtstrend.<br />
Die seit rund sechs Jahren andauernde gute Konjunktur in<br />
der internationalen Stahlindustrie wird sich auch 2008<br />
fortsetzen. Darin waren sich die rund 300 Top-Entscheider<br />
der internationalen Stahlindustrie auf der Jahrestagung des<br />
International Iron and Steel Institute (IISI) in Berlin einig.<br />
Der weltweite Stahlverbrauch steigt – in Deutschland allerdings<br />
weit weniger als etwa in den Schwellenländern wie<br />
China oder Indien. Insgesamt werden in diesem Jahr weltweit<br />
voraussichtlich 1,2 Milliarden Tonnen Stahl produziert<br />
– das ist ein Plus von 6,8 Prozent gegenüber 2006. Am stärksten<br />
stieg die Nachfrage in Brasilien, Russland, Indien und<br />
China, das inzwischen weltweit größter Stahlproduzent und<br />
Stahlverwender ist. Im laufenden Jahr werden nach Angaben<br />
des IISI bereits gut drei Viertel des weltweiten Nachfragezuwachses<br />
allein auf diese vier Länder fallen. Tendenz steigend.<br />
Deutschland profitiert von guter Konjunktur<br />
Wenn auch im internationalen Vergleich geringer, wächst<br />
doch die Stahlverwendung auch in Deutschland. Die Kunden<br />
der Stahlindustrie melden eine gute Auslastung. Die Rohstahlproduktion<br />
ist auf 48,6 Millionen Tonnen angewachsen,<br />
das entspricht einer Steigerung um 3 Prozent gegenüber<br />
dem Vorjahr. Damit verbucht die Stahlindustrie seit der<br />
Wiedervereinigung einen neuen Rekord. Die Branche kann<br />
deshalb auf ein erfolgreiches Jahr zurückblicken. Sie profitiert<br />
überdies von der außergewöhnlich guten Konjunktur<br />
der Stahl verarbeitenden Industrien, die zur wirtschaftlichen<br />
Erholung in Deutschland beitragen. Der allgemeine Maschinenbau,<br />
die Automobilindustrie und ihre Zulieferer sowie<br />
die Hersteller von Metallwaren konnten ihre Marktanteile<br />
deutlich steigern, was nicht zuletzt auf die Innovationskraft<br />
der Stahlunternehmen zurückzuführen ist.<br />
Gute Aussichten für 2008<br />
Für das Jahr 2008 prognostiziert Professor Dr. Dieter Ameling,<br />
Vorsitzender des Stahlinstituts VDEh und Präsident der<br />
Wirtschaftsvereinigung Stahl, noch einmal ein Nachfrageplus<br />
in Deutschland von 1,5 Prozent. Ein ähnlich hoher Anstieg<br />
der Rohstahlproduktion wird für die Europäische Union<br />
erwartet. So wird sich der Aufschwung fortsetzen, wenn<br />
auch nicht mit der gleichen Dynamik wie im Jahr 2007. Der<br />
Rückgang sei einerseits auf den Abbau der Lagerbestände zurückzuführen,<br />
andererseits habe der starke Euro eine bremsende<br />
Wirkung auf die Exporte in Drittländer, so Ameling.<br />
„Wir sind in Deutschland sicherlich an der Kapazitätsgrenze“,<br />
sagt Ameling über die aktuelle Produktionssituation<br />
der Branche. Die Auslastung liege bei 95 bis 98 Prozent. Der<br />
Bau neuer integrierter Stahlwerke in Deutschland sei aber<br />
schwierig, so der Verbandschef. Als Hintergrund dafür nennt<br />
er die EU-Feinstaubverordnung, weitere Umweltauflagen sowie<br />
zeitraubende Genehmigungsverfahren. Doch der anhaltende<br />
Boom hat auch eine Kehrseite: Nach einem moderaten<br />
Anstieg in diesem Jahr werden die wichtigen Rohstoffe wie<br />
Eisenerz und Stahlschrott 2008 erheblich teurer. Hinzu kommen<br />
insbesondere in Deutschland die auf hohem Niveau<br />
steigenden Energiepreise. Der europäische Emissionshandel<br />
tue ein Übriges dafür, dass im nicht-europäischen Ausland<br />
preiswerter produziert werden könne, erklärt Ameling.<br />
Aktive Beiträge für den Umweltschutz<br />
Dass auch die Stahlindustrie ihren Beitrag für einen effektiven<br />
Umweltschutz leistet, machen folgende Zahlen deutlich:<br />
So sind die CO 2-Emissionen bei der Stahlerzeugung in<br />
Deutschland in den letzten 40 Jahren von 2,4 Tonnen pro<br />
Tonne Rohstahl auf 1,3 Tonnen beinahe halbiert worden.<br />
Die spezifischen Staubemissionen wurden von 1960 bis 2006<br />
um 95 Prozent reduziert. Zudem verringerte sich der spezifische<br />
Primärenergieverbrauch bei der Rohstahlerzeugung<br />
von 1960 bis 2006 um 40,7 Prozent. Aber auch Produkte<br />
aus Stahl tragen dazu bei, die Belastung der Umwelt und<br />
des Klimas mit Treibhausgasen zu reduzieren: Automobiler<br />
Leichtbau mit Stählen höherer Festigkeit und modernen Fertigungsverfahren<br />
führt zu leichteren Karosserien. Stahl in Katalysatoren<br />
und Rußpartikelfiltern reinigt Abgase effizient.<br />
Zum Abschluss der Jahrestagung wurde deutlich: Die Stahlindustrie<br />
kann optimistisch in die Zukunft blicken. Allerdings<br />
muss Stahl seine vielfältigen Fähigkeiten voll ausspielen,<br />
um auch weiterhin als Werkstoff der Zukunft wahrgenommen<br />
zu werden.<br />
ikw<br />
HOLDING<br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
kennen Sie das auch? Sie lesen in einem<br />
Buch oder einer Zeitschrift einen Artikel<br />
und sagen: Genau so ist es! Das hätte<br />
von mir sein können!<br />
Mit folgendem Artikel von Hermann<br />
Simon, Chef der Unternehmensberatung<br />
Simon, Kucher & Partners, ist<br />
mir das so gegangen. Als gelernter<br />
Techniker bin ich – nicht erst während<br />
meines Berufslebens – zum Genau-<br />
Hingucker geworden. Ich mag keine<br />
ungeraden Linien, ich schätze keine<br />
Halbfertigkeiten, ich setze auf und<br />
schätze das Maß an Ordnung, das das<br />
Leben leichter macht. Aber was genau<br />
ist das richtige Maß? Darum geht es<br />
mir: Perfektion kann Kreativität abtöten<br />
– das ist keine neue Weisheit, aber eine<br />
Erfahrung, die ich im Lauf der letzten<br />
Jahre immer wieder gemacht habe.<br />
Übertriebene Perfektion in Situationen,<br />
die ihr Potenzial erst in der Großzügigkeit<br />
und Toleranz zeigen, oder Pedanterie<br />
und Haarspalterei als Machtinstrument<br />
eingesetzt, können Initiative und<br />
Engagement bremsen oder gar ganz<br />
töten. Und so möchte ich Ihnen emp-<br />
LEITARTIKEL<br />
Nobody is perfect<br />
Perfektion tötet Inspiration<br />
Jeder Chef sollte für weniger,<br />
nicht für mehr Organisation<br />
kämpfen.<br />
VON HERMANN SIMON<br />
IN MEINEN JÜNGEREN JAHREN NEIGTE ICH DAZU, scheinbar perfekt<br />
organisierte Unternehmen zu bewundern. Man wusste<br />
genau, wer für was zuständig war. Prozesse liefen reibungslos.<br />
Sitzungen waren minutiös vorbereitet, und Zeiten wurden<br />
präzise eingehalten.<br />
Heute betrachte ich Unternehmen, die so viel Wert auf die<br />
Ordnung der Dinge legen, mit großer Skepsis. Denn über die<br />
Jahrzehnte musste ich immer wieder erfahren, dass eine perfekte<br />
Organisation in Wirklichkeit vor allem Bürokratie, Inflexibilität,<br />
hohe Kosten und, am schlimmsten, Erstickung von<br />
Unternehmertum bedeutet. Mehr denn je wundere ich mich<br />
über die Bewunderung, die Max Weber für Organisation und<br />
Bürokratie, am reinsten verwirklicht in der staatlichen Verwaltung,<br />
hegte.<br />
Die meisten Firmen haben nicht zu wenig, sondern zu viel<br />
Organisation, und vor allem zu viel Zentralisation. Irgendwie<br />
ist aus den Köpfen die Vorstellung nicht herauszubekommen,<br />
die Zentrale sei intelligenter als die Untergliederungen. Auf<br />
dieses Stereotyp trifft man in der Politik, wo Brüssel sich für<br />
klüger hält als das einzelne EU-Mitglied und Berlin meint,<br />
schlauer zu sein als die Bundesländer. Genauso glauben die<br />
Leute in den Unternehmenszentralen besser zu wissen, was<br />
richtig ist, als die Manager in den dezentralen Einheiten.<br />
Eher selten trifft man auf Abweichungen von diesem Muster.<br />
In der Politik ist die Schweiz eines der wenigen Beispiele,<br />
in denen das Subsidiaritätsprinzip wirklich ernst genommen<br />
wird. Sei es, dass die Kantone entscheiden oder das Volk per<br />
Abstimmung.<br />
IN DER WIRTSCHAFT finde ich solche Abweichungen vom<br />
zentralistischen Ordnungsprinzip überraschenderweise bei<br />
Private-Equity-Investoren, die den Führungskräften der<br />
erworbenen Unternehmen oft erstaunliche Freiräume lassen.<br />
Aber auch erfolgreiche Mittelständler taugen häufig als Beispiele<br />
für konsequente Dezentralisierung. So hat die Körber-<br />
Gruppe, deren bekanntestes Unternehmen der Tabakmaschinen-Weltmarktführer<br />
Hauni ist, einen kleinen Konzern mit<br />
zahlreichen Weltmarktführern geschmiedet, die rechtlich<br />
selbstständig sind und mit hohen Freiheitsgraden operieren.<br />
Erstaunlich viele Hidden Champions folgen diesem Muster,<br />
wenn sie in neue Geschäfte eintreten. Beispiele sind Weltmarktführer<br />
wie Plansee bei Hochleistungswerkstoffen, IBG<br />
glück auf · 4/2007 ........... 3<br />
Werksfoto<br />
fehlen, den folgenden Artikel einmal<br />
aufmerksam durchzulesen. Nicht, damit<br />
Sie – ebenso wie ich – jeden Satz unterschreiben.<br />
Aber damit Sie ein wenig<br />
nachvollziehen können, wie ich mir<br />
die Führung der Georgsmarienhütte<br />
Unternehmensgruppe und die Kultur,<br />
die darin herrschen soll, vorstelle und<br />
wie ich sie von allen unseren Mitarbeitern<br />
verstanden wissen möchte. Wohl<br />
gemerkt: Ich rede nicht Schludrigkeiten<br />
das Wort: So haben Kunden Anspruch<br />
auf Spitzenqualität, Lieferanten auf<br />
pünktliche Zahlung, Mitarbeiter auf<br />
einen fairen Umgang und ein angemessenes<br />
Entgelt, es gäbe viele weitere Beispiele.<br />
Aber: Die schönste Power-Point-<br />
Präsentation, die genaueste Tabelle<br />
und das exakteste Datenblatt nützen<br />
gar nichts, wenn ein Unternehmen in<br />
Organisation und Perfektionismus zu<br />
ersticken droht. Man muss nicht alles<br />
regeln, damit der Mitarbeiter erfolgreich<br />
das tun kann, wofür er – auch<br />
und gerade bei uns – bezahlt wird: Für<br />
das selbstständige und kreative Mitdenken<br />
bei seiner täglichen Arbeit – für<br />
unseren gemeinsamen Erfolg.<br />
Ich hoffe, die Gedankenwelt von<br />
Hermann Simon inspiriert Sie wie<br />
mich, mit Kreativität, Engagement und<br />
Leistungsbereitschaft immer besser zu<br />
werden.<br />
Ihnen allen wünsche ich besinnliche<br />
und frohe Weihnachtstage mit Ihren<br />
Familien und uns allen ein gesundes<br />
und erfolgreiches neues Jahr.<br />
<strong>Glückauf</strong><br />
in der Schweißtechnik oder Hoerbiger in der Kompressorund<br />
Antriebstechnik. Alle diese Firmen operieren in Dutzenden<br />
von weitgehend autonomen Einheiten, die klein sind und<br />
eher Schnellbooten gleichen als den schwerfälligen Tankern<br />
der Großkonzerne. Entscheidend bei dieser Dezentralisation<br />
ist, dass sich die unternehmerische Energie der Führungskräfte<br />
frei entfalten kann.<br />
Auch in Konzernen gibt es viele Versuche, vor Ort entscheiden<br />
zu lassen. Aber immer noch kann als typisch gelten, was<br />
mir kürzlich ein junger Manager aus einem deutschen Großunternehmen<br />
gesagt hat: „Bei uns wird mit zwei Methoden<br />
geführt, nämlich mit Angst und mit Controlling.“ Dass da die<br />
unternehmerische Energie keine Funken mehr schlagen kann,<br />
versteht sich.<br />
NATÜRLICH HAT DIE DEZENTRALISIERUNG eine Spiegelseite,<br />
ohne die sie nicht funktioniert. Diese heißt Verantwortung<br />
oder Rechenschaft. Managementvordenker Tom Peters nennt<br />
diese Polarität „Decentralization and Accountability“. Dezentralisierung<br />
bedeutet, dass ich, statt den Prozess vorzuschreiben<br />
beziehungsweise ständig in diesen einzugreifen, die<br />
Ergebnisse prüfe – und dann entsprechend reagiere. Wichtig<br />
ist in jedem Fall, dass die Reaktion konsequent erfolgt. Wenn<br />
wirksame Sanktionen gegen Versager zu lange auf sich warten<br />
lassen, kann der Schaden groß sein.<br />
Umgekehrt liefert zu viel Zentralisation den Versagern willkommene<br />
Argumente, dass es nicht an ihnen liegt – teilweise<br />
trifft das sogar zu. Wie oft habe ich von Führungskräften<br />
gehört, dass sie ihre Einheit ganz anders führen würden, wenn<br />
sie nur dürften. Und wie oft habe ich erlebt, dass eine Geschäftseinheit<br />
aufblüht, wenn sie aus dem Konzernverbund<br />
herausgenommen und den bisherigen Führungskräften überlassen<br />
wird. Kann es einen überzeugenderen Beleg für Überorganisation<br />
geben?<br />
Ein weiteres Argument für weniger Organisation resultiert<br />
aus der Verschiebung zur Wissensarbeit. Je intelligenter die<br />
Mitarbeiter sind, desto weniger Organisation brauchen sie –<br />
und umgekehrt.<br />
Hüten Sie sich also davor, jedes Ein-Prozent-Problem mit einer<br />
Hundert-Prozent-Regel zu bekämpfen. Es ist effizienter<br />
und billiger, gewisse Fehler durchgehen zu lassen als alles perfekt<br />
kontrollieren zu wollen. Eine kluge Regel besteht darin,<br />
eine neue Vorschrift nur zu akzeptieren, wenn gleichzeitig eine<br />
alte abgeschafft wird. Würden unsere Politiker dieses simple<br />
Prinzip beherzigen, dann wäre manches einfacher.<br />
Und geben Sie nicht allen Forderungen Ihrer Mitarbeiter<br />
nach mehr Organisation nach. Ich jedenfalls sehe eine<br />
wichtige Rolle des Chefs darin, eher für weniger als für mehr<br />
Organisation zu kämpfen. ◆<br />
Professor Dr. Hermann Simon ist Chairman der Unternehmensberatung Simon,<br />
Kucher & Partners.