Prophylaxe für jedes Lebensalter
Ausgabe 10/2021
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Titelthema 23<br />
lung im Heim habe ich eine mobile<br />
Einheit, die ursprünglich <strong>für</strong><br />
das Militär entwickelt wurde. Da<br />
haben wir fast alles, was wir brauchen.<br />
Damit kann ich Füllungen<br />
und Zahnreinigungen vornehmen<br />
und eine Prothese ordentlich bedienen<br />
– aber keine chirurgischen<br />
Eingriffe. Bei kaputten Zähnen<br />
braucht man ein Röntgenbild. Das<br />
ist etwas, was wir im Heim nicht<br />
realisieren können. Mobile Röntgengeräte<br />
sind selten und das<br />
haben wir nicht. Da<strong>für</strong> werden die<br />
Patienten in der Praxis versorgt.<br />
Haben Sie den Eindruck, dass zukünftig<br />
wesentlich mehr vulnerable<br />
Patient*innen vor Ort versorgt<br />
werden müssen?<br />
Ja, das glaube ich schon. Wir haben<br />
zum Beispiel auch Anfragen<br />
bekommen, zu Privatpersonen<br />
nach Hause zu kommen. Das ist<br />
<strong>für</strong> uns aber wirtschaftlich und<br />
zeitlich nicht machbar. Auch was<br />
die „Logistik“ angeht, ist der Vorteil<br />
im Pflegeheim der, dass es<br />
dort einen Raum gibt und die Hygiene<br />
gegeben ist.<br />
Was muss die Zahnärzteschaft in<br />
dem Bereich tun, was die Gesundheitspolitik?<br />
Wie erreicht man,<br />
dass die Mundgesundheit im Alter<br />
noch mehr verbessert wird?<br />
Es gibt bereits Ansätze: Zahnsteinentfernung<br />
bei pflegebedürftigen<br />
Menschen kann zweimal im Jahr<br />
erfolgen. Das ist ein guter Weg.<br />
Vielleicht kann man das ausweiten,<br />
denn vielfach hängt es doch<br />
davon ab: Kann sich der Patient<br />
noch selbständig um seine Mundhygiene<br />
kümmern? Oder ist er<br />
dement und ergo muss die Zahnpflege<br />
von anderen durchgeführt<br />
werden? Das macht einen großen<br />
Unterschied. An dieser Stelle ist zu<br />
betonen, dass im Pflegealltag die<br />
Arbeitskraft und auch die Zeit fehlen,<br />
um sich darum zu kümmern.<br />
Natürlich stehen da andere Dinge<br />
wie die Wundversorgung oder die<br />
Assistenz beim Stuhlgang im Vordergrund.<br />
Die Zähne sind dann<br />
nicht der Schwerpunkt. Aber der<br />
Mangel an Pflegekräften ist da<br />
sicherlich ein großes Problem. Es<br />
ist letztlich eine Frage von Priorität<br />
und der Zeit.<br />
Die Zahl der Kooperationsverträge<br />
ist in Baden-Württemberg<br />
trotz der Coronapandemie gestiegen:<br />
von 657 in 2020 auf<br />
766 im September 2021. Meinen<br />
Sie, dass man vor Ort mit<br />
weiteren Steigerungen rechnen<br />
kann, also mit weiteren<br />
Kooperationspartner*innen?<br />
Dr. Brase-Mitsch<br />
Das ist bestimmt von Stadt zu<br />
Stadt sehr unterschiedlich. Das<br />
hängt von der Anzahl der Heime<br />
ab, die alle einen Kooperationspartner<br />
finden sollten, damit sie<br />
einen Ansprechpartner haben.<br />
Aber nicht alle Zahnärztinnen<br />
und Zahnärzte sind bereit, einen<br />
Kooperationsvertrag einzugehen.<br />
Das Thema Rufbereitschaft ist <strong>für</strong><br />
viele ein „Angstthema“.<br />
Was würden Sie sich in Sachen<br />
Pflegeengagement in zehn Jahren<br />
wünschen? Was muss <strong>für</strong><br />
Pflegebedürftige hinsichtlich der<br />
Zahnmedizin erreicht werden?<br />
Es wäre schon sehr hilfreich, wenn<br />
die Bürokratie nicht so aufgebläht<br />
wäre. Wenn ich zu mehreren Patientinnen<br />
und Patienten gehe, dann<br />
gibt es einen, der ist in meinem<br />
Abrechnungsprogramm schon geführt,<br />
einer ist neu und muss noch<br />
in das System eingepflegt werden.<br />
Und es wird unterschieden zwischen<br />
gesetzlich und privat Versicherten.<br />
Die Liste könnte ich hier<br />
Fotos: B. Schweizer<br />
endlos fortführen. Was ich sagen<br />
will ist: Im Fokus sollten der Patient<br />
und die Behandlung stehen und<br />
nicht deren Verwaltung. Das raubt<br />
unglaublich viel Zeit und schreckt<br />
Kollegen ab, Kooperationsverträge<br />
einzugehen. Zudem muss das Modell<br />
finanziell attraktiver ausgestaltet<br />
werden.<br />
Das Gespräch führten<br />
Alexander Messmer und<br />
Guido Reiter<br />
Kooperationsverträge<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
ZBW 10/2021