SCHÖNES LEBEN – Ausgabe 82
Land, Kultur & Lebensart zwischen Elbestrand und Heidesand
Land, Kultur & Lebensart zwischen Elbestrand und Heidesand
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te er nur für Kost und Logis. Als Waisenkind bekam er<br />
monatlich drei Mark vom Pastor. „50 Pfennige gingen schon<br />
alleine fürs Haareschneiden weg, da hatte ich nur noch 2,50<br />
Mark für den ganzen Monat“, beschrieb Egon Engber einmal<br />
diese karge Zeit. Morgens ging es um 5 Uhr aus dem Bett,<br />
die Kühe mussten auf die Weide gebracht werden, anschließend<br />
wurde das Schmiedefeuer angeheizt. Die harte Arbeit<br />
an Amboss und Esse hat Egon Engber gestählt. Übrigens:<br />
Seine Gesellenprüfung bestand er mit der Note „sehr gut“.<br />
Die Gesellenzeit des Vollbluthandwerkers wurde jäh<br />
unterbrochen. Was folgte, waren Kriegsdienst und fünfeinhalb<br />
Jahre russische Kriegsgefangenschaft. 1950 kehrte er<br />
mit nichts außer einem Paar ausgetretener Schuhe und einem<br />
Russenmantel wieder zurück. Egon Engber musste wieder<br />
ganz von vorne anfangen, aber er ließ sich nicht unterkriegen.<br />
Er fand Arbeit bei dem Schmied Walter Heuer und bei<br />
der Straßenbaufirma Weseloh. Nach der Arbeit fuhr er mit<br />
dem Motorrad nach Hamburg und büffelte für die Meisterprüfung,<br />
die er 1952 bestand: „Das Kunstschmieden hat er<br />
dann bei dem berühmten Künstler Eugen Christ gelernt“,<br />
erzählt Ruth Engber, die ihren Mann im Betrieb jahrzehntelang<br />
unterstützt hat. Eugen Christ bescheinigte Egon Engber<br />
eine „besondere schöpferische sowie zeichnerische Begabung“<br />
und zeichnet ihn für sein Können aus. Heute finden<br />
sich kunstvolle Schmiedearbeiten von Egon Engber in vielen<br />
Ländern. Zu den prominenten Auftraggebern gehören unter<br />
anderem Pop-Titan Dieter Bohlen sowie Formel-1-Weltmeister<br />
Michael Schumacher und dessen Bruder Ralf. Barhocker,<br />
Liegen und individuell gestaltete Tische fanden aus<br />
Seevetal-Karoxbostel ihren Weg in die Gärten und Villen der<br />
High Society. Aufwendige Vordächer, Gartenpforten und<br />
Toranlagen für millionenschwere Kunden gehören ebenso zu<br />
den Referenzen der Kunstschmiede Egon Engber wie Arbeiten<br />
an den monumentalen schmiedeeisernen Toren auf dem<br />
Friedhof Ohlsdorf. Für ihre hervorragende Arbeit an der<br />
denkmalgeschützten Wassermühle in Karoxbostel wurde die<br />
Kunstschmiede Egon Engber vom Zentralverband des deutschen<br />
Handwerks und der Deutschen Stiftung Denkmalschutz<br />
mit dem Bundespreis für Handwerk in der Denkmalpflege<br />
2021 ausgezeichnet.<br />
Heute wird der vor 60 Jahren von Egon Engber gegründete<br />
Traditionsbetrieb in zweiter und dritter Generation von<br />
zwei Meistern des Metallbauhandwerks geführt: Tochter<br />
Ellen trat in die Fußstapfen ihres Vaters und legte 1989 ihre<br />
Gesellenprüfung ab <strong>–</strong> als Innungsbeste. Ihr Gesellenstück<br />
war ein geschmiedeter Puppenwagen, den sie in 150 Stunden<br />
geschmiedet hatte. Auch bei ihrer Meisterprüfung, die sie<br />
1994 ablegte, wurde Ellen Engber als Beste der Metallbauer-<br />
Innung geehrt. „Mein Meisterstück war eine Spiegeleinfassung<br />
mit rankenden Rosen“, erzählt sie. Seit 2006 führt<br />
Der Drachenkopf ist ein echter Hingucker. Auf dem Betriebsgelände<br />
der Kunstschmiede Egon Engber in Karoxbostel werden<br />
Dutzende dort geschmiedete Objekte präsentiert, die einen Eindruck<br />
von der Handwerksqualität dieses traditionsreichen Metallbaubetriebes<br />
vermitteln.<br />
Sie setzen die von Egon Engber begründete Familientradition fort:<br />
Ellen Engber mit ihren beiden Söhnen Valentin (links) und Marlo<br />
Kummerfeld. Wie einst der Firmengründer arbeiten sie auch noch<br />
an Esse und Amboss.<br />
Erstklassige Schmiedearbeiten wie dieses Eingangstor sind seit<br />
nunmehr 60 Jahren das Markenzeichen der Kunstschmiede Egon<br />
Engber.<br />
Herbst 2023 33