medizin&technik 02.2019
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■ [ MANAGEMENT ]<br />
RESILIENZ BETRIFFT<br />
DAS GANZE UNTERNEHMEN<br />
Resilienz – mehr als ein Modethema | Wer ein dickes Fell hat – also resilient ist – , lässt<br />
sich von Krisen nicht so leicht aus dem Konzept bringen. Solche Mitarbeiter sind in der<br />
digitalisierten, globalisierten und auch sonst anspruchsvollen Arbeitswelt gefragt.<br />
Laut Ricarda Gades-Büttrich, Professorin für Arbeits- und Gesundheitspsychologie,<br />
liegt die Verantwortung für das gesunde Arbeiten aber nicht nur beim Individuum.<br />
Ricarda Gades-Büttrich ist Professorin<br />
für Arbeits- und Gesundheitspsychologie<br />
an der Fresenius-Hochschule Hamburg<br />
IHR STICHWORT<br />
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Persönliche Resilienz fördern<br />
Arbeitsumfeld gesund gestalten<br />
Herausforderung für Führungskräfte<br />
und Unternehmensleitung<br />
Erwartungen künftiger Mitarbeiter<br />
Bild: Fresenius-Hochschule Hamburg<br />
■ Frau Professor Gades-Büttrich, was<br />
macht das Thema Resilienz so aktuell?<br />
Wir haben in den vergangenen etwa<br />
40 Jahren einen deutlichen Anstieg bei<br />
Krankheitstagen und auch Frühver -<br />
rentungen wegen psychosozialer Erkrankungen<br />
beobachtet. Das liegt mit<br />
Sicherheit daran, dass sich unsere<br />
Arbeitswelt durch Digitalisierung und<br />
Globalisierung verändert hat, alle viel<br />
flexibler sein müssen und mehr Stress<br />
ausgesetzt sind – was sich in mehr<br />
stressbedingten Ausfällen zeigt. Damit<br />
rückt die Frage nach den persönlichen<br />
Ressourcen in den Vordergrund, aber<br />
auch die Frage, wie eine Arbeitswelt gestaltet<br />
sein muss, in der man gesund<br />
arbeiten kann – was direkt zum Thema<br />
Resilienz führt.<br />
■ Was ist mit Resilienz gemeint?<br />
Dieser Begriff aus der Physik beschreibt<br />
die Eigenschaft eines Materials, nach<br />
Druck und Belastung in den ursprünglichen<br />
Zustand zurückzukehren. Dieser<br />
Gedanke wurde übertragen, um die Reaktion<br />
der menschlichen Psyche bei Krisen<br />
zu beschreiben. Resilienz bezeichnet<br />
die Widerstandsfähigkeit von Individuen<br />
angesichts belastender Ereignisse<br />
und Krisen. Resiliente Menschen<br />
können auch unter widrigen Umständen<br />
bestehen, sich anpassen und sich<br />
so entfalten, dass ihr Befinden nach der<br />
Krise wie davor oder besser ist.<br />
■ Inwieweit lässt sich die Resilienz eines<br />
Menschen objektiv messen?<br />
Das ist gar nicht so einfach. Zum einen<br />
kann man nicht von einer gleichbleibenden<br />
Eigenschaft ausgehen, denn Resilienz<br />
verändert sich im Laufe eines Lebens.<br />
Was einen Menschen mit zwanzig<br />
Jahren aus der Bahn wirft, würde ihn<br />
mit vierzig nicht gleichermaßen treffen,<br />
weil er bis dahin dazugelernt hat. Er hat<br />
für sich selbst Handlungsstrategien<br />
entwickelt, um mit Krisen umzugehen.<br />
Die Reaktion auf eine Krise kann beim<br />
Einzelnen auch sehr unterschiedlich<br />
ausfallen, je nachdem, ob sie ihm im<br />
privaten oder beruflichen Umfeld begegnet.<br />
Würde man also mehrere Tests<br />
mit einer Person durchführen, wäre das<br />
Ergebnis nicht immer das Gleiche. Des<br />
Weiteren liegt jedem Test ein Konzept<br />
zu Grunde, das man beim Interpretieren<br />
des Ergebnisses berücksichtigt<br />
muss. Daher wäre ich sehr vorsichtig<br />
Junge Leute schauen auf<br />
ihre Ressourcen und<br />
lassen sich nicht verheizen<br />
mit dem, was in Zeitschriften oder anderen<br />
Medien dazu geboten wird. Menschen,<br />
für die eine Einschätzung der eigenen<br />
Resilienz interessant wird, weil<br />
sie in einer schwierigen Situation sind,<br />
sollten sich lieber an Fachleute wenden.<br />
■ Wie stark und womit kann ein Mensch<br />
seine Resilienz beeinflussen?<br />
Es gibt ein paar Faktoren, die man verallgemeinern<br />
kann: Wer sich auf ein<br />
ausgeprägtes soziales Netz stützen<br />
kann, wird mit einer Krise besser fertig<br />
– Frauen beispielsweise haben meist<br />
ein größeres soziales Netz als Männer.<br />
Eine optimistische Haltung hilft ebenso<br />
wie das Gefühl von Selbstwirksamkeit:<br />
etwas von sich aus, selbst zu schaffen.<br />
An diesen Faktoren kann man selbst arbeiten,<br />
um die eigene Widerstandsfähigkeit<br />
zu steigern – was nicht heißen<br />
soll, dass das schnell geht oder in be-<br />
108 medizin&<strong>technik</strong> 02/2019