procontra Ausgabe 02/2023
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Rechtsschutz VERSICHERUNGEN | 55<br />
<strong>procontra</strong>: … sofern das Angebot diese<br />
Möglichkeit hergibt. Anders als im<br />
privaten Rechtsschutz ist das Vertragsrisiko<br />
im Gewerbe bekanntlich meist ein<br />
No-Go. Um Konflikte mit Kunden und<br />
Lieferanten oder Dienstleistern machen<br />
viele Rechtsschutzanbieter immer noch<br />
einen großen Bogen. Wie bewerten Sie<br />
dieses Manko – und wie schlägt sich das<br />
im Rating nieder?<br />
Monke: Der Vertragsrechtsschutz ist<br />
das größte Risiko in der gewerblichen<br />
Rechtsschutzversicherung und für die<br />
Gesellschaften aufgrund der möglichen<br />
sehr hohen Schäden nur schwer kalkulierbar.<br />
Daher scheut sich die Branche<br />
vor einer vorbehaltlosen Abdeckung.<br />
Einige Anbieter am Markt gibt es aber<br />
doch. Allerdings wird die Leistungshöhe<br />
gedeckelt.<br />
Für die Höchstnote FFF+ verlangen wir<br />
im Rating neben einer hohen Gesamtqualität,<br />
das heißt einer entsprechend<br />
hohen Punktzahl, auch Leistungen<br />
im Vertrags- sowie im Steuer- und<br />
Sozialrechtsschutz und binden diese<br />
außerdem an einen Mindeststandard.<br />
Rechtsstreitigkeiten um Verträge beispielsweise<br />
müssen demnach europaweit<br />
versichert sein.<br />
<strong>procontra</strong>: Nur eine kleine Spitzengruppe<br />
mit der Höchstnote FFF+ für<br />
„hervorragend“ und FFF für „sehr gut“,<br />
aber ein großes Mittelfeld mit „gut“<br />
und „befriedigend“: Überrascht Sie die<br />
Auswertung der untersuchten rund 60<br />
Tarifvarianten fürs Gewerbe?<br />
Monke: Eine solche Verteilung ist bei<br />
einem Erstrating nicht ungewöhnlich.<br />
Unterliegen Sparten nicht der externen<br />
Qualitätskontrolle durch Ratings, ist<br />
für die Versicherer auch kein Anreiz da,<br />
die Produkte möglichst kundenfreundlich<br />
zu gestalten. Zudem fehlen häufig<br />
Standards beim Leistungsumfang und<br />
bei der Formulierung der Versicherungsbedingungen.<br />
Das war anfänglich auch<br />
bei der Berufsunfähigkeitsversicherung<br />
nicht anders.<br />
<strong>procontra</strong>: Inwiefern hakt es sonst<br />
noch bei gewerblichen Rechtsschutzversicherungen?<br />
Monke: Gerade im Vergleich mit privaten<br />
Rechtsschutzverträgen beobachten<br />
wir häufig einen abgeschwächten<br />
Leistungsumfang. Maßgebliche Risiken,<br />
auch über den Vertragsrechtsschutz<br />
hinaus, werden teilweise gar nicht oder<br />
mit geringeren Summen versichert.<br />
<strong>procontra</strong>: Konkret: Wo ist denn im<br />
Kleingedruckten insbesondere noch<br />
„Luft nach oben“?<br />
Monke: Es gibt keinen einheitlichen<br />
Trend. Antidiskriminierung, Urheberrecht,<br />
Kartellrecht, Mediation, das ist in<br />
einer Reihe von Tarifen gar nicht<br />
versichert – und wenn, dann meist nur<br />
in den Top-Tarifen, und das in sehr<br />
unterschiedlicher Höhe. Abstriche gibt<br />
es auch beim Arbeitsrecht – etwa wenn<br />
es um Rechtsstreit mit Gewerkschaften<br />
geht. Deutliche Abstufungen sehen wir<br />
auch bei der weltweiten Absicherung<br />
mit Deckungssummen ab 200.000 Euro<br />
bis unbegrenzt. Eines fällt aber in der<br />
Tat auf: Anders als im privaten Bereich<br />
beschränkt sich der Rechtsschutz im<br />
Gewerbe vielfach nur auf den gerichtlichen<br />
Bereich. Außergerichtlicher<br />
Schutz steht nicht so sehr im Fokus.<br />
Weiter im Thema<br />
Alle Ergebnisse des<br />
Ratings über gewerblichen<br />
Rechtsschutz<br />
Foto: Franke und Bornberg