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Prophylaxe für jedes Lebensalter

Ausgabe 10/2021

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36<br />

Fortbildung<br />

Fotos: Dr. J. Schmoeckel<br />

Abb. 4a<br />

Abb. 4a<br />

Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation. Schwere Form<br />

der MIH mit Substanzverlust und Hypersensibilität (MIH-<br />

TNI 4a). Nur bei leichter Berührung und Luftzug ist der<br />

Zahn trotz teilweise noch vorhandener Abdeckung mit Glasionomerzement<br />

(a) schmerzhaft. Da der Zahn sehr empfindlich<br />

ist und sich noch im Durchbruch befindet, wurde<br />

zunächst Silberdiaminfluorid (SDF) appliziert (b). Dadurch<br />

konnte die Empfindlichkeit deutlich reduziert werden, was<br />

<strong>für</strong> eine später geplante invasiven Therapiemaßnahme<br />

(z. B. Lokalanästhesie und Stahlkrone) hilfreich ist.<br />

on und -therapie revolutionär: Die Entfernung kariös veränderter<br />

Zahnhartsubstanz dient primär dazu, den Zahn<br />

<strong>für</strong> die spätere Versorgung durch beispielsweise eine Füllung<br />

vorzubereiten, damit diese langfristig hält und stellt<br />

primär keine ursächliche Kariestherapie dar (Schwendicke<br />

et al., 2016; Innes et al., 2016).<br />

Im Rahmen verschiedener Studien mit hohem Evidenzgrad<br />

wurde gezeigt, dass durch eine schrittweise selektive<br />

bzw. sogar gar keine Kariesentfernung (vgl. Hall-Technik)<br />

von kariös infiziertem Zahnhartgewebe im Vergleich zur<br />

sogenannten konventionellen kompletten Kariesexkavation<br />

signifikant mehr Zähne vital erhalten werden konnten<br />

(Ricketts et al., 2013). So hat sich bislang der Terminus<br />

„selective removal of carious tissue“, also die selektive<br />

Entfernung von kariösem Gewebe, auch als zeitgemäßer<br />

Therapieansatz insbesondere bei profunder Karies durchgesetzt<br />

(Innes et al., 2016; Schwendicke et al., 2016).<br />

Unter selektiver Kariesentfernung ist zu verstehen, dass<br />

danach die Kavitätenränder im gesunden Zahnschmelz<br />

liegen, kariöses Dentin pulpenfern vollständig entfernt (u.<br />

a. Schmelz-Dentingrenze) und nur pulpennah erweichtes/ledriges<br />

Dentin belassen wird. Die heute genutzten<br />

Komposite/Adhäsive halten deutlich besser an gesunder<br />

Zahnhartsubstanz und ein dichter Verschluss der Kavität<br />

ist bei der selektiven Kariesexkavation essentiell. Im<br />

GKV-Bereich bewegte man sich bis vor kurzem aber auch<br />

hier lange auf schwierigem Terrain. Laut BEMA war bis<br />

vor Kurzem eine Füllung nur nach vollständiger Kariesexkavation<br />

abrechenbar. Die wissenschaftliche Evidenz<br />

spricht v. a. bei tiefen kariösen Läsionen aber deutlich <strong>für</strong><br />

die selektive Kariesentfernung (Elhennawy et al., 2018).<br />

Die selektive Kariesentfernung ist im Übrigen nicht nur<br />

<strong>für</strong> Milchzähne, sondern auch bei permanenten Zähnen<br />

geeignet, und die wissenschaftliche Evidenz deutlich (Ricketts<br />

et al., 2013; Santamaría et al., 2020). Dies ist zudem<br />

klinisch relevant, da mittels selektier Kariesentfernung<br />

(Abb. 5) mehr Zähne vital erhalten werden können (z. B.<br />

Reduktion der Pulpaexposition: von 40 Prozent auf 17,5<br />

Prozent (Leksell et al., 1996) bzw. von 29 Prozent auf 17,5<br />

Prozent (Bjørndal et al., 2010)) und auch im Vergleich zur<br />

vollständigen Kariesentfernung postoperativ signifikant<br />

weniger Symptome auftreten (Ricketts et al., 2013).<br />

Hall-Technik. Die sogenannte Hall-Technik ist eine<br />

innovative, minimalinvasive Methode zur Behandlung<br />

kariöser Milchmolaren, mit folgenden Hauptmerkmalen:<br />

• Indikation: kariöser Milchmolar ohne Symptomatik/<br />

Hinweis auf irreversible Pulpitis; deutliche Dentinbrücke<br />

zwischen kariöser Läsion und Pulpa im Röntgenbild<br />

• Kein Bedarf weder an Lokalanästhesie, Kariesexkavation<br />

noch Zahnpräparation<br />

• Platzierung einer konfektionierten Stahlkrone (Abb. 6)<br />

mit dünnfließendem Glasionomerzement ohne jegliche<br />

Kariesentfernung<br />

Fotos: Dr. Alkilzy<br />

Abb. 5a<br />

Abb. 5c<br />

Abb. 5b<br />

Abb. 5d<br />

Approximalkaries. Tiefe Approximalkaries<br />

an den Milchmolaren<br />

84 und 85 (a). Nach<br />

selektiver Kariesexkavation:<br />

Wichtig <strong>für</strong> das Gelingen in der<br />

Adhäsivtechnik ist dabei, dass<br />

eine komplette Kariesexkavation<br />

peripher erfolgt, jedoch<br />

pulpennah kariöse Zahnhartsubstanz<br />

belassen wird, um<br />

die Pulpa nicht akzidentell zu<br />

eröffnen oder zu stark zu reizen<br />

(b). Während der Applikation<br />

des Prime & Bond, hier unter<br />

relativer Trockenlegung (c).<br />

Nach Fertigstellung der Kompomerfüllungen<br />

(d).<br />

ZBW 10/2021<br />

www.zahnaerzteblatt.de

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