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procontra Ausgabe 02-2022 Preview

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Waldinvestments SACHWERTE<br />

tifikate die Ertragsaussichten auch deutlich<br />

steigen. Wer mit Wald hohe Renditen<br />

erwirtschaften will, muss allerdings ins<br />

Ausland gehen.<br />

<strong>procontra</strong>: Was unterscheidet das Investieren<br />

in ausländischen Wald vom Anlegen in<br />

deutschen Forst?<br />

Clasen: In Deutschland sind wegen der<br />

hohen Bevölkerungsdichte komplexe<br />

Bewirtschaftungsmethoden erforderlich.<br />

Bund- und Ländergesetze regeln beispielsweise,<br />

dass auf Forstgrundstücken kein<br />

willkürlicher Kahlschlag gemacht werden<br />

darf, dass Borkenkäfer entfernt und freie<br />

Flächen wieder bewaldet werden müssen.<br />

Wir haben hierzulande eine integrative<br />

Forstwirtschaft. Die Wälder sollen verschiedenen<br />

Faktoren Rechnung tragen:<br />

»Wenn man Wald<br />

besitzt und dann<br />

nichts macht, kann<br />

man das Geld auch<br />

zum Fenster<br />

rauswerfen.«<br />

Naturschutz, Erholung, saubere Luft, das<br />

sind nur ein paar Stichworte. Die meisten<br />

anderen Länder, Finnland oder Neuseeland<br />

beispielsweise, verfolgen bei der Bewirtschaftung<br />

einen segregativen Ansatz. Dort<br />

leben deutlich weniger Einwohner, deshalb<br />

sind Kahlschläge mit anschließender Wiederaufforstung<br />

die Regel und auch nichts<br />

Schlechtes. Hinzu kommt, dass die Bäume<br />

dort schneller wachsen als hier. Bei einer<br />

Kahlschlagswirtschaft in diesen Ländern<br />

sind die Renditen höher. In Deutschland<br />

geht das behutsame Bewirtschaften zulasten<br />

der Rendite.<br />

<strong>procontra</strong>: Über welche Punkte sollten sich<br />

die „neuen“ Waldeigentümer als Erstes<br />

informieren? Wie können Wissenslücken<br />

am besten gefüllt werden?<br />

Clasen: Zunächst einmal: Bei der Waldbewirtschaftung<br />

kann man vieles falsch<br />

machen. Der Revierförster vor Ort sollte<br />

der erste Ansprechpartner sein. Denn<br />

die Forstverwaltungen der Bundesländer<br />

<strong>procontra</strong>: Das heißt im Umkehrschluss:<br />

Erben informieren sich weniger umfassend<br />

über ihren neuen Besitz als Anleger, die<br />

jetzt neu in Forst investieren?<br />

Clasen: In Teilen ist das zutreffend. Wer<br />

sich für Wald interessiert und kaufen will,<br />

bringt meist schon gewisse Vorkenntnisse<br />

mit – in der Regel mehr als der Erbe. Und<br />

wer Wald kauft, möchte sein eigenes Konzept<br />

einbringen, zum Beispiel bestimmte<br />

Mischbaumarten pflanzen. Da ist es ein<br />

Vorteil, wenn man nicht in alten Familienstrukturen<br />

verhaftet ist. Für den Wald<br />

ist eine permanente, nachhaltige Nutzung<br />

optimal, ein nachhaltiges Gewinnen von<br />

Rohstoffen. In manchen Kleinstprivatwäldern<br />

passiert gar nichts, weil Wald<br />

vererbt wurde und die Leute manchmal<br />

gar nicht wissen, dass sie Wald besitzen.<br />

Dann ist das schlecht für die Umwelt und<br />

das Klima, weil wir die Chance verpassen,<br />

nachhaltige Holzproduktion vor der<br />

Haustür zu betreiben, und stattdessen<br />

mehr Holz aus dem Ausland importieren.<br />

Der Vorteil von Onlinebörsen: Jemand, der<br />

sich wirklich für Wald interessiert, kommt<br />

schnell dran. Es gibt aber natürlich auch<br />

viele Erben, die über Generationen hinweg<br />

große Forstbetriebe betreuen, ein umfangreiches<br />

Waldwissen besitzen, nachhaltige<br />

Konzepte verfolgen. Man kann nicht<br />

pauschal sagen, das eine ist gut und das<br />

andere ist schlecht.<br />

<strong>procontra</strong>: Erzielen denn die Onlinekäufer<br />

höhere Renditen, weil sie in der Regel<br />

fachgerechter bewirtschaften als die<br />

Erben?<br />

Clasen: Das lässt sich schwer einschätzen.<br />

Gerade auf kleineren Grundstücken<br />

wächst oft nur eine Altersklasse von<br />

Bäumen. Da lassen die ersten Erträge<br />

auch mal 30 Jahre auf sich warten. Und<br />

die Motivationen für einen Kauf sind<br />

sehr unterschiedlich. Der eine Käufer will<br />

etwas für den Naturschutz tun, der andere<br />

strebt einfach nur den Vermögenserhalt<br />

an. Und dann gibt es eine dritte Sparte, die<br />

eine effiziente Bewirtschaftung verfolgt.<br />

In Deutschland liegen die Renditen meist<br />

unter 1 Prozent. Geld zu verdienen, sollte<br />

auch niemals das primäre Ziel von Walderwerb<br />

sein. Erst einmal geht es darum, in<br />

Pflanzung und Pflege zu investieren, erst<br />

danach spielen Ertragsaspekte eine Rolle.<br />

Allerdings dürften durch die zunehmende<br />

Bedeutung des Rohstoffs Holz sowie mögliche<br />

Zusatzerträge durch Kohlenstoffzerhaben<br />

die Hoheit über jeden Wald, und<br />

der Revierförster kann auch Fördermöglichkeiten<br />

nennen, Hinweise geben. Ziel<br />

jedes Erwerbs sollte idealerweise ein<br />

strukturierter, artenreicher Wald sein, in<br />

dem unterschiedliche Altersstufen vertreten<br />

sind. Danach geht es um Ernte und<br />

Ertrag. Man kann sich nicht im Vorfeld<br />

einen Betrag ausdenken, den man am Ende<br />

gerne in der Tasche hätte. Wenn jemand<br />

unbedingt Wald neu erwerben möchte und<br />

sich damit nicht auskennt, wird er schnell<br />

an seine Grenzen kommen.<br />

<strong>procontra</strong>: Mit welchen Preisen müssen<br />

Waldanleger rechnen?<br />

Clasen: Die Entscheidung, Wald zu kaufen,<br />

ist keine günstige. Es gibt eine sehr große<br />

Spannbreite. Günstigere Grundstücke<br />

kosten zwischen 8.000 und 12.000 Euro<br />

pro Hektar. Im Großraum München oder<br />

Frankfurt ist man dagegen schon mal mit<br />

100.000 Euro pro Hektar dabei. Wenn<br />

man Wald besitzt und dann nichts macht,<br />

kann man das Geld genauso gut zum Fenster<br />

rauswerfen.<br />

<strong>procontra</strong>: Welchen Effekt hat der Onlinehandel<br />

auf den Berateralltag? Wie können<br />

sich Vermittler vorbereiten?<br />

Clasen: Ein Finanzberater kann nicht<br />

einfach so in die Rolle eines Forstmaklers<br />

schlüpfen. Dafür müssen Kurse,<br />

Fortbildungen besucht und es muss mit<br />

spezialisierten Beratern zusammengearbeitet<br />

werden. Im besten Fall interessiert<br />

sich der Vermittler selbst für Wald und<br />

verfügt über ein Netzwerk von forstlichen<br />

Beratern. Seit der Finanzkrise und im Zuge<br />

der niedrigen Zinsen suchen die Menschen<br />

nach alternativen Anlagen – und Wald<br />

ist ein stabiler Baustein fürs Portfolio.<br />

Dem Wald ist Krieg egal, dem Wald sind<br />

Finanzkrisen egal, und wenn der Holzpreis<br />

niedrig ist, dann wartet man eben mit der<br />

Holzernte. Da gibt es schon die Entwicklung,<br />

dass sich mehr Anleger fragen: Ist<br />

das vielleicht auch ein Investment für<br />

mich? Im Zuge dessen registrieren wir<br />

auch mehr Vermögensberater, die uns zu<br />

einer Beratung in puncto Waldinvestment<br />

befragen. Im Großen und Ganzen sehe ich<br />

auf die Berater aber keine große Veränderung<br />

zukommen. Nach wie vor gehen<br />

viele Interessenten über den Nachbarn,<br />

der Waldbesitzer ist, beauftragen Makler<br />

oder setzen Gesuche in die Zeitung. Einen<br />

strukturellen Wandel wird es in der Beratung<br />

nicht geben. <br />

<strong>procontra</strong> <strong>02</strong> | 22<br />

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