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ZAP-2018-22

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Fach 9, Seite 1072<br />

Haftungsverteilung<br />

Straßenverkehrsrecht<br />

solchen Fällen nach allen Regelungen der Forderungsübergang nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers/Geschädigten<br />

geltend gemacht werden kann (z.B. § 86 Abs. 1 S. 2 VVG). Insoweit spricht man<br />

vom Quotenvorrecht des Geschädigten (für Kaskoversicherung: BGHZ 13, 28, 29; BGHZ 82, 338, 340; für<br />

Leistungen nach dem Beamtengesetz: BGHZ <strong>22</strong>, 136, 138; BGH VersR 1967, 902).<br />

Beispiel:<br />

Hat der Geschädigte bei einem Verkehrsunfall einen Fahrzeugschaden von 10.000 € erlitten und hat ihm<br />

seine Kaskoversicherung 6.000 € ersetzt, kann er von dem Schädiger die übrigen 4.000 € verlangen,<br />

wenn dieser zu 40 % haftet; haftet der Schädiger zu 20 %, kann der Geschädigte 2.000 € verlangen. In<br />

beiden Fällen hat kein Anspruchsübergang auf den Kaskoversicherer stattgefunden. Haftet der Schädiger<br />

zu 60 %, kann der Geschädigte von ihm seinen Restschaden i.H.v. 4.000 € verlangen, während i.H.v.<br />

2.000 € der Schadensersatzanspruch gem. § 86 VVG auf den Kaskoversicherer übergegangen ist.<br />

Das Quotenvorrecht bezieht sich aber nur auf die sog. kongruenten Schadenspositionen, d.h.<br />

diejenigen, für die der Dritte bzw. die jeweilige Versicherung einstandspflichtig ist (BGHZ 25, 340, 342,<br />

180; BGHZ 82, 338, 340; OLG Celle NZV 2011, 505; vgl. auch BGH NJW 2010, 677 für Fahrzeugvermietung).<br />

In der Kaskoversicherung fallen unter die kongruenten Schäden: Reparaturkosten, Minderwert, Sachverständigenkosten,<br />

Abschleppkosten, Umbaukosten und Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert.<br />

Inkongruente Schäden sind dagegen: Nutzungsausfall, Mietwagenkosten, Unkostenpauschale, Anwaltskosten,<br />

Ummeldekosten, Schadensfreiheitsrabatt, Prämiennachteile aus der Hochstufung der<br />

Kaskoversicherung, Behandlungskosten und Schmerzensgeld.<br />

Beispiel:<br />

Hat z.B. A bei einem Verkehrsunfall einen Schaden von 10.000 € erlitten (Reparaturkosten: 5.000 €, Wertminderung:<br />

500 €, SV-Kosten: 500 €; Mietwagenkosten: 1.000 €; Schmerzensgeld: 3.000 €), wobei ihm sein<br />

Kaskoversicherer auf Reparaturkosten, Wertminderung und SV-Kosten 5.000 € bezahlt hat, kann A bei einem<br />

Mitverschulden von 50 % von seinem Unfallgegner noch 3.000 € verlangen, nämlich 1.000 € auf Reparaturkosten,<br />

Wertminderung und SV-Kosten sowie 500 € Mietwagenkosten und 1.500 € Schmerzensgeld.<br />

Praxishinweis:<br />

Um Nachteile für den Mandanten zu vermeiden, muss der Anwalt ihn stets nach einer Kfz-Schadensmeldung<br />

bei seinem Kaskoversicherer und nach etwaigen Versicherungsleistungen fragen. Im Falle einer Zahlung sollten<br />

die einzelnen Schadenspositionen – wie in einer Checkliste – nach Kongruenz und Inkongruenz getrennt<br />

aufgeführt werden. Nach Berücksichtigung des Mitverursachungsanteils des Mandanten darf die Zahlung des<br />

Kaskoversicherers nur den kongruenten Schadenspositionen, und zwar zunächst nur dem Haftungsanteil<br />

(Eigenschaden) des Mandanten, zugeordnet werden. Erst eine überschießende Zahlung des Versicherers ist<br />

dem Geschädigten anzurechnen, allerdings nur auf die kongruenten Schadenspositionen. Im Hinblick auf die<br />

inkongruenten Schadenspositionen kommt also eine Anrechnung der Leistung des Kaskoversicherers niemals<br />

in Betracht.<br />

Besonders liegt es, wenn der durch einen Verkehrsunfall Geschädigte mit dem angehörigen Schädiger in<br />

häuslicher Gemeinschaft lebt. Dann ist er gegenüber dem Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer<br />

grundsätzlich auch insoweit aktivlegitimiert, als er Schadensersatzleistungen verlangt, die mit den ihm<br />

vom Sozialversicherungsträger zu erbringenden Sozialleistungen kongruent sind. Ein Verlust der<br />

Aktivlegitimation durch Übergang seiner diesbezüglichen Forderung auf den Sozialversicherungsträger<br />

gem. § 116 Abs. 1 S. 1 SGB X ist aufgrund des Familienprivilegs des § 116 Abs. 6 S. 1 SGB X ausgeschlossen.<br />

Eine Übertragung des Regelungsinhalts des § 83 Abs. 3 VVG auf § 116 Abs. 6 SGB X im Wege der<br />

Auslegung oder Analogie ist ausgeschlossen (BGH NJW <strong>2018</strong>, 1242 Rn 11 ff.). Zur Rechtsfolge bei<br />

Unfallverursachung auch durch einen Fremdschädiger s. oben unter III. 4. a).<br />

1172 <strong>ZAP</strong> Nr. <strong>22</strong> 21.11.<strong>2018</strong>

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