19.11.2018 Aufrufe

ZAP-2018-22

  • Keine Tags gefunden...

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Internetreport<br />

<strong>ZAP</strong><br />

dieser binnen 14 Tagen sein Widerrufsrecht in<br />

Textform ausüben kann. Der Kläger fuhr das<br />

Elektromobil ca. drei Wochen, insgesamt 33,5 km,<br />

erklärte sodann den Widerruf seiner Vertragserklärung<br />

und gab den Kaufgegenstand dem Beklagten<br />

mit Kratzern und verdreckt zurück. Das<br />

AG Dülmen sah den Widerruf als rechtzeitig an,<br />

da der Beklagte den Kläger falsch belehrt hatte.<br />

Der Widerruf ist nach § 355 Abs. 1 S. 3 BGB durch<br />

eindeutige Erklärung möglich, z.B. auch telefonisch.<br />

Die Belehrung „in Textform“ war zu eng<br />

und damit falsch. Insofern bestand nach § 356<br />

Abs. 3 BGB eine Widerrufsfrist von einem Jahr<br />

und 14 Tagen. Auch einen Wertersatzanspruch<br />

des Beklagten konnte das Gericht wegen der<br />

fehlerhaften Widerrufsbelehrung nicht berücksichtigen<br />

(§ 357 Abs. 7 Nr. 2 BGB). Bei ordnungsgemäßer<br />

Belehrung wäre der Widerruf des Klägers<br />

hingegen verfristet gewesen. Selbst wenn<br />

der Kläger innerhalb der 14 Tagesfrist widerrufen<br />

hätte, wäre der Beklagte im Falle einer ordnungsgemäßen<br />

Belehrung mit seinem Wertersatzanspruch<br />

durchgekommen. Denn für das Testen des<br />

Elektromobils hätte der Kläger keine 33,5 km<br />

fahren und Kratzer verursachen müssen. Das liegt<br />

jenseits des zur Prüfung der Beschaffenheit, der<br />

Eigenschaften und der Funktionsweise erforderlichen<br />

Gebrauchs der Sache.<br />

Widerrufsrecht: Einkäufe auf Messen<br />

„außerhalb von Geschäftsräumen“<br />

Über diese Fragestellung hatte der EuGH im Wege<br />

eines Vorlageersuchens in seinem Urteil (v.<br />

7.8.<strong>2018</strong> – C-485/17) zu entscheiden. Der EuGH<br />

verwies an das nationale Gericht zurück, das nun<br />

die Sachverhaltsumstände unter Berücksichtigung<br />

der Vorgaben des EuGH näher aufklären muss. In<br />

seinen Vorgaben äußerte sich der EuGH dahingehend,<br />

dass für die Frage, ob ein Messestand<br />

unter den Begriff „Geschäftsräume“ zu subsumieren<br />

sei, das konkrete Erscheinungsbild dieses<br />

Stands aus Sicht der Öffentlichkeit zu berücksichtigen<br />

sei. Es sei konkret zu betrachten, ob sich<br />

der Messestand in den Augen eines Durchschnittsverbrauchers<br />

als ein Ort darstellt, an dem der<br />

Unternehmer, der ihn inne hat, seine Tätigkeiten,<br />

einschließlich saisonaler, für gewöhnlich ausübt, so<br />

dass ein solcher Verbraucher vernünftigerweise<br />

damit rechnen kann, dass er, wenn er sich dorthin<br />

begibt, zu kommerziellen Zwecken angesprochen<br />

wird. Bei der Beurteilung der Sicht des Durchschnittsverbrauchers<br />

sei auf den normal informierten,<br />

angemessen aufmerksamen und verständigen<br />

Verbraucher abzustellen. Ob sich insofern<br />

der im konkreten Fall betroffene Messestand als<br />

ein Geschäftsraum darstellt, muss nun das nationale<br />

Gericht entscheiden. Die Dauer der jeweiligen<br />

Messe sei im Übrigen nicht entscheidend. Diese<br />

Ausführungen entscheiden den konkreten Fall<br />

nicht, sondern geben lediglich Anhaltspunkte, die<br />

das nationale Gericht bei seiner Entscheidung zugrunde<br />

legen muss. Es bleibt damit weiterhin<br />

abzuwarten, ob der konkret betroffene Messestand<br />

(hier: ein solcher auf der „Grünen Woche“ in<br />

Berlin) als Geschäftsraum zu qualifizieren ist.<br />

Widerrufsrecht: Abgrenzung „Noch-<br />

Verbraucher“ vs. „Schon-Unternehmer“<br />

Abgrenzungsfragen zwischen einem „Noch-Verbraucher“<br />

und einem „Schon-Unternehmer“ sind<br />

regelmäßig Gegenstand gerichtlicher Verfahren.<br />

Fall 1: Das LG Bonn (Urt. v. 20.3.<strong>2018</strong> – 8 S 200/17)<br />

hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, wann ein<br />

Existenzgründer zum Unternehmer wird. Es ging<br />

sozusagen um die „Geburtsstunde“ der Unternehmer-Eigenschaft.<br />

Im konkreten Fall hatte die<br />

Beklagte einen Vertrag über einen entgeltlichen<br />

Eintrag in ein Branchenverzeichnis geschlossen<br />

und diesen später nach den fernabsatzrechtlichen<br />

Vorschriften zu widerrufen versucht. Das LG Bonn<br />

erläuterte unter Hinweis auf die BGH-Rechtsprechung,<br />

dass es für die Abgrenzung zwischen einem<br />

„Noch-Verbraucher“ und einem „Schon-Unternehmer“<br />

darauf ankommt, ob die getroffene Maßnahme<br />

noch Bestandteil der Existenzgründung<br />

selbst ist, sich also in deren Vorfeld bewegt, oder<br />

ob die grundsätzliche Entscheidung für die Existenzgründung<br />

bereits getroffen worden war. Im<br />

konkreten Fall ging das Gericht davon aus, dass<br />

es sich nicht mehr um eine Vorfeldtätigkeit<br />

handelte. Aus der Tatsache, dass die Beklagte<br />

bereits für ihr bestehendes Unternehmen mit Sitz<br />

und Kommunikationsdaten Werbung betrieb, ergibt<br />

sich, dass die Entscheidung zur Existenzgründung<br />

längst getroffen worden war. Ein Widerruf<br />

des Vertrags kam daher nicht in Frage. Fall<br />

2: Um diese Fragestellung ging es auch in einem<br />

von dem AG Kassel (Urt. v. 2.5.<strong>2018</strong> – 435 C 419/18)<br />

zu entscheidenden Sachverhalt. Der dortige eBay-<br />

Verkäufer hatte über einen längeren Zeitraum<br />

zwischen 17 und 25 Produkten pro Monat veräußert.<br />

Ferner waren die von ihm veräußerten<br />

Waren nur einem bestimmten Produkt-Segment<br />

zuzuordnen. Das Gericht entschied, dass aufgrund<br />

der objektiven Sachlage (längerer Zeitraum, 17–<br />

25 Produkte pro Monat, 1-Produkt-Segment) von<br />

1144 <strong>ZAP</strong> Nr. <strong>22</strong> 21.11.<strong>2018</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!