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mensch<br />
senen Türen statt, sodass weder die Sterbenden noch die<br />
Angehörigen Abschied nehmen können. Wem ist dabei<br />
bewusst, dass bei einem verstorbenen Menschen meist<br />
fünf oder mehr Menschen deutliche Trauer leiden? Zumindest<br />
das ist etwas, was uns Corona lehrt: Nichts<br />
scheint schlimmer zu sein, als allein sterben zu müssen.<br />
Und gerade unter diesem Aspekt wird deutlich, wie<br />
wichtig die Arbeit des Fördervereins für das Palliativzentrum<br />
Göttingen ist. Durch ihn wurden schon viele letzte<br />
Wünsche erfüllt. Zum Beispiel wurden Menschen, die<br />
ihre Haustiere ein letztes Mal sehen wollten – was durch<br />
die spe zielle Lage der Palliativstation im Klinikum möglich<br />
ist – von Hund, Katze und sogar schon einmal von<br />
einem Pferd besucht. Ein Mann, der seit drei Jahren mit<br />
seiner Krebserkrankung kämpfte, sagte zu Veronika<br />
Frels: „Wissen Sie, ich habe in den anderen Kliniken immer<br />
gleich gefragt: Wann komme ich denn wieder raus?<br />
Und hier frage ich: Wie lange darf ich bleiben?“ Und<br />
eben jener Patient, der wegen seiner Tumore im Rücken<br />
nicht mehr laufen konnte, stand zehn Tage später beim<br />
Sommerfest der UMG – zwar mit einem Stock in der einen,<br />
aber auch mit einer Bratwurst in der anderen Hand<br />
– im Garten des Klinikums. „Das sind so Dinge, die man<br />
nie vergisst“, sagt Frels mit Rührung in der Stimme.<br />
Auch Nauck kennt diese Momente: „Für mich war ein<br />
Arbeitstag ein guter Tag, wenn mir Patienten auch angesichts<br />
der Situation, bald sterben zu müssen, ein Lächeln<br />
geschenkt haben. Wenn ihre Schmerzen und die anderen<br />
körper lichen und seelischen Belastungen gelindert sind.“<br />
OB ES EIN GROSSTEIL DER MENSCHEN irgendwann<br />
schaffen wird, mit dem Sterben und dem Tod als Teil des<br />
Lebens umzugehen, bleibt abzuwarten. Wir müssen es<br />
aktiv angehen, wenn wir daran etwas ändern wollen.<br />
Denn in den seltensten Fällen sterben Menschen heutzutage<br />
zu Hause im Kreis ihrer Angehörigen. Und das, obwohl<br />
sich die meisten genau das wünschen würden. Und<br />
auch darum ist die Arbeit all jener, für die Veronika Frels<br />
und Friedemann Nauck in diesem Artikel nur stellvertretend<br />
stehen, kaum hoch genug zu schätzen. Es soll aus<br />
diesem Grund hier nicht unerwähnt bleiben, wie wichtig<br />
Spenden für das Wohlergehen der Erkrankten im Palliativzentrum,<br />
aber auch in der ambulanten Pflege, den Pflegeheimen<br />
und den Hospizen sind. „Uns haben schon oft<br />
Menschen in ihrer Erbschaft bedacht. Oder auch Jubilare,<br />
die keine Geschenke wollten, sondern lieber um<br />
Spenden für unseren Verein baten“, sagt Frels. Und noch<br />
gibt es einiges zu tun, um den Wunsch einer flächendeckenden<br />
Palliativmedizin für alle Patienten, die diese<br />
benötigen, zu verwirklichen. ƒ<br />
Palliativmedizin –<br />
Ausdruck gesellschaftlicher Verantwortung<br />
Das Palliativzentrum der Universitätsmedizin Göttingen<br />
(UMG) wurde 1991 als eine der ersten Palliativstationen<br />
in Deutschland eröffnet. Ein Team von Ärzten, Pflegern<br />
und Psychologen behandelt hier in Kooperationen mit<br />
weiteren Einrichtungen der Klinik unheilbare Patienten.<br />
Das Behandlungsziel ist, die Patienten körperlich und<br />
seelisch zu stabilisieren und anschließend in die häusliche<br />
Umgebung zu entlassen. Daher arbeitet die Palliativstation<br />
eng mit Hausärzten, häuslichen Pflegediensten,<br />
weiteren Fachdisziplinen und Hospizen zusammen, um<br />
eine vernetzte ambulante Betreuung zu ermöglichen.<br />
In Fällen, in denen wegen der Schwere der Symptome<br />
eine Entlassung nicht mehr möglich ist, soll ein Sterben<br />
in Würde und ohne unnötige Schmerzen ermöglicht werden,<br />
das medizinisch begleitet wird.<br />
Förderverein für das Palliativzentrum<br />
der Universitätsmedizin Göttingen e. V.<br />
c/o Veronika Frels<br />
Am Weißen Steine 14<br />
37085 Göttingen<br />
Tel. 0551 7054 90<br />
info@palliativ-goettingen.de<br />
www.palliativ-goettingen.de<br />
» Für mich war ein<br />
Arbeitstag ein guter Tag,<br />
wenn mir Patienten auch angesichts<br />
der Situation, bald<br />
sterben zu müssen, ein<br />
Lächeln geschenkt haben. «<br />
FRIEDEMANN NAUCK<br />
86 1 | <strong>2021</strong>