ZAP-2018-22
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Fach 19 R, Seite 482<br />
Rechtsprechungsübersicht – 1. Hj. <strong>2018</strong><br />
Verfassungsrecht/Verwaltungsrecht<br />
wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität,<br />
politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des<br />
Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in<br />
Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. Nach § 3a Abs. 1 AsylG<br />
gelten als Verfolgung i.S.d. § 3 Abs. 1 AsylG Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung<br />
so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte<br />
darstellen.<br />
Das BVerwG stellt in seinem Urteil vom 19.4.<strong>2018</strong> (1 C 29.17, Asylmagazin <strong>2018</strong>, 257 ff.) heraus, dass die<br />
Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt worden sei oder einen sonstigen ernsthaften Schaden<br />
erlitten habe bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht gewesen<br />
sei, gem. Art. 4 Abs. 4 RL 2011/95/EU ein ernsthafter Hinweis darauf sei, dass die Furcht des<br />
Antragstellers vor Verfolgung begründet sei, es sei denn, stichhaltige Gründe sprächen dagegen, dass<br />
der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung bedroht werde. Die Vorschrift messe den in der<br />
Vergangenheit liegenden Umständen Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft bei (vgl. DÖRIG,<br />
Asylum Qualification Directive 2011/95/EU, Art. 4 Rn 30, in: HAILBRONNER/THYM, EU Immigration and<br />
Asylum Law, 2. Aufl. 2016). Liegen beim Ausländer frühere Verfolgungshandlungen oder Bedrohungen<br />
mit Verfolgung als Anhaltspunkt für die Begründetheit seiner Furcht vor erneuter Verfolgung im Falle<br />
der Rückkehr in sein Heimatland vor, so kommt ihm nach dem BVerwG die Beweiserleichterung des<br />
Art. 4 Abs. 4 RL 2011/95/EU zugute. Die widerlegliche Vermutung entlaste den Vorverfolgten von<br />
der Notwendigkeit, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden<br />
Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland erneut realisieren würden. Sie sei widerlegt, wenn<br />
stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgung entkräfteten. Diese Beurteilung<br />
unterliegt der freien Beweiswürdigung des Tatrichters (BVerwG, Urt. v. 27.4.2010 – 10 C 5.09, BVerwGE<br />
136, 377 Rn 23).<br />
III.<br />
Baurecht<br />
1. Vorhabenbezogener Bebauungsplan<br />
Nach § 12 Abs. 1 S. 1 BauGB setzt ein vorhabenbezogener Bebauungsplan voraus, dass der<br />
Vorhabenträger zur Durchführung des Vorhabens und der Erschließungsmaßnahmen bereit und in<br />
der Lage ist. Gefordert ist eine Prognoseentscheidung. Sie soll der Gemeinde eine gewisse Sicherheit<br />
verschaffen, dass der Vorhabenträger die im Durchführungsvertrag übernommenen Verpflichtungen<br />
erfüllen und das geplante Vorhaben zu Ende führen kann. Die Prognose betrifft nach dem Beschluss<br />
des BVerwG vom 6.3.<strong>2018</strong> (4 BN 13.17; ZfBR <strong>2018</strong>, 376 ff. = BauR <strong>2018</strong>, 1086 ff.) zum einen die<br />
finanziellen Mittel, die erforderlich sind, damit der Vorhabenträger die übernommenen Verpflichtungen<br />
umsetzen kann. Zum Nachweis der finanziellen Leistungsfähigkeit grundsätzlich geeignet sind<br />
hierdurch wirtschaftlich belastbare Finanzierungs- und Fördermittelzusagen, die aber durch<br />
gewichtige andere Indizien ersetzt werden können (VGH München, BauR 2011, 1775). Zum anderen<br />
muss der Vorhabenträger Zugriff auf die zur Verwirklichung des Vorhabens erforderlichen Grundstücke<br />
haben. Das setzt nicht notwendigerweise voraus, dass der Vorhabenträger die betreffenden<br />
Grundstücke bereits im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses zu Eigentum hat, wohl aber, dass er sie<br />
alsbald erwirbt oder sich eine aus dem Eigentum (§ 903 S. 1 BGB) abgeleitete sonstige private<br />
Rechtsmacht verschafft (GATZ, in: Berliner Kommentar zum BauGB, Stand: September 2017, § 12 Rn 8;<br />
KUKK, in: SCHRÖDTER, BauGB, 8. Aufl. 2015, § 12 Rn 38). Unter welchen Voraussetzungen die Prognose<br />
eines alsbaldigen Erwerbs der erforderlichen Rechtsmacht gerechtfertigt erscheint, hängt von den<br />
Umständen des Einzelfalls ab und entzieht sich einer verallgemeinernden Klärung. Im Regelfall<br />
werden gesicherte Anwartschaften zu verlangen sein (vgl. SPIEß, in: JÄDE/DIRNBERGER, BauGB/BauNVO,<br />
8. Aufl. 2017, § 12 Rn 16), in besonders gelagerten Einzelfällen können aber auch hier gewichtige andere<br />
Indizien wie etwa eindeutige Interessenlagen oder Verhaltensweisen ausreichen.<br />
Das BVerwG nimmt darüber hinaus an, dass vorhabenbezogene Bebauungspläne einer Lärmemissionskontingentierung<br />
zugänglich seien. Bei der Bestimmung, welches Vorhaben zulässig sei, sei die<br />
1176 <strong>ZAP</strong> Nr. <strong>22</strong> 21.11.<strong>2018</strong>