ZAP-2018-22
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Verfassungsrecht/Verwaltungsrecht Fach 19 R, Seite 483<br />
Rechtsprechungsübersicht – 1. Hj. <strong>2018</strong><br />
Gemeinde gem. § 12 Abs. 3 S. 2 BauGB nicht an die Festsetzungen nach § 9 BauGB und nach der aufgrund<br />
von § 9a BauGB erlassenen Baunutzungsverordnung gebunden. Ein wesentlicher Unterschied zum<br />
qualifizierten Bebauungsplan liege deshalb gerade in der gestalterischen Breite des vorhabenbezogenen<br />
Bebauungsplans (BUSSE, in: SPANNOWSKY/UECHTRITZ, BauGB, 3. Aufl. <strong>2018</strong>, § 12 Rn 3). Es stehe deshalb außer<br />
Frage, dass der vorhabenbezogene Bebauungsplan auch die Festsetzung von Lärmemissionskontingenten<br />
gestatte, wenn dies im Sinne einer geordneten städtebaulichen Entwicklung und Ordnung (§ 1<br />
Abs. 3 S. 1 BauGB) zur Beschreibung des Vorhabens erforderlich sei.<br />
2. Prägung der näheren Umgebung i.S.d. § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB durch verwirklichte Bebauung<br />
Nach § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB ist innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ein Vorhaben<br />
zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche,<br />
die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung<br />
gesichert ist. Das BVerwG hebt durch seinen Beschluss vom 27.3.<strong>2018</strong> (4 B 60.17, ZfBR <strong>2018</strong>, 479 f.)<br />
hervor, dass der die nähere Umgebung i.S.v. § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB bildende Bereich so weit reiche, wie<br />
sich die Ausführung des zur Genehmigung gestellten Vorhabens auswirken könne und wie die<br />
Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks präge oder doch beeinflusse,<br />
wobei auf das abzustellen sei, was in der Umgebung tatsächlich vorhanden sei. Hierzu könne auch eine<br />
bereits verwirklichte Bebauung in einem durch (einfachen, vorhabenbezogenen oder qualifizierten)<br />
Bebauungsplan überplanten Gebiet gehören.<br />
IV. Informationsfreiheitsrecht<br />
Informationsansprüche des Insolvenzverwalters, die der Prüfung von Insolvenzanfechtungsansprüchen<br />
dienen sollen<br />
Im vorliegenden Verfahren hat der Insovenzverwalter steuerliche Auskünfte von dem für die<br />
Insolvenzschuldnerin zuständigen Finanzamt begehrt. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage,<br />
ob der Informationsanspruch nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG; hier: § 4 Abs. 1 IFG NRW)<br />
durch die Subsidiaritätsklausel (hier: § 4 Abs. 2 S. 1 IFG NRW) ausgeschlossen ist. Dies gilt vornehmlich<br />
durch die das Steuergeheimnis wahrenden Regelungen des § 30 Abs. 4–6 AO. Das BVerwG hat durch<br />
sein Urteil vom 26.4.<strong>2018</strong> (7 C 3.16) lediglich eine eingeschränkte Reichweite des Regelungskonzepts<br />
der Abgabenordnung angenommen. Denn der Insolvenzverwalter mache den Informationsanspruch<br />
nicht gem. § 80 Abs. 1 InsO und § 34 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 AO an der Stelle des Insolvenzschuldners im<br />
Rahmen eines bestehenden Steuerrechtsverhältnisses geltend. Vielmehr ziele der Informationszugang<br />
auf die Prüfung von Anfechtungsansprüchen nach §§ 129 ff. InsO. Die Angaben seien nicht<br />
für die materiell-rechtlichen Steueransprüche, sondern in erster Linie für die insolvenzrechtlich<br />
relevanten Zahlungsflüsse als ggf. anfechtbare Rechtshandlungen i.S.v. § 129 Abs. 1 InsO von Interesse.<br />
Der gegen das Finanzamt gerichtete Anspruch des Insolvenzverwalters auf Rückgewähr insolvenzrechtlich<br />
angefochtener Leistungen zähle folglich nicht zu den Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis<br />
(BFHE 238, 325 Rn 8 f.; BGH, NZI 2016, 86 Rn 23 m.w.N.). Die Insolvenzanfechtung führe<br />
lediglich zur Unwirksamkeit der die Gläubiger benachteiligenden Rechtshandlung, jedoch nicht zur<br />
Unwirksamkeit der dieser zugrunde liegenden Verpflichtung. Vielmehr bleibe der Rechtsgrund einer<br />
angefochtenen Leistung – hier die steuerlichen Ansprüche – von der Insolvenzanfechtung unberührt.<br />
Der Anfechtungsgegner müsse die ihm vom Insolvenzschuldner erbrachte Leistung zurückgewähren,<br />
behalte aber seine zunächst erfüllte, nunmehr wieder offene Forderung (§ 144 Abs. 1 InsO), die er zur<br />
Insolvenztabelle anmelden könne.<br />
V. Öffentliches Dienstrecht<br />
1. Streikverbot für Beamte<br />
Im Arbeitsrecht gilt das Streikrecht der Arbeitnehmer als Ausdruck der Waffengleichheit zwischen<br />
Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Maßgebliche – den Streik rechtfertigende – Verfassungsnorm ist Art. 9<br />
Abs. 3 GG. Das Grundrecht aus Art. 9 Abs. 3 GG ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet und<br />
umfasst auch die Koalition als solche und ihr Recht, durch spezifisch koalitionsgemäße Betätigung die in<br />
Art. 9 Abs. 3 GG genannten Zwecke zu verfolgen, nämlich die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zu<br />
<strong>ZAP</strong> Nr. <strong>22</strong> 21.11.<strong>2018</strong> 1177