medizin&technik 02.2019
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■ [ FOKUS FORSCHUNG ]<br />
Internationale Zusammenarbeit<br />
an Produkten für Emerging Markets<br />
Initiative Medtech Oneworld | Statt Produkte für einen Markt zu entwickeln, den man<br />
untersucht hat, verfolgen Forscher der TU München den Ansatz, mit lokalen<br />
Unternehmen zusammen zu entwickeln und zu fertigen. Ihre Ansprechpartner finden<br />
sie in den USA, in Asien und in Afrika – einem der am stärksten wachsenden Märkte.<br />
Eine Sprunggelenkprothese,<br />
die sich unter den in Äthiopien<br />
gegebenen Bedingungen<br />
fertigen und einsetzen lässt,<br />
hat Fabian Jodeit im<br />
Rahmen seiner Master -<br />
arbeit entwickelt<br />
Bild: TUM<br />
Am Anfang stand ein Seminar: „Medizin<strong>technik</strong><br />
in Entwicklungsländern“.<br />
Einer der Teilnehmer war vor gut vier Jahren<br />
Fabian Jodeit, der bei dem Gedanken<br />
Feuer fing, Medizinprodukte so zu entwickeln,<br />
dass sie haargenau in einen der<br />
„Emerging Markets“ passen. Im weiteren<br />
Verlauf verbrachte er einige Zeit in Äthiopien,<br />
um die dortigen Verhältnisse selbst<br />
kennenzulernen, zu beschreiben und in<br />
seiner Masterarbeit eine für die Anforderungen<br />
in dieser Gegend der Welt geeignete<br />
Sprunggelenkprothese zu entwickeln.<br />
Heute fließen seine Erfahrungen<br />
im größeren Zusammenhang in ein neuartiges<br />
Arbeitsgebiet am Lehrstuhl für<br />
Medizin<strong>technik</strong> der TU München ein: Zusammen<br />
mit dem stellvertretenden Lehrstuhlleiter<br />
Dr. med. Markus Eblenkamp<br />
IHR STICHWORT<br />
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Global Health<br />
Internationale Entwicklung von<br />
Medizinprodukten<br />
Projekte mit Partnern im Land planen<br />
und dort auch durchführen<br />
Bild: TUM<br />
treibt Jodeit die Initiative Medtech Oneworld<br />
voran.<br />
Allen Beteiligten geht es darum, international<br />
stärker zu kooperieren: Forscher<br />
aus München arbeiten in Projekten ganz<br />
unterschiedlicher Art mit Experten aus<br />
Unternehmen und Bildungseinrichtungen<br />
in anderen Ländern zusammen. Der Gedanke,<br />
die Welt als Ganzes zu sehen und<br />
nicht in erste, zweite, dritte Welt aufzuteilen<br />
oder Industrieländer von Entwicklungsländern<br />
zu unterscheiden, steht<br />
über allen Projekten – ob es nun um die<br />
additive Fertigung mit Partnern in Singapur<br />
geht, um Soft Robotics in Zusammenarbeit<br />
mit dem MIT in Boston oder Entwicklungen<br />
mit eher handwerklich geprägten<br />
Betrieben und Colleges wie in<br />
Äthiopien.<br />
„Man darf nicht davon ausgehen, in<br />
Äthiopien vor allem auf schlecht ausgebildete<br />
Ansprechpartner zu treffen. Das ist<br />
definitiv falsch“, berichtet Jodeit von sei-<br />
Für seine Masterarbeit verbrachte Fabian<br />
Jodeit einige Monate in Äthiopien und arbeitete<br />
dort mit lokalen Partnern zusammen.<br />
Den gleichen Weg gehen Studierende<br />
derzeit in Folgeprojekten im Rahmen der<br />
Initiative Medtech Oneworld<br />
nem Aufenthalt. Daher vermeidet er nach<br />
Möglichkeit heute den Begriff Entwicklungsland<br />
und spricht lieber von den<br />
Emerging Markets, weil das die Situation<br />
treffender beschreibe. Natürlich sei vieles<br />
anders, als man es von daheim gewohnt<br />
sei. Es gebe zum Beispiel nicht immer<br />
Strom, um eine Maschine zu betreiben<br />
oder auch nur den Laptop zu laden – mit<br />
dem man dann aber in ein gut verfügbares<br />
Internet einsteigen könne. Nicht alle<br />
Werkstoffe seien jederzeit verfügbar, und<br />
auch die maschinelle Ausstattung für ihre<br />
Bearbeitung sei nicht immer auf dem modernsten<br />
Stand. „Aber man kann lernen,<br />
damit umzugehen und zu guten Ergebnissen<br />
zu kommen.“<br />
Darüber hinaus brauche man sich mit<br />
Blick auf einen Emerging Market nicht<br />
nur auf die jetzige Situation einzustellen<br />
und für geeignete Produkte zu sorgen.<br />
Perspektivisch sei es vielmehr wichtig zu<br />
sehen, dass für die kommenden Jahre das<br />
62 medizin&<strong>technik</strong> 02/2019