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leben<br />
»Wir entwickeln langsam eine gewisse Gelassenheit. «<br />
TOBIAS WOLFF, Internationale Händel-Festspiele<br />
zum 100-jährigen Jubiläum im vergangenen Jahr vorgesehen<br />
war. Jetzt mussten die Vorbereitungen wieder abgebrochen<br />
werden. „Wir entwickeln langsam eine gewisse<br />
Gelassenheit“, sagt der geschäftsführende Intendant<br />
Tobias Wolff und kommentiert so die erneute Verschiebung<br />
auf September. Der künstlerische Leiter an seiner<br />
Seite, Laurence Cummings, zeigt sich erleichtert darüber:<br />
„Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass die Reisebeschränkungen<br />
schnell genug aufgehoben werden.“<br />
Verständnisvolle Worte für einen verzweifelten Zustand.<br />
Zwar gab und gibt es viele persönliche Zuwendungen,<br />
doch fehlt ihnen im zweiten Jahr in Folge das<br />
Publikum, aus dem sie ihre Kraft schöpfen. Das zehrt.<br />
Das ersatzweise entstandene ,Digitale Festival‘ im vergangenen<br />
Jahr fand noch großen Anklang – die Videos der<br />
Beiträge sind noch immer auf der Webseite und dem<br />
Youtube-Kanal haendel fest abrufbar. „Doch die Kontakte<br />
werden schwächer“, sagt Wolff bedauernd. „Weitere Aufzeichnungen<br />
füllen nun die Monate bis zur eigentlichen<br />
Spielzeit, in der erneut kleine feine digitale Formate stattfinden<br />
werden.“ Zwischenzeitlich schalten sich die Orchestermitglieder<br />
aus aller Welt mit Cummings zusammen.<br />
Wolff tauscht Erfahrungen mit anderen Festivals<br />
aus. „Wir werden das Prinzip Salzburg rigide umsetzen“,<br />
erzählt er. „Das heißt, die Mitwirkenden einer Produktion<br />
müssen unter sich bleiben.“ Das ursprünglich geplante<br />
Programm wird schmaler ausfallen müssen. Trotz<br />
allem: Die Vor bereitungen für den zweiten Anlauf zum<br />
großen Jubiläum im September laufen auf Hochtouren –<br />
wenn auch mit Ungewissheiten seitens der Locations und<br />
der Künstler. Sicher ist nur der Wechsel an der Spitze: Für<br />
Wolff und Cummings ist es die letzte Spielzeit in Göttingen.<br />
Schon im Mai wechselt Wolff nach Leipzig, Cummings<br />
geht nach London – beide kommen aber für den September<br />
zurück, um sich angemessen mit einem Feuerwerk zu<br />
verabschieden und ihre Nachfolger zu begrüßen.<br />
▸ www.haendel-festspiele.de<br />
PS.SPEICHER<br />
Der ausgebremste PS.Speicher hatte 2020 eine auf sehenerregende<br />
Premiere von 1.600 neuen Exponaten geplant.<br />
„Corona hat uns die Öffnung der PS.Depots jedoch verhagelt“,<br />
sagt Geschäftsführer Lothar Meyer- Mertel. Das<br />
Überleben sichert vor allem die gemeinnützige Stiftung<br />
PS.Speicher, vormals Kulturstiftung Kornhaus.<br />
Heiß läuft der Motor derweil auf den sozialen Kanälen,<br />
auf denen der PS.Speicher Fahrzeuge und deren Geschichte<br />
vorstellt. „Das Thema Oldtimer ist sehr emotional,<br />
und so präsentieren wir es auch“, sagt Meyer- Mertel<br />
und freut sich über das enorm gestiegene organische<br />
Wachstum der Follower: Über 75.000 Menschen liken,<br />
kommentieren und motivieren. Großen Zuspruch finden<br />
auch die virtuellen Rundgänge auf der Webseite. Für den<br />
Herbst ist eine Sonderausstellung zu ,100 Jahre AVUS‘<br />
geplant, öffnen will der PS.Speicher aber schon im Frühjahr.<br />
„Wir haben viel Raum, Lüftungsanlagen, Hygienekonzepte“,<br />
erklärt der Geschäftsführer hoffnungsvoll.<br />
„Richtig durchstarten wird das Museum aber wohl erst<br />
wieder 2022 – dann geben wir richtig Gas“.<br />
▸ www.ps-speicher.de<br />
GANDERSHEIMER DOMFESTSPIELE<br />
„Die erhofft ,beste Spielzeit aller Zeiten‘ fiel bescheiden<br />
aus“, erzählt der Geschäftsführer der Gandersheimer<br />
Domfestspiele Thomas Groß. „Und trotzdem: 2020 sind<br />
wir sehr reich beschenkt worden.“ Vom Publikum, das<br />
Gutscheine gekauft oder gespendet hat, und von Sponsoren,<br />
die trotz ausgefallener Gegenleistung geblieben<br />
sind. „Die vielen persönlichen Gespräche haben uns zusammengeschweißt.<br />
Die Gandersheimer Dom festspiele<br />
haben so vom Rand der Existenz wieder zurückgefunden.“<br />
Die Künstler dagegen sind in Not. Mit Verträgen, die<br />
das Risiko gerecht verteilen, will Groß ihnen seine „Leidenschaft<br />
und Wertschätzung vermitteln“. Gemeinsam<br />
mit Intendant Achim Lenz plant er in diesem Jahr von<br />
Juni bis August eine Woche mehr Spielzeit mit 35 Prozent<br />
mehr Aufführungen, ein weitläufiges Catering-Konzept,<br />
Schnelltests mit ärztlicher Betreuung und einen<br />
zusätzlichen Spielort im Probenzentrum. Dessen technische<br />
Ausstattung haben sie durch ein Crowdfunding<br />
und einen unverhofften Spender finanzieren können.<br />
„Die Stiftsfreiheit am Dom wird aufgewertet“, so Groß,<br />
„damit Besucher bei uns das Gefühl von Freiheit, Optimismus<br />
und Wohlbefinden atmen können.“<br />
▸ www.gandersheimer-domfestspiele.de<br />
96 1 |<strong>2021</strong>