mensch » Als Physiker ist man vorgeprägt, weil man in der Quanten theorie historisch um Göttingen nicht herumkommt. Deswegen hatte ich schon als Student das Gefühl, Göttingen muss eine Spitzenuni sein. « LESEZEIT: 7 MINUTEN Herr Präsident, als neues wichtiges Gesicht in Göttingen: Wen bekommt die Stadt? Göttingen muss wissen, dass es den schlechtesten Autofahrer der Republik als Bürger haben wird. Ich habe den Führerschein erst mit 29 gemacht, als ich in die USA gegangen bin. Und wenn man den Führerschein so spät macht, kommt man auf keinen grünen Zweig mehr. Geboren in Norddeutschland, zwei Jahrzehnte Ruhrpott. Welches Herz schlägt in Ihnen? Als ich ins Ruhrgebiet gegangen bin, habe ich gelernt, zwei Begriffe zu trennen: Meine Heimat ist Norddeut≠schland. Mein Zuhause ist hingegen tatsächlich das Ruhrgebiet, da lebe ich mit meiner Frau. Und Letzteres, also das Zuhause, wird sich ändern, und irgendwann werde ich sicher auch sagen, dass mein Zuhause Göttingen ist. Gibt es aus Ihrer Studienzeit prägende Erlebnisse, die Sie heute noch beeinflussen? Die Studienzeit hat mich zu einem großen Fan der Uni an sich gemacht. Ich kam vom Land, mein Vater war türkischer Staatsbürger, meine Mutter aufgrund des Weltkriegs nur vier Jahre zur Schule gegangen. Wenn man dann plötzlich an eine Uni kommt, ist man von den Möglichkeiten, die einem gegeben werden, beeindruckt. Ich habe nie die Dankbarkeit für die Chancen abgelegt, die mir die Uni gegeben hat – ich denke, man sollte nicht vergessen, dass man ein Studium absolvieren ,darf‘. Manchmal habe ich jedoch das Gefühl, das wird vergessen, weil es inzwischen eine gewisse Anspruchshaltung gibt. Wie ist Ihr Außenblick auf die Universität Göttingen? Als Physiker ist man vorgeprägt, weil man in der Quantentheorie historisch um Göttingen nicht herumkommt, da hier die mathematischen und physikalischen Grundlagen gelegt wurden. Deswegen hatte ich schon als Student das Gefühl, Göttingen muss eine Spitzenuni sein. Dieser Eindruck hat sich nie verflüchtigt, denn hier sind nach wie vor viele Spitzenleute, die im Bereich der Naturwissenschaften auch sehr breit fächerübergreifend zusammenarbeiten. Ich lese das auch daran ab, wie viele Glückwünsche ich zu meiner Wahl bekommen habe. Ich glaube, das wären nicht so viele gewesen, wenn Göttingen nicht so prominent wahrgenommen würde. Welche maßgeblichen Herausforderungen sehen Sie für Ihre Amtszeit? Die Universität ist in einem Zustand, in dem sich Beschäftigte und Studierende schlechter fühlen, als die tatsächliche Lage hergibt. Das hat auch Gründe wie etwa den fehlenden Erfolg in der Exzellenzinitiative oder die suboptimale Präsidentenwahl. Da hat es viele Spannungen und auch persönliche Diffamierungen gegeben. Deswegen ist die erste Aufgabe, das Team wieder zusammenzubringen und Gräben zuzuschütten. Das ist notwendig, wenn wir wieder gemeinsame Erfolge feiern wollen, und es wird harte Arbeit und eine gewisse Zeit erfordern. Aber das Ziel ist klar: wieder in der Exzellenzstrategie zu reüssieren und es auch zu schaffen, dass Göttinger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wieder mehr Preise gewinnen. Das liegt natürlich zunächst einmal beim individuellen Forschenden, aber die Uni kann und muss auch die Richtigen vorschlagen. Schaut man sich das Times Higher Education Ranking an, so lässt sich ein kontinuierlicher Abstieg der Universität Göttingen feststellen – von Platz 43 und damit der besten deutschen Universität im Jahr 2011 zu aktuell Platz 130. Seit zehn Jahren ist die Universität auch im bundesdeutschen Vergleich nicht mehr exzellent. Wie wollen Sie diesem schleichenden Renommeeverlust begegnen? Zunächst einmal muss man unterscheiden, denn jedes Ranking funktioniert nach eigenen Parametern – im DFG-Förderatlas, dem wohl wichtigsten deutschen Ranking, gehört Göttingen nach wie vor zu den Top Ten. Göttingen ist also nicht unbedingt abgestiegen, aber andere haben aufgeholt. Innerhalb Deutschlands hat die Exzellenzinitiative dabei eine Rolle gespielt, aber auch weltweit haben andere Unis massiv aufgeholt, vor allem aus dem asiatischen Raum. In einem Ranking erfolgreich zu sein, hat aber auch etwas mit Stimmung zu tun und nicht zuletzt auch mit Corporate Identity, dass also beispielsweise Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bei jeder Veröffentlichung die richtige Adresse und den Uni-Namen einheitlich entsprechend der Corporate Identity angeben. Also müssen wir an zwei Sachen arbeiten: Erstens muss sich unsere Wissenschaft weiter ver- 76 1 | <strong>2021</strong>
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