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ZAP-2018-22

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Verfassungsrecht/Verwaltungsrecht Fach 19 R, Seite 491<br />

Rechtsprechungsübersicht – 1. Hj. <strong>2018</strong><br />

symptome richtig gedeutet hat, ist unerheblich (vgl. BVerwGE 80, 282, 285, BVerwG NVwZ-RR 1994,<br />

442, 444). Hierbei hängt es von den Umständen des Einzelfalls ab, ob der Prüfling seinen<br />

Sorgfaltspflichten nicht genügt, wenn er Symptome, die auf eine Beeinträchtigung seiner Leistungsfähigkeit<br />

hindeuten, nicht mit ärztlicher Hilfe klärt und sich der Prüfung unterzieht (so BVerwG<br />

Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 401 S. 44).<br />

Das BVerwG hat in seinem Beschluss vom 25.1.<strong>2018</strong> (6 B 36.17) herausgestellt, dass es für die Angabe<br />

des Rücktrittsgrunds nicht darauf ankomme, ob es sich um eine – zum Zeitpunkt der Prüfung –<br />

unerkannte Erkrankung handele, aufgrund derer der Prüfling die Prüfungsunfähigkeit herleiten<br />

möchte, oder aber um eine bereits bekannte Erkrankung, die unerkannt zur Prüfungsunfähigkeit<br />

geführt haben solle. Entscheidend sei am Maßstab des Gebots der Chancengleichheit nach Art. 3 Abs. 1<br />

i.V.m. Art. 12 Abs. 1 GG, dass die Rücktrittsanzeige die von der Prüfungsbehörde geforderte<br />

Überprüfung ermögliche. Dabei obliege es der Würdigung des Einzelfalls, ob eine Rücktrittserklärung<br />

den Anforderungen genüge.<br />

X. Verwaltungsprozessrecht<br />

1. Allgemeine Lebenserfahrung und Beweiswürdigung<br />

Die richterliche Beweiswürdigung weist viele Facetten auf. Der Bogen spannt sich von der Würdigung<br />

einzelner Beweismittel bis hin zum Anscheinsbeweis. Das BVerwG widmet sich in seinem Beschluss<br />

vom 31.1.<strong>2018</strong> (9 B 11.17) der allgemeinen Lebenserfahrung und ordnet diese in das Spektrum möglicher<br />

Beweiswürdigung ein. Danach beschreibt der Topos der allgemeinen Lebenserfahrung die Wahrscheinlichkeit<br />

bestimmter Tatsachen einschließlich ihrer Ursachen- und Wirkungszusammenhänge.<br />

Diese Wahrscheinlichkeit könne sich so stark verdichten, dass Erfahrungssätze nicht nur auf eine<br />

bestimmte Tatsachenfeststellung hinführten, sondern – wenngleich sie weder zu einer Umkehr der<br />

Beweislast führten noch das Gericht von der Pflicht zur Amtsermittlung entbänden – selbst zum<br />

Maßstab richterlicher Überzeugung würden. Die allgemeine Lebenserfahrung sei mit dem typischen<br />

Geschehensablauf identisch.<br />

2. Einreichung eines Rechtsmittels bei einem unzuständigen Gericht<br />

Nicht selten kommt es in der gerichtlichen Praxis vor, dass eine fristgebundene Klage oder ein<br />

Rechtsmittel beim unzuständigen Gericht eingereicht wird. Die Einreichung eines Rechtsmittels bei<br />

einem unzuständigen Gericht wahrt nicht die Fristen im Rechtsmittelverfahren. Dieses ist nicht<br />

verpflichtet, die Partei oder ihren Prozessbevollmächtigten auf seine Unzuständigkeit hinzuweisen.<br />

Jedoch hat das Gericht jedenfalls dann, wenn es bereits mit der Sache befasst war, den Schriftsatz im<br />

ordentlichen Geschäftsgang an das zuständige Gericht weiterzuleiten. Einen hinreichenden zeitlichen<br />

Abstand zwischen der Einlegung des Rechtsmittels und dem Ablauf der Rechtsmittelfrist vorausgesetzt,<br />

darf die Partei nicht nur auf die Weiterleitung des Schriftsatzes, sondern auch darauf vertrauen, dass<br />

dieser noch fristgerecht beim zuständigen Gericht eingeht (vgl. BVerfGE 93, 99, 115; BVerfG NJW 2005,<br />

2137, 2138). Diese Grundsätze gelten nicht nur im Zivil-, sondern auch im Verwaltungsprozess (vgl.<br />

BVerfG NVwZ 2003, 728, 729; a.A. zuvor OVG Greifswald NVwZ 1999, 201; offen gelassen von OVG<br />

Hamburg NJW 1998, 696), und zwar auch dann, wenn die Rechtsmittelbelehrung ordnungsgemäß<br />

erfolgte.<br />

Das BVerwG nimmt in seinem Beschluss vom 30.1.<strong>2018</strong> (9 B 20.17, NJW <strong>2018</strong>, 1272 f. = BWV <strong>2018</strong>, 134 f.<br />

= BayVBl <strong>2018</strong>, 567 f.) an, dass bei einem Verstoß gegen die vorbezeichnete Weiterleitungspflicht sich<br />

nicht automatisch die Unbeachtlichkeit der fehlenden Einlegung des Rechtsmittels ergebe. Allerdings sei<br />

Folge einer Verletzung des Grundsatzes eines fairen Verfahrens, dass dem Betroffenen Wiedereinsetzung<br />

in den vorigen Stand gem. § 60 VwGO zu gewähren sei.<br />

3. Unangemessene Verfahrensdauer bei Aussetzung des Verfahrens nach § 94 VwGO<br />

Die Dauer eines gerichtlichen Verfahrens findet ihre Grenze in der zeitlichen Unangemessenheit. Für<br />

diesen Fall sieht § 198 Abs. 1 GVG einen Anspruch gegen den Staat vor. Nach der Rechtsprechung des<br />

<strong>ZAP</strong> Nr. <strong>22</strong> 21.11.<strong>2018</strong> 1185

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