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faktor Frühjahr 2021

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mensch<br />

senen Türen statt, sodass weder die Sterbenden noch die<br />

Angehörigen Abschied nehmen können. Wem ist dabei<br />

bewusst, dass bei einem verstorbenen Menschen meist<br />

fünf oder mehr Menschen deutliche Trauer leiden? Zumindest<br />

das ist etwas, was uns Corona lehrt: Nichts<br />

scheint schlimmer zu sein, als allein sterben zu müssen.<br />

Und gerade unter diesem Aspekt wird deutlich, wie<br />

wichtig die Arbeit des Fördervereins für das Palliativzentrum<br />

Göttingen ist. Durch ihn wurden schon viele letzte<br />

Wünsche erfüllt. Zum Beispiel wurden Menschen, die<br />

ihre Haustiere ein letztes Mal sehen wollten – was durch<br />

die spe zielle Lage der Palliativstation im Klinikum möglich<br />

ist – von Hund, Katze und sogar schon einmal von<br />

einem Pferd besucht. Ein Mann, der seit drei Jahren mit<br />

seiner Krebserkrankung kämpfte, sagte zu Veronika<br />

Frels: „Wissen Sie, ich habe in den anderen Kliniken immer<br />

gleich gefragt: Wann komme ich denn wieder raus?<br />

Und hier frage ich: Wie lange darf ich bleiben?“ Und<br />

eben jener Patient, der wegen seiner Tumore im Rücken<br />

nicht mehr laufen konnte, stand zehn Tage später beim<br />

Sommerfest der UMG – zwar mit einem Stock in der einen,<br />

aber auch mit einer Bratwurst in der anderen Hand<br />

– im Garten des Klinikums. „Das sind so Dinge, die man<br />

nie vergisst“, sagt Frels mit Rührung in der Stimme.<br />

Auch Nauck kennt diese Momente: „Für mich war ein<br />

Arbeitstag ein guter Tag, wenn mir Patienten auch angesichts<br />

der Situation, bald sterben zu müssen, ein Lächeln<br />

geschenkt haben. Wenn ihre Schmerzen und die anderen<br />

körper lichen und seelischen Belastungen gelindert sind.“<br />

OB ES EIN GROSSTEIL DER MENSCHEN irgendwann<br />

schaffen wird, mit dem Sterben und dem Tod als Teil des<br />

Lebens umzugehen, bleibt abzuwarten. Wir müssen es<br />

aktiv angehen, wenn wir daran etwas ändern wollen.<br />

Denn in den seltensten Fällen sterben Menschen heutzutage<br />

zu Hause im Kreis ihrer Angehörigen. Und das, obwohl<br />

sich die meisten genau das wünschen würden. Und<br />

auch darum ist die Arbeit all jener, für die Veronika Frels<br />

und Friedemann Nauck in diesem Artikel nur stellvertretend<br />

stehen, kaum hoch genug zu schätzen. Es soll aus<br />

diesem Grund hier nicht unerwähnt bleiben, wie wichtig<br />

Spenden für das Wohlergehen der Erkrankten im Palliativzentrum,<br />

aber auch in der ambulanten Pflege, den Pflegeheimen<br />

und den Hospizen sind. „Uns haben schon oft<br />

Menschen in ihrer Erbschaft bedacht. Oder auch Jubilare,<br />

die keine Geschenke wollten, sondern lieber um<br />

Spenden für unseren Verein baten“, sagt Frels. Und noch<br />

gibt es einiges zu tun, um den Wunsch einer flächendeckenden<br />

Palliativmedizin für alle Patienten, die diese<br />

benötigen, zu verwirklichen. ƒ<br />

Palliativmedizin –<br />

Ausdruck gesellschaftlicher Verantwortung<br />

Das Palliativzentrum der Universitätsmedizin Göttingen<br />

(UMG) wurde 1991 als eine der ersten Palliativstationen<br />

in Deutschland eröffnet. Ein Team von Ärzten, Pflegern<br />

und Psychologen behandelt hier in Kooperationen mit<br />

weiteren Einrichtungen der Klinik unheilbare Patienten.<br />

Das Behandlungsziel ist, die Patienten körperlich und<br />

seelisch zu stabilisieren und anschließend in die häusliche<br />

Umgebung zu entlassen. Daher arbeitet die Palliativstation<br />

eng mit Hausärzten, häuslichen Pflegediensten,<br />

weiteren Fachdisziplinen und Hospizen zusammen, um<br />

eine vernetzte ambulante Betreuung zu ermöglichen.<br />

In Fällen, in denen wegen der Schwere der Symptome<br />

eine Entlassung nicht mehr möglich ist, soll ein Sterben<br />

in Würde und ohne unnötige Schmerzen ermöglicht werden,<br />

das medizinisch begleitet wird.<br />

Förderverein für das Palliativzentrum<br />

der Universitätsmedizin Göttingen e. V.<br />

c/o Veronika Frels<br />

Am Weißen Steine 14<br />

37085 Göttingen<br />

Tel. 0551 7054 90<br />

info@palliativ-goettingen.de<br />

www.palliativ-goettingen.de<br />

» Für mich war ein<br />

Arbeitstag ein guter Tag,<br />

wenn mir Patienten auch angesichts<br />

der Situation, bald<br />

sterben zu müssen, ein<br />

Lächeln geschenkt haben. «<br />

FRIEDEMANN NAUCK<br />

86 1 | <strong>2021</strong>

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