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medizin&technik 02.2019

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■ [ RECHT ]<br />

MDR – was die Branche beschäftigt<br />

Der Countdown bis Mai 2020 läuft | Die MDR ist für die Medtech-Branche eine riesige<br />

Aufgabe. Ungeklärte Fragen zur praktischen Umsetzung beunruhigen die Akteure –<br />

andere ziehen sich aus dem Markt zurück. Wir haben bei Verantwortlichen in Unternehmen<br />

nachgefragt, welche Aspekte aus ihrer Sicht gerade wichtig sind.<br />

Glücklich schätzen dürfen sich heute<br />

wohl vor allem diejenigen, die ihr<br />

Unternehmen frühzeitig auf die mit der<br />

MDR anstehenden Veränderungen vorbereitet<br />

haben. Doch selbst für diese gibt es<br />

immer noch Unwägbarkeiten. Wann wird<br />

zum Beispiel die Eudamed-Datenbank zur<br />

Verfügung stehen? Welche Benannten<br />

Stellen werden rechtzeitig akkreditiert<br />

sein – und welche haben Kapazitäten, um<br />

die Produktakten auch zu prüfen?<br />

Wir haben uns in der Branche umgehört<br />

und gefragt, wie Geschäftsführer<br />

Bild: Weber Instrumente<br />

Uli Kammerer,<br />

Geschäftsführer<br />

von Weber<br />

Instrumente in<br />

Emmendingen-<br />

Liptingen,<br />

beschäftigt<br />

38 Mitarbeiter<br />

Die MDR bringt mehr Patientensicherheit<br />

und gleiche Spielregeln überall in<br />

Europa – das sehe ich positiv. Aber ob<br />

man die Welt der Medizin<strong>technik</strong> mit so<br />

einem Hau-Ruck-Verfahren auf den Kopf<br />

stellen musste, bezweifle ich. Ähnliche<br />

Veränderungen gab es schon in der Automobilindustrie.<br />

Aber da stand mehr<br />

Zeit zur Verfügung. Jetzt haben wir fast<br />

keine neuen Benannten Stellen, aber bis<br />

Mai 2020 sollen alle Produktakten geprüft<br />

sein. Das wird nicht zu schaffen<br />

sein. Und wer zu spät kommt oder nur<br />

kleine Prüfaufträge mitbringt, wird das<br />

Nachsehen haben.<br />

Da wir uns bei Weber Instrumente mit<br />

dem Thema schon früh auseinandergesetzt<br />

und technisch und organisatorisch<br />

vorbereitet haben, behaupte ich, dass<br />

wir jetzt schon die ab Mai 2020 gültigen<br />

Anforderungen erfüllen. Das ist für viele<br />

und für regulatorische Fragen Ver -<br />

antwortliche die Lage sehen. Deren Statements<br />

finden Sie hier in Kurzform zusammengefasst.<br />

Die Basis für die Statements<br />

waren aber ausführlichere persön liche Interviews.<br />

Wie die Unternehmen im Einzelnen<br />

mit der Herausforderung MDR<br />

umgehen, lesen Sie in voller Länge in unserem<br />

Online- Magazin.<br />

(op) ■<br />

Weitere Informationen:<br />

medizin-und-<strong>technik</strong>.de/medical-deviceregulation<br />

Attraktiv, weil wir heute schon die MDR erfüllen<br />

Kunden attraktiv, und wir wachsen stark.<br />

Allerdings haben wir wohl eine halbe<br />

Million Euro in diese Vorbereitungen investiert.<br />

Wir positionieren uns nicht<br />

mehr als Inverkehrbringer von Medizinprodukten,<br />

sondern fertigen nur im Auftrag<br />

unserer Kunden. Ich bin mir sicher,<br />

dass sich mit der MDR die Struktur der<br />

Branche ändern wird: Die Unternehmen<br />

werden die Zahl ihrer Lieferanten, die sie<br />

alle zwei Jahre auditieren müssen, drastisch<br />

senken. Etliche der 400 Unternehmen<br />

im Raum Tuttlingen wird es daher<br />

bald nicht mehr geben. Und ich rechne<br />

damit, dass sich die Vielfalt der Medizinprodukte<br />

reduziert, da die Hersteller<br />

nicht alle neu zertifizieren lassen werden.<br />

Für Innovationen bleibt auch kaum<br />

Zeit, da sich im Moment die Manpower<br />

auf die MDR konzentriert. Das wird die<br />

Branche bald spüren.<br />

Bild: Hebu Medical<br />

Weniger Produkte,<br />

höhere Preise<br />

Thomas Butsch<br />

ist Geschäftsführer<br />

von Hebu Medical<br />

und stellt<br />

Instrumente und<br />

Geräte für die<br />

HF-Chirurgie her<br />

Dass bis zum Mai 2020 alle Vorgaben<br />

der MDR umgesetzt werden, ist zwar<br />

nicht unmöglich – aber bei diesem<br />

Termin ist keine zeitliche Reserve<br />

mehr drin. Wir bei Hebu Medical<br />

haben schon vor sieben Jahren UDI<br />

eingeführt und überarbeiten seit einem<br />

Jahr die technischen Dokumentationen.<br />

Wer zu spät anfängt, hat<br />

keine Chance mehr. Auch vergebe ich<br />

gerade in großem Maßstab Laboraufträge<br />

– um die Biokompatibilität von<br />

Werkstoffen nachzuweisen, die wir<br />

seit Jahren für Chirurgieinstrumente<br />

nutzen und deren Eignung in Normen<br />

beschrieben ist. Trotz unserer Aktivitäten<br />

gibt es aber noch Unwägbarkeiten:<br />

Die künftige Arbeitsweise der<br />

Benannten Stellen lässt sich nicht<br />

abschätzen, und noch haben wir ja<br />

praktisch keine. Wir werden im Übrigen<br />

unser Portfolio bereinigen und<br />

etwa 15 Prozent der Produkte nicht<br />

neu zertifizieren lassen. Die Zahl unserer<br />

Lieferanten werden wir auf die<br />

Hälfte senken. Da das alle so machen,<br />

rechne ich mit gravierenden Veränderungen:<br />

Es wird weniger Anbieter geben,<br />

weniger Produkte – vor allem für<br />

Nischen wie die Säuglingschirurgie –<br />

und damit einhergehend vermutlich<br />

steigende Preise. Und gerade kleinere<br />

Unternehmen werden versuchen, den<br />

Aufwand für die MDR zu vermeiden<br />

und ihre Produkte nur noch außerhalb<br />

der EU zu verkaufen.<br />

106 medizin&<strong>technik</strong> 02/2019

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