ZAP-2018-22
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Fach 19 R, Seite 492<br />
Rechtsprechungsübersicht – 1. Hj. <strong>2018</strong><br />
Verfassungsrecht/Verwaltungsrecht<br />
BVerwG ist bei der Frage, ob die Verfahrensdauer unangemessen i.S.d. § 198 Abs. 1 S. 1 GVG ist, vor<br />
allem auch zu prüfen ist, ob Verzögerungen, die durch die Verfahrensführung des Gerichts eintreten,<br />
bei Berücksichtigung des den Ausgangsgerichten insoweit zukommenden Gestaltungsspielraums<br />
sachlich gerechtfertigt sind (vgl. BVerwGE 147, 146 Rn 37; 156, <strong>22</strong>9 Rn 135 m.w.N.). Zur Ausübung seiner<br />
verfahrensgestaltenden Befugnisse ist dem Gericht – auch im Hinblick auf die richterliche<br />
Unabhängigkeit (Art. 97 Abs. 1 GG) – ein Gestaltungsspielraum zuzubilligen. Verfahrenslaufzeiten,<br />
die durch die Verfahrensführung des Gerichts bedingt sind, führen nur dann zu einer unangemessenen<br />
Verfahrensdauer, wenn sie – auch bei Berücksichtigung des gerichtlichen Gestaltungsspielraums –<br />
sachlich nicht mehr gerechtfertigt sind (vgl. BVerwGE 147, 146 Rn 42; BVerwG NJW 2016, 3464 Rn 15,<br />
jeweils m.w.N.).<br />
Die Gestaltungsfreiheit umfasst nach dem Beschluss des BVerwG vom 12.3.<strong>2018</strong> (5 B 26.17 D) auch<br />
die Befugnis, mit Blick auf einen parallel anhängigen Rechtsstreit, der für die Entscheidung<br />
des Ausgangsverfahrens von rechtlicher Relevanz ist, dieses zeitweise „faktisch“, d.h. ohne förmliche<br />
Anordnung nach § 94 VwGO auszusetzen. Erweise sich eine solche Verfahrensweise bei Zugrundelegung<br />
einer objektivierenden Betrachtung als vertretbar, könne etwa die mit der Bearbeitung<br />
oder Förderung eines Leitverfahrens korrespondierende Zeit der faktischen Aussetzung bei der<br />
Bewertung der angemessenen Dauer des parallel anhängigen Ausgangsverfahrens nicht zu Lasten des<br />
Staates gehen. Es dränge sich auf, dass dies für den Fall einer „förmlichen“ Aussetzung nach § 94<br />
VwGO entsprechend gelte.<br />
Hinweis:<br />
Die Aussetzung des Verfahrens ist nicht schon deshalb unvertretbar, weil die Beteiligten dem nicht<br />
zugestimmt oder widersprochen haben.<br />
XI. Wirtschaftsverwaltungsrecht<br />
Versagung staatlicher Zuwendungen bei Insolvenz des Antragstellers<br />
Bei der vielfach projektbezogenen Förderung von Vorhaben der Wirtschaft durch den Staat handelt<br />
es sich um freiwillige Leistungen des Staates, deren Gewährung typischerweise auf vom Staat<br />
erlassenen Förderrichtlinien beruhen. Nach ständiger Rechtsprechung des BVerwG stellen Richtlinien<br />
wie die Förderrichtlinie keine Rechtsnormen, sondern lediglich verwaltungsinterne, das Ermessen der<br />
für die Verteilung der staatlichen Leistungen zuständigen Stellen steuernde Weisungen und damit<br />
Verwaltungsvorschriften dar. Sie vermögen eine anspruchsbegründende Außenwirkung – nur –<br />
vermittels des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) und des im Rechtsstaatsprinzip verankerten Gebots<br />
des Vertrauensschutzes (Art. 20 und 28 GG) zu begründen (BVerwGE 104, <strong>22</strong>0, <strong>22</strong>2 f.; Buchholz 451.55<br />
Subventionsrecht Nr. 104 S. 13). Förderrichtlinien müssen aber in sich den Gleichbehandlungsgrundsatz<br />
wahren. Allerdings ist der Normgeber bei der Entscheidung darüber, welche Personen oder<br />
Unternehmen durch finanzielle Zuwendungen des Staates gefördert werden sollen, weitgehend frei<br />
(st. Rspr., vgl. BVerfGE 17, 210, 216, 93, 319, 350; BVerfGK 3, 178 Rn 7).<br />
Das BVerwG hat in seinem Urteil vom 14.3.<strong>2018</strong> (10 C 1.17, ZInsO <strong>2018</strong>, 1411 ff. = ZIP <strong>2018</strong>, 1189 ff. =<br />
DZWIR <strong>2018</strong>, 327 ff. = InsbürO <strong>2018</strong>, 362) angenommen, dass die Unterscheidung zwischen insolventen<br />
und nicht insolventen Antragstellern sachangemessen und nicht willkürlich sei. Die Eröffnung des<br />
Insolvenzverfahrens setze einen Eröffnungsgrund voraus (§ 16 InsO), der in der Zahlungsunfähigkeit, der<br />
drohenden Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung bestehen könne (§§ 17 ff. InsO). Alle diese<br />
Eröffnungsgründe ließen auf die eingeschränkte finanzielle Leistungsfähigkeit des insolventen Unternehmens<br />
schließen, die ihrerseits das Erreichen des mit der Förderung verfolgten Zwecks gefährde. Eine<br />
hieran anknüpfende Versagung der Förderung sei sachgerecht.<br />
1186 <strong>ZAP</strong> Nr. <strong>22</strong> 21.11.<strong>2018</strong>