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ZAP-2018-22

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Fach 21, Seite 316<br />

Ausbleiben des Angeklagten<br />

Strafsachen/Ordnungswidrigkeiten<br />

DAR 2016, 595; OLG Jena, Beschl. v. 30.6.2009 – 1 Ss 78/09; OLG Karlsruhe StraFo 2010, 494; OLG<br />

Schleswig SchlHA 2011, 311 [Dö/Dr]; OLG Stuttgart zfs 2007, 654; DAR 2014, 100 m. Anm. HILLENBRAND;<br />

VRR 2014, 35; OLG Zweibrücken NZV 2011, 97; VA 2008, 198; LG Wuppertal zfs 2014, 653), und zwar<br />

auch bei einem Jugendlichen (OLG Frankfurt a.a.O.);<br />

• wenn der Betroffene nur über die Funktionsweise von Messgeräten („schulmeisterlich“) belehrt<br />

werden soll (OLG Frankfurt NStZ-RR 2011, 350);<br />

• nur weil das Gericht eine Verfahrensverbindung vornehmen will (OLG Bamberg VRR 2011, 472);<br />

• weil das AG in der Hauptverhandlung einen rechtlichen Hinweis erteilen will (OLG Karlsruhe zfs 2013, 653);<br />

• allein deshalb, weil (theoretisch) der Betroffene seinen Entschluss zum Schweigen in der Hauptverhandlung<br />

überdenken könnte (KG NStZ 2011, 584; NStZ-RR 2007, 184; OLG Düsseldorf VRR 2013,<br />

158 m. Anm. BURHOFF; OLG Koblenz NZV 2007, 587; ähnl. für bloße Spekulationen OLG Karlsruhe StRR<br />

2012, 283 [Ls.]; OLG Köln NZV 2013, 50; OLG Naumburg StraFo 2007, 207; OLG Stuttgart DAR 2014, 100<br />

m. Anm. HILLENBRAND VRR 2014, 35);<br />

• um die wirtschaftlichen Verhältnisse aufzuklären (OLG Frankfurt NZV 2012, 192; zfs 2012, 291; OLG<br />

Karlsruhe VRR 2012, 177; ähnlich OLG Bamberg NZV 2013, 612; s. aber, wenn eine deutliche Erhöhung<br />

der Regelgeldbuße in Betracht zu ziehen ist, BayObLG NJW 1999, <strong>22</strong>92; OLG Hamm, Beschl. v. 3.8.2009<br />

– 3 Ss OWi 348/09);<br />

• weil ggf. von einem Zeugen in Anwesenheit des Betroffenen zuverlässigere Angaben zu erwarten<br />

wären (OLG Bamberg zfs 2006, 413);<br />

• weil das Gericht dem Betroffenen Gelegenheit gegeben will, „seine Entscheidung zu überdenken“<br />

(OLG Stuttgart DAR 2005, 542; a.A. GÖHLER/SEITZ/BAUER, § 73 Rn 8).<br />

d) Zumutbarkeit des Erscheinens<br />

Dem Betroffenen muss das Erscheinen auch zumutbar sein (KG zfs 1999, 536; vgl. dazu bei großer<br />

Entfernung aber OLG Köln NJW 2002, 3791). Das ist der Fall, wenn die Sache nicht geringfügig ist und der<br />

Betroffene in der Nähe des Gerichts wohnt oder sich dort aufhält (GÖHLER/SEITZ/BAUER, § 73 Rn 8). Ist die<br />

Anwesenheit des Betroffenen zur Aufklärung des Sachverhalts nicht notwendig und handelt es sich um<br />

eine geringfügige OWi (Geldbuße bis zu 100 €), so wird, auch wenn der Betroffene in der Nähe des<br />

Gerichts wohnt, das Erscheinen i.d.R. nicht zumutbar sein. Das gilt erst recht, wenn der Betroffene seinen<br />

Wohnort weit entfernt vom Gerichtsort hat (BayObLG NJW 1997, 3455 [Ls]; vgl. aber BayObLG StraFo 1998,<br />

315 [zum alten Recht; persönliches Erscheinen erforderlich zum Zwecke der Identifizierung]).<br />

e) Formulierung des Entbindungsantrags<br />

aa) Unmissverständliche Formulierung<br />

Der Verteidiger muss auf die Formulierung des Antrags große Sorgfalt verwenden. Der Antrag nach<br />

§ 73 Abs. 2 OWiG muss zwar nicht als solcher formuliert sein und es genügt, wenn der Betroffene zum<br />

Ausdruck bringt, von der Pflicht zum Erscheinen in der Hauptverhandlung befreit werden zu wollen<br />

(OLG Brandenburg zfs <strong>2018</strong>, 50; GÖHLER/SEITZ/BAUER, OWiG, § 73 Rn 4). Der Betroffene ist aber – so die<br />

obergerichtliche Rechtsprechung – verpflichtet, einen Sachverhalt vorzutragen, der geeignet ist, sein<br />

Ausbleiben zu entschuldigen (vgl. OLG Bamberg VRR 2009, 231 m. Anm. GIEG; OLG Oldenburg NStZ<br />

2010, 458). Nach Auffassung des OLG Düsseldorf (VRR 2007, 192) reicht es zur Begründung des Antrags,<br />

von der Anwesenheit des Betroffenen in der Hauptverhandlung zu dessen Identifizierung abzusehen,<br />

daher nicht, wenn er bei einem durch ein Lichtbild erfassten Verkehrsverstoß lediglich vorträgt, dass er<br />

„nicht bestreitet“, zum Tatzeitpunkt der Fahrer des Fahrzeugs gewesen zu sein. Der Entbindungsantrag<br />

ist auch abzugrenzen vom Antrag auf Terminsverlegung (OLG Hamm VRS 108, 274).<br />

Hinweis:<br />

Der Verteidiger muss darauf achten, dass ein Entbindungsantrag unmissverständlich formuliert ist. Ist/<br />

war das nicht der Fall und führt das zu Nachfragen des AG, obliegt dem Betroffenen eine Mitwirkungspflicht.<br />

Er muss daher, wenn sich aus der Nachfrage des Gerichts ergibt, dass dieses ein missverständlich<br />

formuliertes Schreiben des Betroffenen anders als von diesem gewollt nicht als Entbindungsantrag auslegt,<br />

das Missverständnis aufklären. Tut er das nicht, muss er sich an dem Erklärungsgehalt, den das Gericht<br />

dem Schreiben beimisst, festhalten lassen (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 16.12.2014 – 1 (8) SsRs 662/14).<br />

1192 <strong>ZAP</strong> Nr. <strong>22</strong> 21.11.<strong>2018</strong>

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