Prophylaxe für jedes Lebensalter
Ausgabe 10/2021
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Titelthema<br />
Barrierearmer Zugang zur PAR-Behandlung<br />
Neue zahnärztliche Leistungen<br />
<strong>für</strong> vulnerable Gruppen<br />
Foto: KZV BW<br />
Für pflegebedürftige Menschen und Menschen mit Behinderungen<br />
ist die tägliche Zahnpflege etwa aufgrund von Immobilität mitunter<br />
nur eingeschränkt gegeben und mit einem erhöhten Assistenzbedarf<br />
verbunden. Vor diesem Hintergrund sind <strong>für</strong> vulnerable Gruppen das<br />
Thema Prävention und eine an ihren individuellen Bedürfnissen ausgerichtete<br />
Behandlung <strong>für</strong> eine gute Mundgesundheit besonders wichtig.<br />
PAR-Behandlung. Dr. Ute Maier: „Mit der neuen Behandlungsrichtlinie kommen wir<br />
dem Ziel, Patientinnen und Patienten mit Behinderungen oder Pflegebedarf eine bedarfsgerechte<br />
Behandlung zu ermöglichen und deren Lebensqualität zu verbessern,<br />
deutlich näher.“<br />
Mit der am 1. Juli 2021 in Kraft<br />
getretenen Richtlinie zur systematischen<br />
Behandlung von Parodontitis<br />
und anderen Erkrankungen<br />
und der Änderung der<br />
Behandlungsrichtlinie in Bezug<br />
auf die Behandlung von Parodontitis<br />
bei Versicherten nach § 22a<br />
SGB V ist es gelungen, aktuelle<br />
wissenschaftliche Erkenntnisse<br />
und Therapieansätze bei der<br />
PAR-Behandlung in den GKV-<br />
Leistungskatalog zu integrieren.<br />
Besonders erfreulich: Gerade<br />
auch <strong>für</strong> die vulnerablen Bevölkerungsgruppen<br />
konnten enorme<br />
Verbesserungen durchgesetzt<br />
werden. Der Zugang zu einer an<br />
die individuellen Bedürfnisse<br />
angepassten Versorgung wurde<br />
deutlich vereinfacht und barrierearm<br />
gestaltet.<br />
Hohe Erkrankungsrate. Die<br />
Fünfte Deutsche Mundgesundheitsstudie<br />
(DMS V, Köln 2016,<br />
S. 29 f.) offenbarte schonungslos:<br />
Bei etwa der Hälfte der jüngeren<br />
Erwachsenen (35- bis 44-Jährige)<br />
lagen parodontale Erkrankungen<br />
vor, bei den 65- bis 74-Jährigen<br />
lag die Quote bei 65 Prozent und<br />
bei den 75- bis 100-Jährigen sogar<br />
bei 90 Prozent.<br />
Mit zunehmendem Alter steigt<br />
das Risiko parodontaler Erkrankungen,<br />
ebenso bei pflegebedürftigen<br />
Menschen und bei Menschen<br />
mit Behinderungen. Diese sind<br />
oft nicht oder nur eingeschränkt<br />
in der Lage, selbst eine optimale<br />
Mundhygiene durchzuführen. Bestehende<br />
Allgemeinerkrankungen<br />
und ungesunde Ernährung spielen<br />
zusätzlich eine Rolle.<br />
Verbesserte Versorgung. Auf<br />
Grundlage des Beschlusses des<br />
G-BA vom 6. Mai 2021 erhalten<br />
„Versicherte, die einem Pflegegrad<br />
nach § 15 Elftes Buch Sozialgesetzbuch<br />
(SGB XI) zugeordnet<br />
sind oder Eingliederungshilfe<br />
nach § 99 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch<br />
(SGB IX) erhalten<br />
und bei denen die Fähigkeit zur<br />
Aufrechterhaltung der Mundhygiene<br />
nicht oder nur eingeschränkt<br />
gegeben ist, oder die einer Behandlung<br />
in Allgemeinnarkose<br />
bedürfen, oder bei denen die Kooperationsfähigkeit<br />
nicht oder nur<br />
eingeschränkt gegeben ist,“ seit<br />
1. Juli 2021 eine PAR-Behandlung<br />
in einem bedarfsgerechten modifizierten<br />
Umfang. Die Versicherten<br />
können somit anstelle der systematischen<br />
Behandlung gemäß der<br />
PAR-Richtlinie Leistungen erhalten,<br />
die individuell auf sie abgestimmt<br />
sind.<br />
Davon umfasst sind folgende<br />
Leistungen:<br />
• Erhebung von Anamnese, Befund<br />
und Diagnose; zumindest<br />
jedoch die Messung der Sondierungstiefen<br />
an mindestens zwei<br />
Stellen pro Zahn<br />
• Antiinfektiöse Therapie (AIT)<br />
bei Sondierungstiefen ≥ 4 mm<br />
• Sofortige Chirurgische Therapie<br />
(CPT) anstelle der AIT an<br />
Zähnen mit einer Sondierungstiefe<br />
von ≥ 6 mm bei Behandlung<br />
in Allgemeinnarkose<br />
• Adjuvante systematische Antibiotikatherapie<br />
sowie eine<br />
umfangreiche Nachsorgephase<br />
über zwei Jahre mit Messung<br />
der Sondierungstiefen, vollständiger<br />
supragingivaler und<br />
gingivaler Reinigung aller Zäh-<br />
ZBW 10/2021<br />
www.zahnaerzteblatt.de