medizin&technik 02.2019
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■ [ FOKUS FORSCHUNG ]<br />
Geräte früher oder später in der Ecke und<br />
können nicht mehr benutzt werden“, sagt<br />
Jodeit.<br />
Deutsche Medizin<strong>technik</strong> habe hingegen<br />
einen sehr guten Ruf wegen der Qualität,<br />
die man von ihr erwartet. „Wenn es<br />
möglich ist, würde sich jemand aus der<br />
Mittelschicht für ein deutsches Produkt<br />
entscheiden und wäre auf seinen Besitz<br />
sehr stolz.“ Allerdings entsprechen die<br />
meisten Hightech-Geräte eben nicht den<br />
Anforderungen, die an sie im Subsaharaentstanden<br />
ist, brauchen wir in den Emerging<br />
Markets das Wissen der ansässigen<br />
Handwerker: Sie haben Erfahrung damit,<br />
welche Werkstoffe ihnen in guter Qualität<br />
zur Verfügung stehen und können damit<br />
umgehen, dass sie nur bestimmte Maschinen<br />
nutzen können“, fasst Eblenkamp zusammen.<br />
Fabian Jodeit hat es unter den genannten<br />
Bedingungen in Kooperation mit den<br />
Einheimischen geschafft, eine Sprunggelenkprothese<br />
zu entwickeln. „Und wenn<br />
Addis Abeba hat derzeit über 3,3 Millionen Einwohner und wächst stark, vor allem<br />
durch Zuzug aus ländlichen Regionen. Die Hauptstadt von Äthiopien und zugleich<br />
sein wirtschaftliches Zentrum liegt mitten im Land. Sie ist der Sitz der UN-Wirtschaftskommission<br />
für Afrika und beherbergt den Hauptsitz der Afrikanischen Union<br />
Bereich gestellt werden. Da wartet Entwicklungsarbeit<br />
auf die Hersteller. Und<br />
auch die Kommunikation im Land und die<br />
lokalen Faktoren müsse man kennen, da<br />
diese mindestens genauso wichtig seien<br />
wie die technischen. „Darauf müssen sich<br />
Unternehmen einrichten – und unser Ziel<br />
ist es, mehr mit den Herstellern zusammenzuarbeiten<br />
und passende Produkte in<br />
gemeinsamen Projekten entstehen zu lassen“,<br />
erläutert Jodeit.<br />
Lokale Partner an Entwicklung<br />
und Fertigung beteiligen<br />
Wobei mit „gemeinsam“ gemeint ist, dass<br />
auch lokale Hersteller und Fachleute aus<br />
dem Zielland am Projekt mitarbeiten. Es<br />
gehe weder um rein wissenschaftliche Kooperationen,<br />
wenn man vorankommen<br />
will, noch darum, in ein Land zu reisen,<br />
dann daheim nach dem ermittelten Bedarf<br />
ein Produkt zu entwickeln und herzustellen<br />
und dieses zu exportieren. „So,<br />
wie auch die deutsche Medizin<strong>technik</strong>-Industrie<br />
zum Beispiel im Raum Tuttlingen<br />
aus einem handwerklich geprägten Milieu<br />
Bild: Pecold/Fotolia<br />
man zum Beispiel keine computergesteuerten<br />
Werkzeugmaschinen einsetzen<br />
kann, um eine Spritzgussform zu generieren,<br />
konzipiert man vielleicht eine Gussform<br />
in Blockbauweise, die auch ohne<br />
Hightech-Maschinen gefertigt werden<br />
kann.“<br />
Das Ziel aller Projekte, die unter dem<br />
Dach der Initiative Medtech Oneworld<br />
laufen, ist es, dass sich die Beteiligten internationale<br />
Expertise erarbeiten. Im Sinne<br />
von Global-Health-Lösungen, die bisher<br />
von Ernährungsfragen und medizinischen<br />
Themen geprägt waren und sich am<br />
Grundbedarf orientierten, würden künftig<br />
auch die Ingenieurwissenschaften<br />
stärker gefragt sein. Sie könnten einen<br />
Beitrag zu mehr Lebensqualität leisten.<br />
„Und dafür bereiten wir uns mit den derzeitigen<br />
Projekten vor“, sagt Eblenkamp.<br />
Seitens der Studierenden ist das Interesse<br />
an der Initiative Medtech Oneworld<br />
schon groß – es gibt weit mehr Anfragen<br />
zur Mitarbeit, als bisher Interessenten in<br />
Projekte eingebunden sind. Daher soll es<br />
im Sommer eine Global Health Challenge<br />
geben, bei der Teilnehmer aus den Ingenieurwissenschaften,<br />
der Medizin und<br />
der Informations<strong>technik</strong> drei Monate lang<br />
an Entwicklungsplänen arbeiten, die abschließend<br />
in Pitches vorgestellt werden –<br />
sowohl den Betreuern von der Hochschule<br />
als auch der Industrie. Wer hier mit seiner<br />
Idee besteht, hat eine Chance, dass<br />
diese in einem Projekt weiterentwickelt<br />
wird.<br />
Fördermittel für solche Ansätze seien<br />
grundsätzlich vorhanden. Allerdings stellen<br />
sich die Wege dahin anders dar als gewohnt<br />
– internationale Projekte seien, so<br />
berichtet Eblenkamp, bisher zumeist auf<br />
Länder der EU gemünzt gewesen. Ziehe<br />
man den Rahmen größer, steige der Aufwand,<br />
sowohl für das Aufbauen der Kontakte<br />
als auch für das Auffinden passender<br />
Forschungsprogramme. Doch sieht er<br />
in diesem Weg für die Zukunft großes Potenzial<br />
– das sich mit den Ansätzen der<br />
Initiative Medtech Oneworld umsetzen<br />
lassen sollte.<br />
■<br />
Dr. Birgit Oppermann<br />
birgit.oppermann@konradin.de<br />
Global Health an<br />
der TU München<br />
Durch zunehmende Vernetzung ist<br />
Gesundheit zu einem globalen Thema<br />
geworden. Das betrifft zum Beispiel<br />
die Verbreitung von Tropenkrankheiten<br />
durch Migration und<br />
Klimawandel und weit verbreitete<br />
antimikrobielle Resistenzen. Global<br />
Health ist ein multidisziplinärer Ansatz<br />
für Forschung, Lehre und Politikgestaltung,<br />
der unter anderem biomedizinische<br />
Wissenschaft mit Politik-<br />
und Sozialwissenschaften, Informatik<br />
und Ingenieurwesen verbindet.<br />
An der Technischen Universität<br />
München (TUM) gibt es seit 2017<br />
das Center for Global Health. Hier<br />
werden Forschungs- und Lehrprojekte<br />
zum Thema Global Health fachübergreifend<br />
zusammengeführt<br />
und ins Leben gerufen. Auch Medtech<br />
Oneworld trägt hierzu bei.<br />
www.med.tum.de/de/center-glo<br />
bal-health<br />
64 medizin&<strong>technik</strong> 02/2019