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procontra Ausgabe 02-2022 Preview

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InsurTech wefox TITEL<br />

DIE WETTE WEFOX<br />

Auf kein anderes InsurTech setzen Investoren so viel Geld wie auf wefox.<br />

Wie das Geschäftsmodell funktioniert, wovon es abhängt und welche etablierten<br />

Beratungs- und Versicherungsstrukturen das Unicorn aus Berlin avisiert<br />

– TEXT: MARTIN THALER, MATTHIAS HUNDT –<br />

Es liegt schon über fünf Jahre zurück,<br />

dass <strong>procontra</strong> in der <strong>Ausgabe</strong> 01/2017<br />

den Hype um Fin- und InsurTechs auf den<br />

Titel hob und die Geschäftsmodelle dieser<br />

„Game Changer“ durchleuchtete. Ein<br />

„längst überfälliger Strukturwandel“ sei in<br />

Gang gesetzt worden, hieß es damals von<br />

allen Seiten. Vielen der Neulinge gingen<br />

mittlerweile aber Geld und Puste aus, vor<br />

allem die hohen Akquisekosten der überwiegend<br />

auf Endkunden (B2C) ausgerichteten<br />

Modelle trieben sie wieder vom Markt.<br />

Einige haben sich jedoch fest in der Wertschöpfungskette<br />

etabliert. Beispiele: Getsafe<br />

vermeldet über 300.000 Kunden und<br />

beantragte Ende März die Lizenzen für die<br />

Märkte Frankreich, Italien und Österreich.<br />

Getsurance ging zunächst pleite und fand in<br />

der Nürnberger Versicherung ihren Retter.<br />

Nürnberger-Vorstand Harald Rosenberger<br />

will laut Interview mit dem Versicherungsmonitor<br />

„spätestens ab 2<strong>02</strong>4 mit Getsurance<br />

schwarze Zahlen schreiben“. Der<br />

Frankfurter Online-Versicherungsmakler<br />

Clark hat mittlerweile die Allianz an seiner<br />

Seite und spricht von einem Kundenstamm<br />

von über 250.000. Die Clark Germany<br />

GmbH setzte 2<strong>02</strong>0 laut Geschäftsbericht<br />

14,6 Millionen Euro um (+52 Prozent gegenüber<br />

2019) und gründete Anfang März<br />

eine Holdingstruktur. Experten sehen darin<br />

vorbereitende Schritte für einen Börsengang<br />

– was Clark selbst bislang nicht bestätigte.<br />

Neben diesen Beispielen stand 2017 auch<br />

FinanceFox im Fokus, deren Geschäftsmodell<br />

als digitaler Makler im B2C und digitale<br />

Plattform im B2B-Bereich kategorisiert<br />

wurde. Heute firmiert das 2015 gegründete<br />

Unternehmen als wefox Group, mit eigenem,<br />

in Liechtenstein ansässigen Versicherer<br />

(wefox insurance, ehemals One) und<br />

eigenem Exklusivvertrieb (wefox Germany<br />

GmbH). Nicht nur die Beratungs- und Versicherungsbranche,<br />

sondern die gesamte Techi-Landschaft<br />

schaut auf das Berliner Unternehmen.<br />

Spätestens als es im Juni 2<strong>02</strong>1<br />

in seiner Series-C-Finanzierungsrunde 650<br />

Millionen US-Dollar (circa 530 Millionen<br />

Euro) frisches Investorengeld einsammeln<br />

konnte, wurde selbst die branchenferne<br />

Presse aufmerksam. 650 Millionen bedeuten<br />

die weltweit größte Finanzierungsrunde<br />

eines InsurTechs! Und das nicht im Silicon<br />

Valley, sondern mitten in Berlin.<br />

»Investoren schätzen<br />

das Potenzial von<br />

wefox weiterhin um<br />

ein Vielfaches höher<br />

ein, als es die Zahlen<br />

hergeben.«<br />

PHILIPP KANSCHIK, POLICEN DIREKT<br />

Die Unternehmensbewertung sprang daraufhin<br />

auf drei Milliarden, in Ziffern:<br />

3.000.000.000, Dollar und damit locker<br />

über die „Unicorn“-Schwelle (ab einer Milliarde).<br />

Zur Einordnung: Clark (69 Millionen<br />

Euro), Getsafe (57 Millionen) und ottonova<br />

(40 Millionen) sammelten in ihren<br />

2<strong>02</strong>1er- Runden nur einen Bruchteil davon<br />

für ihre Visionen ein.<br />

Spätestens nach der historischen Finanzierungsrunde<br />

taucht vermehrt die Frage<br />

auf, wie ein Unternehmen mit einem Umsatz<br />

von „nur“ 310 Millionen Euro (2<strong>02</strong>1)<br />

über 2,7 Milliarden Euro wert sein kann.<br />

Das ist ein Faktor von 8,7. „Das ist enorm<br />

viel“, findet auch Philipp Kanschik, der bei<br />

Policen Direkt das Maklergeschäft leitet.<br />

Der Frankfurter Zweitmarktspezialist zahle<br />

auf Bestände derzeit Umsatzmultiples in<br />

Höhe von 2,5. „Das bedeutet: Investoren<br />

schätzen das Potenzial von wefox weiterhin<br />

um ein Vielfaches höher ein, als es die aktuellen<br />

Zahlen hergeben.“ Zum Vergleich:<br />

Die Allianz setzte 2<strong>02</strong>0 etwa 140 Milliarden<br />

Euro um und wird aktuell mit knapp<br />

90 Milliarden Euro bewertet – das entspricht<br />

einem Umsatzfaktor von 0,6.<br />

DIE RICHTIGE GESCHICHTE ERZÄHLEN (KÖNNEN)<br />

Zunächst profitiert wefox von einem allgemeinen<br />

Trend – dem boomenden Geschäft<br />

mit Start-up-Finanzierungen. Insgesamt<br />

17,4 Milliarden Euro flossen allein im vergangenen<br />

Jahr laut „EY Startup-Barometer“<br />

an Risikokapital in deutsche Firmen<br />

– mehr als das Dreifache von 2<strong>02</strong>0. „Nie<br />

wurde mehr investiert“, blicken die Branchenexperten<br />

zurück. „Entsprechend gibt<br />

es einen sehr hohen Anlagedruck seitens<br />

der Risikokapitalgeber.“ In Zeiten, in denen<br />

es selbst für sichere Anlagen keinen<br />

Zins mehr gibt, relativieren sich auch<br />

Illustration: Roman Kulon<br />

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