13.04.2022 Aufrufe

procontra Ausgabe 02-2022 Preview

Die ersten zwei Seiten der Titelstory sind auch ohne Abo lesbar.

Die ersten zwei Seiten der Titelstory sind auch ohne Abo lesbar.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Private Unfallversicherung VERSICHERUNGEN<br />

»Vermittler und<br />

Versicherer müssen<br />

gemeinsam verstärkt<br />

die Unterschiede<br />

der pUV zur GUV<br />

herausstellen.«<br />

HELMUT WAGNER, HAFTPFLICHTKASSE<br />

Zwei Fahrradfahrer stoßen zusammen und<br />

stürzen heftig, oder ein glückloser Heimwerker<br />

trennt sich mit der Stichsäge den<br />

Daumen ab. Entsteht aus solchen und anderen<br />

Szenarien eine bleibende Invalidität,<br />

hilft die private Unfallversicherung (pUV),<br />

zumindest finanziell. Mit diesem Leistungsversprechen<br />

hat sie es hierzulande auf über<br />

25 Millionen Verträge gebracht. Doch<br />

schon seit Jahren stagniert die Nachfrage.<br />

2<strong>02</strong>0 ging der Gesamtbestand an pUV-<br />

Verträgen laut GDV-Zahlen sogar um rund<br />

300.000 zurück, von 25,8 auf 25,5 Millionen.<br />

Eigentlich lieferte das Pandemiejahr<br />

2<strong>02</strong>0 zahlreiche neue Beratungsansätze<br />

zum Abschluss einer pUV. Die plötzlich<br />

großflächige Arbeit im Homeoffice förderte<br />

zahlreiche Lücken im Schutz der gesetzlichen<br />

Unfallversicherung (GUV) zutage.<br />

Zwar wurden viele dieser Gefahren (zum<br />

Beispiel der Gang zur Toilette) mittlerweile<br />

in den Schutz der GUV mit aufgenommen.<br />

Doch im Freizeit- und Sportbereich gibt es<br />

weiterhin zahlreiche Ansätze.<br />

Aufgrund von Lockdowns und Reisebeschränkungen<br />

probierten viele Menschen<br />

neue Sportarten im Freien, wie Klettern<br />

oder Kanufahren, aus. Die Verkaufszahlen<br />

von Motorrädern und E-Bikes stiegen<br />

sprunghaft an, und Heimwerkerprojekte<br />

wurden angepackt – sehr wahrscheinlich<br />

nicht immer mit professionellen Sicherheitsvorkehrungen.<br />

BIS ZU 5 PROZENT BESTANDSVERLUST<br />

Doch bei den meisten Unfallversicherern<br />

fruchteten diese Ansätze offenbar nicht. Allianz,<br />

Ergo, Signal Iduna, Generali und Axa<br />

büßten 2<strong>02</strong>0 jeweils zwischen 25.000 und<br />

75.000 Policen ein und verloren damit bis<br />

zu 5 Prozent ihrer Bestände. Doch woher<br />

rührt diese Entwicklung? Die Generali hat<br />

eine Beantwortung unsere Anfrage explizit<br />

abgelehnt. Die anderen vier Spartengrößen<br />

gaben sich hingegen auskunftsfreudiger.<br />

Konkret gaben Axa, Signal Iduna und<br />

Allianz an, dass bei ihren deutlichen Vertragseinbußen<br />

Unfallversicherungen mit<br />

Beitragsrückgewähr (UBR) eine große Rolle<br />

spielten. Bei diesen Verträgen beinhaltet<br />

der Beitrag neben einem Risiko- auch einen<br />

Sparanteil. Dieser wird, häufig über eine<br />

lange Laufzeit, parallel zum bestehenden<br />

Unfallschutz angelegt. Durch die erwirtschafteten<br />

Zinsen, die inklusive Sparanteil<br />

zum Vertragsende ausgezahlt werden, war<br />

der Unfallschutz idealerweise gratis.<br />

Früher wurden solche Policen deutlich<br />

häufiger abgeschlossen, aber heute – so der<br />

Tenor der drei Versicherer – seien UBR-<br />

Policen unattraktiv geworden. Das liege<br />

vor allem am mittlerweile auf 0,25 Prozent<br />

gesunkenen Höchstrechnungszins. Solche<br />

Verträge kommen nun nicht mehr nach,<br />

würden aber in großen Stückzahlen auslaufen.<br />

Immerhin noch rund 7,5 Prozent<br />

betrug ihr Anteil, laut GDV, am Gesamtbestand<br />

aller pUV-Verträge.<br />

UBR MIT IMAGEPROBLEM?!<br />

Dass kaum noch neue UBR-Policen nachkommen,<br />

liegt auch daran, dass diese unter<br />

freien Vermittlern kein besonders hohes<br />

Ansehen genießen. Makler Stefan Bierl beispielsweise<br />

lehnt die Vermittlung von UBR-<br />

Policen komplett ab, da es sich dabei aus<br />

seiner Sicht um versteckte Rentenpolicen<br />

handelt (siehe „Maklers Meinung“). Im Interview<br />

sagte er <strong>procontra</strong> zudem, die aufgrund<br />

der Sparanteile oft jahrzehntelangen<br />

Vertragslaufzeiten raubten der Unfallpolice<br />

ihre Flexibilität. Bierl setzt hingegen auf<br />

leistungsstarke Bedingungen und hat sich<br />

selbst hohe Mindeststandards für die Vermittlung<br />

gesteckt.<br />

Genügend gute Tarife würden ihm dennoch<br />

zur Auswahl für seine Kundenberatung<br />

bleiben, denn die Unfallversicherer<br />

bzw. die gesamte SHU-Sparte würde sich<br />

in der jüngeren Vergangenheit regelrecht<br />

überschlagen, was Leistungsverbesserungen<br />

anbelangt. Das kann als Indiz dafür<br />

gelten, dass die Zukunft der pUV in der reinen<br />

Risikoabsicherung liegt und man nur<br />

noch auf diesem Weg an bedeutendes Neugeschäft<br />

herankommt.<br />

MAKLERS MEINUNG<br />

»UBR-Policen<br />

lehnen wir ab«<br />

STEFAN BIERL, Finanzberatung Bierl<br />

Bei der Auswahl von privaten Unfallversicherungen<br />

für unsere Kunden haben wir<br />

selbst zwölf Kriterien festgelegt, die von<br />

uns vermittelte Verträge erfüllen müssen.<br />

Sechs davon sind Leistungsauslöser bzw.<br />

Ursachen, die wiederum den tatsächlichen<br />

Unfallvorgang hervorrufen. Schließlich<br />

kann der Moment, in dem jemand die<br />

Kontrolle über sein Auto verliert, vielfältige<br />

Gründe haben. Für uns sind das Infektionskrankheiten,<br />

die zum Beispiel durch einen<br />

Zeckenbiss oder Tetanus hervorgerufen<br />

werden können, und auch Impfschäden;<br />

Unfälle infolge von Bewusstseinsstörungen,<br />

bedingt durch Schlaganfall und Herzinfarkt<br />

oder auch durch Alkohol und ärztlich<br />

verordnete Medikamente; die Mitversicherung<br />

von Eigenbewegungen und erhöhter<br />

Kraftanstrengung; Sonnenbrand und<br />

Sonnenstich; Gesundheitsschäden durch<br />

Erfrierungen; Nahrungsmittelvergiftungen.<br />

Daneben dürfen Bergungskosten und Leistungen<br />

für kosmetische Operationen nicht<br />

zu knapp bemessen sein und psychische<br />

Störungen nach einem Unfall sowie ein<br />

möglichst geringer Mitwirkungsanteil von<br />

Vorschäden gehören in die Police.<br />

Auch eine sehr gute Gliedertaxe und lange<br />

Fristen für die Anmeldung von Invaliditätsansprüchen<br />

sind wichtig. Da die meisten<br />

Unfälle nur niedrige Invaliditätsgrade<br />

hervorrufen, sollte die Grundsumme<br />

min des tens 150.000 Euro betragen, als<br />

Inflationsausgleich kombiniert mit einer<br />

Beitragsdynamik. Policen mit Beitragsrückgewähr<br />

(UBR) lehnen wir ab, weil es sich<br />

dabei um versteckte Rentenversicherungen<br />

handelt. Zur Not hat man aber lieber eine<br />

UBR-Police mit starken Leistungen statt<br />

eines schwachen Solo-Vertrags.<br />

<strong>procontra</strong> <strong>02</strong> | 22<br />

53

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!