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„Think positive?“<br />
Nicht unbedingt, wie<br />
Wallert weiß: „In<br />
Krisen kann zu viel<br />
Optimismus den Blick<br />
für Risiken trüben.“<br />
Marc Wallert<br />
liebt immer<br />
noch Tauchtrips.<br />
„Reisen ist eine<br />
Lebensschule“, so<br />
der Göttinger.<br />
Am 23. April 2000 wurden die Taucher auf die philippinische Insel Jolo<br />
verschleppt. Erst am 9. September kam Marc Wallert frei.<br />
FOTOS: P. V. DITFURT, PRIVAT<br />
Lösegeld wurde gezahlt. Zwei Finnen, ein<br />
Franzose und ich wurden als letzte westliche<br />
Geiseln nach 140 Tagen freigelassen.<br />
Wer wurde zuerst freigelassen?<br />
Zuerst wurde eine malaysische Geisel freigelassen.<br />
Drei Wochen später meine Mutter.<br />
Ihre Mutter stand ja sehr im Fokus, oder?<br />
Ja, ihr ging es gerade in den ersten Wochen<br />
extrem schlecht. Man hatte gedroht, uns zu<br />
enthaupten. Daraufhin hatte meine Mutter<br />
immer wieder Alpträume und dadurch nach<br />
und nach jegliche Hoffnung auf ein gutes<br />
Ende verloren.<br />
Haben Sie noch Alpträume?<br />
Nein, zum Glück nicht. Nur für kurze Zeit<br />
nach meiner Freilassung habe ich noch vom<br />
Gefechtsfeuer im Dschungel geträumt.<br />
Wie geht es Ihren Eltern?<br />
Meine Eltern sind dankbar, ein zweites<br />
Leben geschenkt bekommen zu haben<br />
und genießen es bei guter Gesundheit und<br />
leben immer noch in Göttingen.<br />
Was haben Sie getan, als Sie wieder<br />
zurück in der Freiheit waren?<br />
Ich genoss die Freiheit, kündigte meinen Job<br />
und zog zu meiner Freundin nach Köln. Ich<br />
spielte eine Zeit lang Drums in einer Band –<br />
davon konnte ich allerdings nicht leben und<br />
suchte mir wieder einen Job.<br />
Was machen Sie beruflich?<br />
Als Keynote Speaker gebe ich heute Impulsvorträge<br />
zum Thema Resilienz, also wie<br />
Menschen und Organisationen erfolgreich<br />
mit Krisen und Belastungen umgehen können.<br />
Darin kombiniere ich meine Führungserfahrung<br />
aus 18 Jahren Konzernkarriere mit<br />
meiner Entführungserfahrung. Darüber habe<br />
ich auch gerade mein erstes Buch veröffentlicht.<br />
„Stark durch Krisen: Von der Kunst,<br />
nicht den Kopf zu verlieren.“<br />
<strong>Tauchen</strong> Sie noch?<br />
Ja, zuletzt war ich Wracktauchen auf Mauritius<br />
– einfach herrlich!<br />
Gibt es irgendetwas Positives, was man<br />
aus so einer Erfahrung mitnehmen kann?<br />
Ich habe viel daraus gelernt, über mich und<br />
über den Umgang mit Stress und Krisen.<br />
Zum Beispiel, dass Optimismus in Krisen<br />
ein zweischneidiges Schwert ist. Denn positives<br />
Denken kann tödlich sein, wenn man<br />
reale Risiken ausblendet. Das gilt genauso<br />
im Business. Jeder hat seine eigene Strategie,<br />
mit Krisensituationen umzugehen. Es<br />
gibt nicht den einen Königsweg, aber viele<br />
mögliche Wege, um aus der Sackgasse zu<br />
kommen. Techniken, die man erlernen und<br />
auch trainieren kann.<br />
DAS GANZE INTERVIEW<br />
KÖNNEN SIE AUF<br />
TAUCHEN.DE LESEN<br />
4/<strong>2020</strong> TAUCHEN.DE 77