procontra Ausgabe 02-2022 Preview

SACHWERTE Immobilienrente
BETONGOLD VERFLÜSSIGEN
Im Zuge niedriger Renten und hoher Inflation wird die eigene Immobilie als Liquiditätsquelle
populärer. Finanzberater sollten auf potenzielle Stolperfallen der Immobilienrente hinweisen.
– TEXT: IMKE REIHER –
Keine Frage: Für Jeanne Calment hat sich
der Deal gelohnt. Mit 90 Jahren verkaufte
die Französin ihre Wohnung günstig an den
Rechtsanwalt Andre-François Raffray. Im
Gegenzug erhielt sie eine monatliche Rente
TEILVERKAUF ALS BLACK BOX
Bei der Immobilienrente steht die Summe
fest, die der Verkäufer bekommt. Die Höhe
hängt von der Variante ab. Insgesamt gibt
es drei: erstens eine Einmalauszahlung zu
Beginn, ohne anschließende Rente; zweitens
eine Einmalauszahlung und eine befristete
Rente; drittens eine lebenslange
Rente ohne Einmalzahlung. In allen Fällen
hat der Verkäufer lebenslanges Wohnrecht
und muss sich nicht um die Instandhaltung
kümmern. In einem Beispiel rechnet die
Deutsche Leibrenten Grundbesitz vor, wie
hoch die Sofort-Finanzspritze für eine Immobilie
im Wert von 500.000 Euro ausfalvon
2.500 Francs und lebenslanges Wohnrecht.
Letztlich wurde sie 122 Jahre alt und
damit der älteste Mensch, der je gelebt hat.
Gerade wenn die Rente klein ist, erscheint
die Möglichkeit attraktiv, das
Zuhause als Geldquelle zu nutzen, ohne
ausziehen zu müssen. Dabei gibt es verschiedene
Modelle: Neben der Immobilien-
oder auch Leibrente sind dies vor allem
der Teilverkauf und die Umkehrhypothek,
bei denen die Beleihung der Immobilie im
Vordergrund steht. Für Berater bietet der
Markt eine Chance für Neugeschäft: „Wir
schätzen, dass man den Umsatz um bis zu
30 Prozent erhöhen kann, wenn man sehr
aktiv ist“, meint Friedrich Thiele, Vorstand
der Deutsche Leibrenten Grundbesitz AG.
WACHSTUMSSTARKER MARKT
Für eine Immobilienrente komme jeder ab
70 Jahren infrage, der sein Eigenheim für
eine lebenslange oder zeitlich begrenzte
Rente mit Wohnrecht verkaufen will. Beim
Teilverkauf und der Umkehrhypothek ist
der Markt noch größer, weil sich beides
früher realisieren lässt. Berater können sich
den Markt als Vermittler oder Tippgeber
erschließen. Als Vermittler klären sie Kunden
zum Thema auf und erhalten von den
Anbietern Provisionen, die zwischen 2,5
und über 3,5 Prozent liegen. Als Tippgeber
leiten sie Anfragen weiter und erhalten eine
Vermittlungsgebühr von bis zu 1 Prozent.
80 Illustration: Roman Kulon