Verschläft das Handwerk die demographische ... - Demotrans
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Dass sich <strong>die</strong> Praxis der Überausbildung nicht nur wegen ihrer negativen Auswirkungen<br />
auf <strong>das</strong> Image der <strong>Handwerk</strong>sberufe, sondern schon allein angesichts der <strong>demographische</strong>n<br />
Verknappung von Ausbildungskandidaten, so nicht mehr aufrechterhalten lässt,<br />
war im Auditorium weitgehend unstrittig. Verwiesen wurde von verschiedenen Teilnehmern<br />
allerdings auf <strong>die</strong> Schwierigkeiten, einen solchen behutsamen Umsteuerungsprozess<br />
in Gang zu setzen, und zwar sowohl auf der Ebene des Einzelbetriebs, als auch<br />
auf verbandspolitischer Ebene. Eine bedarfsorientierte, dafür intensivere und qualitativ<br />
bessere Ausbildung sei mit schmerzhaften Selektionsprozessen schon bei den Ausbildungsbewerbern<br />
verbunden:<br />
„Zu so einem Paradigmenwechsel zu kommen ist natürlich auch sehr schwierig,<br />
weil sehr schwer gegenüber der Politik zu vermitteln. Es ist auch gerade in der<br />
politischen Auseinandersetzung und im Bemühen, politisch etwas zu erreichen,<br />
sehr wichtig, wenn man in der Vergangenheit immer sagen konnte, so wie hier in<br />
Bayern, wir haben 20 Prozent der Beschäftigten, aber wir bilden 42 Prozent der<br />
Jugendlichen aus, <strong>das</strong> war natürlich ein großes Pfund, mit dem wir wuchern<br />
konnten. ... Und ich glaube, wir können <strong>die</strong>sen Paradigmenwechsel sicherlich<br />
nicht von heute auf morgen schaffen und wir können ihn weder gegenüber der<br />
Politik schaffen noch gegenüber unseren Betrieben.“<br />
Problematisiert wurden auch <strong>die</strong> negativen sozialpolitischen Folgen eines solchen Paradigmenwechsels:<br />
„Das <strong>Handwerk</strong> hat sich bislang ja als wichtiger Integrationsfaktor<br />
auch gegenüber benachteiligten Jugendlichen bewährt. Wenn man sich gerade <strong>die</strong>ser<br />
Jugendlichen nicht mehr annähme, dann wäre <strong>das</strong> natürlich auch für <strong>die</strong> gesellschaftliche<br />
Entwicklung eine verheerende Prognose.“ Als ein Lösungsweg und eine zukünftige<br />
Aufgabe für <strong>die</strong> Tarifparteien wurde der Vorschlag, für <strong>die</strong>sen Kreis benachteiligter<br />
Jugendlicher „theorieentlastete“ Ausbildungsberufe zu schaffen, in den Raum gestellt,<br />
allerdings in der Diskussion nicht weiter vertieft.<br />
Die Ursache für <strong>die</strong> hohen Durchfallquoten in handwerklichen Ausbildungsberufen –<br />
hier wurden für ein Gewerk im Raum München Quoten von 30 – 40% genannt – sahen<br />
viele Teilnehmer hauptsächlich in der mangelnden Berufsvorbereitung der Schulabgänger.<br />
Diese mangelnde Ausbildungsreife betrifft sowohl Defizite in persönlichen und<br />
sozialen Verhaltensweisen als auch Defizite in Grundfertigkeiten wie Rechtschreibung,<br />
Mathematik etc. und stelle mittlerweile ein ernsthaftes Problem für viele <strong>Handwerk</strong>sbetriebe<br />
dar. Es tritt ein Selektionsprozess bei denjenigen Jugendlichen ein, <strong>die</strong> sich für<br />
eine Ausbildung im <strong>Handwerk</strong> bewerben: „Es ist ja nicht so, daß wir hohe Durchfallquoten<br />
haben, weil unser Niveau gestiegen ist. Das Niveau ist gleich, <strong>die</strong> Anforderungen<br />
sind gleich. Aber <strong>die</strong> gut motivierten Lehrlinge zu bekommen, <strong>das</strong> ist unser Hauptproblem.“<br />
Es wurde in <strong>die</strong>sem Zusammenhang nochmals darauf verwiesen, <strong>das</strong>s <strong>das</strong><br />
<strong>Handwerk</strong> auch als „Reparaturbetrieb für den Arbeitsmarkt“ fungiere: “Wo finden sie<br />
denn noch <strong>die</strong> Lehrstelle kurz vor Beginn des Ausbildungsjahres? Wo finden sie den<br />
Praktikumsplatz für einen Umschüler, der aus einer Maßnahme der Arbeitsverwaltung