REPORT SÜDAUSTRALIEN ROADTRIP Shaws Kuhfisch ist ebenfalls ein endemischer Vertreter. Er bewohnt felsige Riffe und Seegraswiesen. Im oberen Golf von Spencer treffen sich jeden Winter Tausende Riesensepien zur Paarung. 72 TAUCHEN.DE 4/<strong>2020</strong>
Unsere Critter-Liste wirkt endlos nach nur einem Tauchgang im Dschungel der Pfähle und Querbalken, die mit neonfarbenen Schwämmen und Manteltieren überzogen sind. Die Superstars auf diesem Tauchgang waren ein wenig-niedlicher gelber bärtiger Anglerfisch, ein super-niedlicher Schildfisch in einer Muschel und einen Lederjackenfisch. Außerdem staunten wir nicht schlecht über eine übel gelaunte Schwammkrabbe mit einem orangen Schwammbarett auf dem Rücken und zwei Blaugeringelte Kraken mit perlenähnlichen Eiern in den Armen. Im Edithburgh Caravan Park gönnen wir uns einen richtigen Campingplatz und schwelgen in der Gemeinschaftsküche bei einem Abendessen bestehend aus Ramennudeln und Curry-Fleischpastete in Erinnerungen. Besser geht es nun wirklich nicht. Melissa: Sechs Stunden später, um 1 Uhr morgens, muss ich grübeln. Ich kann mich gar nicht mehr erinnern, wann ich das letzte Mal Nachttauchgänge direkt hintereinander absolviert habe. Fingergroße Kurzkopfseepferdchen sitzen auf Braunalgen und ihre glänzenden Bäuchlein reflektieren das Licht meiner Lampe. Blaue Schwimmkrabben schwingen ihre scharfen Scheren und ein beängstigend großes, unfreundliches Exemplar attackierte Brandons Kamera! Wir sahen sechs verschiedene Arten von Tintenfischen und Oktopussen, meine allererste Gestreifte Pyjama-Sepia eingeschlossen. Wie ein Marshmallow in Gefängnistracht, hat das kleine dicke Goldstück mein Herz zum Schmelzen gebracht. TAG 11, 16. JUNI Brandon: Wir wachen um 4 Uhr morgens von einem Regensturm auf und haben jetzt auch ein undichtes Zelt. Aber ein Schauer kann unsere Stimmung nach diesen fantastischen Nachttauchgängen nicht drücken! Wir füllen unsere Flaschen bei Edithburghs Autotankstelle – die nächste Flaschenfüllstation ist 320 Kilometer entfernt. Es ist nebelig, dann sonnig, dann regnet es wieder. Meli versorgt mich mit Essen während ich fahre. Meine Kameras laden an dem Adapter im Zigarettenanzünder. Wir fahren ganz schön lange, etwa acht Stunden zurück Richtung Westen! Wir erreichen Port Lincoln um 20:30 Uhr und schlafen auf dem Parkplatz des Hafens neben einem Dixi-Klo. Frische Muscheln sind die perfekte Mahlzeit nach dem <strong>Tauchen</strong> mit Seedrachen am Flinders Jetty. Höhepunkt: Erinnerungen an diese grandiosen Nachttauchgänge. Tiefpunkt: Der Geruch von salzwassergetränkten Tocki-Unterziehern, die auf dem Armaturenbrett des Autos trocknen. TAG 12, 17. JUNI Melissa: In Port Lincoln auf der Eyre Peninsula, letzter Stopp auf dem Weg zu den Neptune-Inseln, schließen wir uns Adventure Bay Charters an, um Weiße Haie zu sehen. Am Tauchplatz angekommen schlüpfen in den Käfig, atmen vom Hookah-System und starren in die blaugrüne Leere. Wir sehen den Großen Weißen nur am Rand unserer Sichtweite ein paar Mal vorbeiziehen, aber es nichtsdestotrotz aufregend, im selben Gewässer wie er zu sein. Die Wettervorhersage für den Süden ist undeutlich, also quetschen wir uns wieder in den Van und kehren zurück zu unserem nomadischen Lebensstil, fahren wohin auch immer die Strömungen uns treiben mögen. TAG 14, 19. JUNI Brandon: Das Leben auf der Straße hinterlässt bei uns Spuren, aber über Social Media kommt die Eilmeldung, die uns zu neuem Lebenswillen verhilft: Seespinnen häuten sich bei Blair (jawohl, die Spinnchen haben ihre eigene Facebook-Seite)! Jetzt gibt es kein Jammern mehr über wunde Hintern oder schmerzende Augen vom stundenlangen Aufpassen vor Kängurukollisionen, keine weiteren Versuche, das Wetter zu überlisten. Es ist sogar verboten, über die übelriechenden durchnässten Trockiunterzieher zu reden. Wir haben eine neue Mission. Wir müssen nur 1160 Kilometer zurück nach Osten fahren. TAG 15, 20. JUNI Brandon: Geschafft. Der ausgezeichnete Fotograf und Guide Sam Glenn-Smith begrüßt uns bei Blairgowrie Pier: „Ihr seid noch nicht zu spät. Viele sind weg, aber es passiert immer noch. Und ,Crystal‘ ist da!“ Unter Wasser erinnert alles an ein Schlachtfeld: Überall treiben Schalen. Glücklicherweise sind noch ein paar Tausend lebende Exemplare vorhanden. Die übrigen Großen Seespinnen werden von allen Seiten von hungrigen Stachelrochen belagert. Es müssen um die 20 Stück sein. Einige sind zwei Meter breit, grauschwarz mit dicken Flügeln, und sehen aus wie gigantische Portobello-Champignons. Sie sind fest entschlossen, die frisch gehäuteten und damit wehrlosen Seespinnen zu verspeisen. Ich jubele, als „Crystal“, der Albino-Stechrochen dazustößt. Clevere Seespinnen erklimmen die Pfähle und verstecken sich unter dem Steg. Jene unten auf dem Sand sind vermutlich verloren. Bis auf eine! Sam führt uns zum ultimativen Highlight: eine Spinne im Häutungsprozess. Wir bilden einen schützenden Wall um sie herum und wehren alle Raubtiere ab. Wir beobachten diese Prüfung des Lebens und warten 20 Minuten. Groß und auf wackeligen Beinen schiebt sie sich nach hinten aus ihrer alten Form. Wirklich eine außerkörperliche Erfahrung für alle Anwesenden – die Spinne und die drei glücklichen Menschen. TAG 17, 22. JUNI Brandon: Begeistert von unserem Triumph fahren wir erneut zurück Richtung Westen. Dieses Mal planen wir eine noch längere, malerischere Route von Melbourne nach Adelaide und bevorzugen ein Spinnen- 4/<strong>2020</strong> TAUCHEN.DE 73