ZAP-2018-22
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Strafsachen/Ordnungswidrigkeiten Fach 21, Seite 311<br />
Ausbleiben des Angeklagten<br />
OWi-Verfahren<br />
Folgen des Ausbleibens des Angeklagten in der Hauptverhandlung im<br />
Bußgeldverfahren (insbesondere Entbindung und Einspruchsverwerfung)<br />
Von Rechtsanwalt DETLEF BURHOFF, RiOLG a.D., Münster/Augsburg<br />
Inhalt<br />
I. Anwesenheitspflicht des Betroffenen<br />
II. Entbindung des Betroffenen von der<br />
Anwesenheitspflicht<br />
1. Allgemeines<br />
2. Ermessen des Gerichts?<br />
3. Zeitpunkt der Antragstellung<br />
4. Vertretungsvollmacht<br />
5. Voraussetzungen für eine Entbindung<br />
III. Vertretung des Betroffenen in der Hauptverhandlung/Abwesenheitsverhandlung<br />
1. Vertretung des Betroffenen<br />
2. Abwesenheitsverhandlung<br />
IV. Verwerfung des Einspruchs (§ 74 Abs. 1 OWiG)<br />
1. Allgemeines<br />
2. Voraussetzungen der Verwerfung<br />
V. Rechtsmittel<br />
I. Anwesenheitspflicht des Betroffenen<br />
Die Anwesenheit des Betroffenen in der Hauptverhandlung des Bußgeldverfahrens nach dem OWiG<br />
richtet sich nach § 73 OWiG. Danach gilt – ebenso wie für die Hauptverhandlung des Strafverfahrens –<br />
auch in der Hauptverhandlung des Ordnungswidrigkeitenverfahrens (OWi-Verfahren) für den Betroffenen<br />
eine Anwesenheitspflicht (vgl. zum Strafverfahren BURHOFF <strong>ZAP</strong> F. <strong>22</strong>, S. 939). Das Gesetz<br />
verlangt grundsätzlich, dass der Betroffene während der gesamten Dauer der Hauptverhandlung<br />
anwesend ist. Mit dieser Anwesenheitspflicht korrespondiert das Recht des Betroffenen auf Teilnahme<br />
an der Hauptverhandlung als Ausprägung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (OLG Jena zfs 2010,<br />
109 ff. = VRS 117, 342). § 231 StPO gilt im Bußgeldverfahren i.Ü. nicht (OLG Bamberg VRR 2012, 276).<br />
II.<br />
Entbindung des Betroffenen von der Anwesenheitspflicht<br />
1. Allgemeines<br />
Zwar besteht gem. § 73 Abs. 1 OWiG die Pflicht des Betroffenen, in der Hauptverhandlung zu erscheinen<br />
(zur Anwesenheitspflicht ausländischer „Verkehrssünder“ s. MITSCH ZIS 2011, 502). Nach § 73 Abs. 2 OWiG ist<br />
das Gericht aber verpflichtet, den Betroffenen auf seinen Antrag hin von dieser Verpflichtung zu<br />
entbinden, wenn er sich zur Sache geäußert hat oder erklärt, dass er sich in der Hauptverhandlung nicht<br />
zur Sache äußern werde, und seine Anwesenheit zur Aufklärung wesentlicher Gesichtspunkte des<br />
Sachverhalts nicht erforderlich ist (vgl. dazu unten II. 5.; wegen weiterer Einzelheiten s. auch BURHOFF,<br />
Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 8. Aufl. 2019, Rn 1393 ff. [im Folgenden kurz:<br />
BURHOFF, EV]; BURHOFF, Handbuch für die strafrechtliche Hauptverhandlung, 9. Aufl. 2019, Rn 1389 ff. [im<br />
Folgenden kurz: BURHOFF, HV]; STEPHAN/NIEHAUS, in: Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-<br />
Verfahren, 5. Aufl. <strong>2018</strong>, Rn 2351 ff. [im Folgenden kurz: BURHOFF/Bearbeiter, OWi]).<br />
Das Gericht darf den Betroffenen nicht ohne Antrag des Verteidigers vom Erscheinen in der Hauptverhandlung<br />
entbinden und dann ohne ihn verhandeln (BayObLG NStZ-RR 2000, 149; 2005, 82). Es kann<br />
<strong>ZAP</strong> Nr. <strong>22</strong> 21.11.<strong>2018</strong> 1187