faktor Sommer 2023
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wissen<br />
Im Blick – die größten Stolperfallen<br />
Vorsorge für den Eventualfall: Notfallkoffer<br />
Wichtig im Privaten wie im Geschäftlichen: Privat sollte<br />
den Hinterbliebenen Passwörter, Unterlagen, Adressen<br />
und Ansprechpartner zugänglich sein. Im Geschäftlichen<br />
ist der Hauptzweck, dass das Unternehmen handlungsfähig<br />
bleiben muss. Jemand muss das Unternehmen vertreten<br />
können, die Passwörter und Schlüssel haben, gegenüber<br />
Banken und Geschäftspartnern bevollmächtigt<br />
sein. „Wichtig ist, dass man jemanden hat, dem man<br />
wirklich vertraut und der die Dinge in die Hand nehmen<br />
kann“, erklärt Lutz Becker und Eliane Krüger ergänzt:<br />
„Wichtigstes Instrument für die Akzeptanz im Geschäftsleben<br />
ist die notarielle Vorsorgevollmacht.“<br />
Das Testament<br />
Hier sollte zwingend festgelegt werden, wer das Erbe erhält.<br />
Umgekehrt kommt es jedoch auch nicht selten vor,<br />
dass ältere Unternehmer, die Schwierigkeiten haben, loszulassen<br />
und sich aus ihrem Lebenswerk zurückzuziehen,<br />
gar nicht an diese Vorsorge und Übertragung des<br />
Besitzes denken wollen. Entscheidend ist: Je früher man<br />
sich Gedanken macht, desto besser und desto weniger<br />
Konflikte im Nachhinein. Ebenfalls wichtig: Alle Kinder<br />
müssen auf den Tisch, auch die Unehelichen und bisher<br />
unbekannten, um durch die Wahl der richtigen Rahmenbedingungen<br />
das Unternehmen nicht zu gefährden.<br />
Zu kurzfristig gedacht<br />
Nachfolgeregelungen brauchen Zeit. Ehevertrag, Testament<br />
und Notfallkoffer lassen sich schnell gestalten.<br />
Doch gerade die Suche nach einem Nachfolger, die Klärung<br />
der Übergabe im Familienkreis und die praktische<br />
Umsetzung sind keine kurzfristigen Angelegenheiten.<br />
„Drei bis fünf Jahre mit entsprechend intensiver Kommunikation<br />
im Familienkreis sollte man einkalkulieren“,<br />
sagt Lutz Becker. Selbst, wenn ein Kind den Betrieb übernehmen<br />
will und es schließlich einsteigt, kann dieser<br />
Prozess noch scheitern. „Deswegen braucht man auch<br />
einen Plan B und sollte sich mit diesen komplexen Fragen<br />
möglichst frühzeitig beschäftigen.“<br />
Krüger widerspricht: „Die Dinge hinauszuschieben,<br />
ist nach meiner Erfahrung der größte Fehler. Abschreckendes<br />
Beispiel ist der aktuelle Fall des Milliardärs<br />
Thiele (Knorr-Bremse, Lufthansa). Der hatte sich ganz<br />
auf einen Berater verlassen, ohne klare Regelungen zu<br />
verfügen. Nach seinem Tod liegen Familie und der Berater<br />
in endlosen Prozessen, und der ehemalige Berater<br />
verlangt 225 Millionen Euro Honorar (vgl. ,Spiegel‘-<br />
Bericht). So kann man mit Zögerlichkeit Unternehmen,<br />
Vermögen und Familien zerstören. Schlussfolgerung: sofort<br />
ein erbrechtliches Konzept aufsetzen. Testamente<br />
sind jederzeit einseitig änderbar und können in der weiteren<br />
Entwicklung angepasst werden.“ƒ<br />
Konflikte mit dem (ein bisschen) ausgeschiedenen<br />
Senior-Chef<br />
Auch nach der Übertragung des Unternehmens an die<br />
nachfolgende Generation kann es zu Konflikten kommen.<br />
So mancher eigentlich bereits aus dem Unternehmen<br />
ausgeschiedene Senior-Chef hat noch ein eigenes<br />
Büro und kommt weiterhin regelmäßig in den Betrieb.<br />
Sind die Verantwortlichkeiten nicht klar geregelt, kann<br />
das etwa die Betriebsabläufe oder auch den Umgang mit<br />
dem Nachfolger beeinflussen.<br />
Der Ehevertrag<br />
Es ist ein verbreiteter Wunsch, dass Familienunternehmen<br />
auch in der Hand der Familie bleiben sollen und eingeheiratete<br />
Ehepartner keine Ansprüche erhalten. Das Unternehmen<br />
lässt sich mit einem Ehevertrag schützen, der später<br />
immer wieder an sich verändernde Rahmenbedingungen<br />
angepasst werden kann – wenn sonst etwa die Ehe<br />
scheitert, kann ein Zugewinnanspruch des Ehepartners<br />
bestehen, der dann im Zweifel auch aus dem Unternehmenskapital<br />
bedient werden müsste. „Der Zugewinnausgleich<br />
kann aber auch eine Chance zur Steuerersparnis<br />
sein, wenn man ihn gezielt beispielsweise im Rahmen einer<br />
,Güterstandsschaukel‘ einsetzt“, sagt Krüger.<br />
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