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XINTIANDI, SHANGHAI, CHINA<br />

Chen Hongbing betrat den Raum in gebeugter Haltung, wie sie<br />

Menschen zu eigen ist, deren Wuchs in ständigem Konflikt mit<br />

Türrahmen und tief hängenden Deckenleuchten steht. Tatsächlich<br />

war er für einen Chinesen außergewöhnlich groß. Andererseits<br />

ließ sich dem Architekten, der den Shikumen erbaut hatte,<br />

kaum mangelnder Respekt vor extravaganten Körpermaßen<br />

nachsagen. Der Türsturz maß drei Meter. Weder hätte es der<br />

gekrümmten Schultern noch des vorgereckten Kinns bedurft,<br />

das in Annäherung zum Brustbein unschlüssig zu verharren<br />

schien. Trotz seiner Größe wirkte Chen eingefallen und devot.<br />

Sein Blick hatte etwas Lauerndes, wie in Erwartung von Prügel<br />

oder Schlimmerem. Auf Jericho machte er den Eindruck, als<br />

habe er ein Leben lang im Sitzen mit Stehenden gesprochen.<br />

Falls es Chen Hongbing war.<br />

Der Besucher berührte flüchtig den Türrahmen mit den Fingerspitzen,<br />

als wolle er sich in Erwägung eines plötzlichen<br />

Zusammenbruchs soliden Halts versichern, schaute irritiert auf<br />

die Stapel von Umzugskisten und überquerte mit der Vorsicht<br />

eines Seiltänzers die Schwelle. Weiße Mittagssonne stand im<br />

Raum, eine Skulptur aus Licht, milliardenfach gebrochen durch<br />

aufgewirbelten Staub. Chen erschien darin wie ein Gespenst<br />

und verengte die Augen. Er sah jünger aus, als Tu Tian ihn<br />

beschrieben hatte. Straff spannte sich die Haut über Wangenknochen,<br />

Stirn und Kinn; ein Gesicht, in dem sich Falten

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