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procontra Ausgabe 02-2022 Preview

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Verbraucherschutz BERATER<br />

CFDs) verboten, die Privatkunden jetzt<br />

nicht mehr mit Nachschusspflicht angeboten<br />

werden dürfen. Auch in Bezug auf<br />

die Prämiensparverträge, bei denen ein<br />

Anspruch auf Zinsnachzahlung besteht,<br />

und in Bezug auf den AGB-Änderungsmechanismus<br />

haben wir uns stark für den<br />

Verbraucherschutz eingesetzt. Darüber<br />

hinaus starten wir in diesem Jahr mit dem<br />

sogenannten Mystery-Shopping verdeckte<br />

Testkäufe. Auch die Verbraucheraufklärung<br />

und die Stärkung der Finanzkompetenz<br />

der Verbraucher nehmen wir in den<br />

Blick. Das passiert beispielsweise sowohl<br />

durch Informationen auf unserer Website<br />

und durch Veranstaltungen als auch durch<br />

die sozialen Medien. Als Beauftragter für<br />

den Verbraucherschutz berate ich zudem<br />

das gesamte BaFin-Direktorium in Bezug<br />

auf Themen rund um den Verbraucherschutz.<br />

<strong>procontra</strong>: Zum Mystery-Shopping: Mit<br />

den anonymen Testkäufen sollen ab<br />

diesem Jahr Lücken im Verbraucherschutz<br />

aufgedeckt werden. In welchem Umfang<br />

ist das Projekt geplant und welche Schwerpunkte<br />

wird es haben?<br />

Bock: Wir werden mehrere Mystery-<br />

Shopping-Aktionen im Jahr durchführen,<br />

im Bank-, im Wertpapier- und im Versicherungsbereich.<br />

Mit dieser Aufgabe werden<br />

wir Agenturen beauftragen, die mit Testkäufern<br />

auftreten und sich vor Ort in den<br />

von uns beaufsichtigten Instituten beraten<br />

lassen. Zwar hat unser erster Testlauf im<br />

vergangenen Jahr noch keine aussagekräftigen<br />

Ergebnisse geliefert, aber als eine<br />

Konsequenz daraus werden wir in diesem<br />

Jahr definitiv die Anlageberatung genauer<br />

prüfen. Als zweites großes Segment wollen<br />

wir den Vertrieb von Restschuldversicherungen<br />

unter die Lupe nehmen. Denn das<br />

ist ein Thema, das uns, die Branche und<br />

den Gesetzgeber schon lange interessiert.<br />

Hier wollen wir am „Point of Sale“ schauen:<br />

Wie werden eigentlich Restschuldversicherungen<br />

argumentativ verkauft?<br />

<strong>procontra</strong>: Mit dem Gesetz „zur weiteren<br />

Stärkung des Anlegerschutzes“ hat die<br />

Bundesregierung im vergangenen Jahr<br />

Blindpool-Vermögensanlagen untersagt. Ist<br />

auch ein Verbot weiterer Finanzprodukte<br />

denkbar?<br />

Bock: Wie erwähnt, haben wir bereits<br />

CFDs mit Nachschusspflichten für Privatanleger<br />

verboten. Aktuell läuft die Anhörung<br />

für ein Retail-Verbot von Futures<br />

mit Nachschusspflichten. Dadurch sollen<br />

Anleger beim Handel mit diesen Produkten<br />

davor geschützt werden, in hoch<br />

volatilen Marktsituationen ihr gesamtes<br />

Vermögen zu verlieren. Daneben haben<br />

wir allein im vergangenen Jahr knapp über<br />

50 Finanzinstrumente daraufhin untersucht,<br />

ob Produktinterventionen nötig<br />

und möglich waren. Dazu gehörten unter<br />

anderem Namensschuldverschreibungen,<br />

Zertifikate, Nachrangdarlehen und Nachranganleihen.<br />

Nicht immer kommt es zu<br />

öffentlich sichtbaren Produktverboten<br />

oder Vertriebsverboten. Dennoch sind wir<br />

hier für den Anleger positiv unterwegs.<br />

Denn wenn wir einschreiten, Rückfragen<br />

stellen und Bedenken äußern, ziehen viele<br />

Anbieter zweifelhafte Angebote wieder<br />

zurück. Und Anleger können damit kein<br />

Geld mehr verlieren.<br />

»Was wir im Zweifel<br />

nie vollständig<br />

verhindern können,<br />

ist hohe kriminelle<br />

Energie.«<br />

<strong>procontra</strong>: Bekanntermaßen birgt der graue<br />

Kapitalmarkt besondere Risiken für den<br />

Privatanleger. Stichwort P&R-Pleite: Hier<br />

wurde immer wieder moniert, die BaFin<br />

habe die Verkaufsprospekte des Containerhändlers<br />

nicht ausreichend auf inhaltliche<br />

Kohärenz überprüft. Müssen Sie sich<br />

diesen Schuh anziehen, und wie lassen sich<br />

Fälle wie P&R in Zukunft vermeiden?<br />

Bock: Nein, diesen Schuh ziehen wir uns<br />

als BaFin nicht an. Die Prospektprüfung<br />

der BaFin war und ist keine inhaltliche<br />

Prüfung – und dies darf auch nicht sein.<br />

Darauf weisen wir Anleger immer wieder<br />

hin.<br />

<strong>procontra</strong>: Die BaFin kann also nichts tun,<br />

damit sich ähnliche Skandale nicht mehr<br />

ereignen?<br />

Bock: Mit dem Anlegerschutzstärkungsgesetz<br />

und dem Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz<br />

hat der Gesetzgeber bereits<br />

weitere wichtige Schritte zum Schutz der<br />

Anleger unternommen. Was wir aber im<br />

Zweifel nie vollständig verhindern können,<br />

ist hohe kriminelle Energie. Das wird am<br />

Ende aller Tage der Gesetzgeber nicht<br />

verhindern können.<br />

<strong>procontra</strong>: Muss in Bezug auf die Verbraucheraufklärung<br />

auch der Finanzberater<br />

stärker in die Pflicht genommen werden?<br />

Bock: Aufklärungsdefizite liegen aus<br />

meiner Sicht eher im Bereich der Social-<br />

Media-Kanäle, wenn beispielsweise sogenannte<br />

Finfluencer Finanzprodukte oder<br />

Kryptowährungen bewerben. Da sollte<br />

man sehr vorsichtig sein.<br />

<strong>procontra</strong>: Zu Anlegerskandalen kam es in<br />

der jüngeren Vergangenheit auch bei Edelmetallkäufen<br />

– die BaFin hatte hier allerdings<br />

keine Handhabe, da das Geschäftsmodell<br />

als reiner Kauf physischen Goldes<br />

ausgestaltet war. Wie können Goldkäufer<br />

besser geschützt werden?<br />

Bock: Auch darauf hat der Gesetzgeber mit<br />

dem schon erwähnten Gesetz zur Stärkung<br />

der Finanzmarktintegrität (FISG) reagiert.<br />

Im vergangenen Jahr sind Edelmetallgeschäfte<br />

als Vermögensanlagen unter die<br />

Prospektpflicht gestellt worden, bei denen<br />

am Ende der Laufzeit die Edelmetallwerte<br />

zusammen mit einer Zinszahlung in Geld<br />

oder mit anderen Edelmetallen als vermögenswerter<br />

Ausgleich an den Kunden ausgezahlt<br />

werden. Ausdrücklich nicht erfasst<br />

sind aber weiterhin klassische Verwahrverträge<br />

oder der reine Kauf und Verkauf<br />

von physischen Edelmetallen oder daraus<br />

hergestellten Produkten als Bestandteil der<br />

Realwirtschaft ohne tatsächlichen Bezug<br />

zum Finanz- oder Kapitalmarkt.<br />

<strong>procontra</strong>: Eine letzte Frage zu Kryptoinvestments,<br />

die ja nur von wenigen<br />

Menschen verstanden werden. Hier gibt<br />

es häufig Betrugsfälle, wie Sie eben schon<br />

angedeutet haben. Hat die BaFin dieses<br />

Segment auf dem Schirm? Kann sie hier<br />

tätig werden?<br />

Bock: Ja, wir haben den Kryptomarkt auf<br />

dem Schirm. Aber man muss hier differenzieren.<br />

Bei den Kryptowerten selbst<br />

wie Bitcoin, Ether oder Litecoin sind wir<br />

als BaFin außen vor, hierfür gibt es keine<br />

Aufsicht. Wir beaufsichtigen stattdessen<br />

die aktiven Dienstleister, die die Tätigkeiten<br />

rund um Kryptowerte erbringen,<br />

und die Handelsplattformen. Das heißt<br />

aber gerade nicht, dass die dort gehandelten<br />

Kryptowerte tatsächlich sicher sind.<br />

Das sollte sich jeder Anleger immer wieder<br />

bewusst machen. <br />

<strong>procontra</strong> <strong>02</strong> | 22<br />

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