Urlaubsmagazin Sächsische Schweiz 2022
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Gipfelerlebnisse<br />
Geklettert wird in der <strong>Sächsische</strong>n <strong>Schweiz</strong><br />
ausschließlich auf Wegen, die auf Gipfel<br />
führen. Nur freistehende Türme, die nicht<br />
über Wanderwege bestiegen werden können,<br />
sind zum Klettern frei gegeben. Ausnahmen<br />
bilden die beiden Massivwände am Lilienstein<br />
und Großen Zschirnstein sowie der<br />
Abraktzky-Kamin an der Festung Königstein.<br />
Nicht selten muss, gerade in den rechtselbischen<br />
Sandsteingebieten, kurz vor dem<br />
Gipfelglück noch ein anstrengender Kamin<br />
oder Riss gemeistert werden. Auf dem<br />
Gipfel findet sich ein Gipfelbuch und eine<br />
Abseilöse – manchmal allerdings auf einem<br />
Nebenturm, der nur durch einen beherzten<br />
Übertritt oder einen Sprung erreicht werden<br />
kann. Gipfelbucheinträge sind hier<br />
minimalistisch: Name, Datum, Weg und<br />
Nachsteigende. Bildchen oder Kommentare<br />
sind verpönt.<br />
Schlingen, Knoten<br />
und Ufos<br />
Ja, es gibt Sicherungsringe in sächsischen<br />
Kletterwegen – aber oft erst ab dem VII.<br />
Sachsengrad, dann zunächst erstmal nur<br />
einer und oft auch erst als Belohnung<br />
nach (!) der Schwierigkeit. Bis dahin gilt<br />
es, zur Absicherung Schlingen zu legen.<br />
Der gut gemeinte Hinweis gebietskundiger<br />
Kletterer: »Da liegen Schlingen.« bedeutet<br />
nichts anderes, als dass in dem ausgewählten<br />
Weg Sicherungen untergebracht<br />
werden können. Diese sind ausnahmslos<br />
textil und bestehen aus großen und kleinen<br />
Knoten, aus »Ufos« genannten Stoffkeilen<br />
oder Bandschlingen. Mit Hilfe eines<br />
Riss- Spatels stopft man Ufos und Knoten<br />
in Risse oder drapiert Bandschlingen um<br />
Felsköpfe oder »Sanduhren«.<br />
1. 3.<br />
Menschliche Leitern<br />
2.<br />
Weltweit setzt sich der Gedanke des Freikletterns<br />
durch. Auf Fortbewegung mit<br />
künstlichen Hilfsmitteln wird also zunehmend<br />
verzichtet. In Sachsen hingegen<br />
darf – ja muss – in einigen Wegen ein<br />
Hilfsmittel benutzt werden: nämlich dort,<br />
wo der Erstbegeher das explizit vermerkt<br />
hat. Dann darf man an der entsprechenden<br />
Stelle einen oder mehrere Bergkameraden<br />
übereinander »verbauen« und kann über<br />
diese menschliche Leiter den ersten guten<br />
Griff, Tritt oder Sicherungspunkt erreichen.<br />
Schon Rudolf Fehrmann hat 1910 formuliert,<br />
was zulässig ist. Der Benutzung zum<br />
Beispiel einer Feuerwehrleiter ist demnach<br />
verboten.<br />
Magnesiaverbot<br />
Weltweit beliebt, am sächsischen Sandstein<br />
tabu: Magnesia oder Chalk. Chalk in Verbindung<br />
mit Feuchtigkeit verschmiert den<br />
Sandstein und macht aus griffigem Fels<br />
eine schleimige Fläche. Wer nicht auf sein<br />
Chalkbag verzichten möchte, kann dieses<br />
mit Sand befüllen oder das Handy darin<br />
zum Gipfel transportieren.<br />
Schwierigkeiten<br />
4.<br />
5.<br />
Im Elbsandsteingebirge gibt es eine eigene<br />
Schwierigkeitsskala. Diese reicht von<br />
I bis XIc. Für Sprünge werden Schwierigkeiten<br />
von 1 bis 7 vergeben. Durch die dem<br />
Sandstein eigenen Strukturen, wie Risse,<br />
Reibung und Kamine, ist eine Umrechnung<br />
auf UIAA-Grade schwierig. Während die<br />
Schwierigkeiten für reine Wandkletterei<br />
noch gut vergleichbar sind, wird beispielsweise<br />
die recht anspruchsvolle Risskletterei<br />
des »Alten Wegs« auf den Dreifingerturm –<br />
gerade mal eine sächsische III – dem<br />
Liebhaber kleiner Leisten und Tritte auf<br />
strukturierten Wänden schnell einige<br />
Schweißperlen auf die Stirn treiben.<br />
Spätestens in der »Genießerspalte« am<br />
Meurerturm (IV) wird Schwitzen zum<br />
Dauerzustand. Die meisten Gipfel der<br />
Region können jedoch über einige leichte,<br />
gut zu sichernde und lohnende Wege<br />
erreicht werden.<br />
// Gerit Sophie Heidel<br />
Die Insignien des Elbsandsteinkletteres:<br />
Knotenschlingen<br />
Helmut Schulze<br />
TIPP<br />
Kletterausstellung in Bad Schandau<br />
Kletterwelten im Elbsandstein – Bewegung in der<br />
Landschaft: Unter diesem Titel zeigt das Museum<br />
Bad Schandau eine sehenswerte Dauerausstellung zur<br />
Geschichte des Kletterns in der <strong>Sächsische</strong>n <strong>Schweiz</strong>.<br />
Hier ist unter anderem eine Originalausgabe des<br />
allerersten Kletterführers zu sehen.<br />
Badallee 10<br />
01814 Bad Schandau<br />
bad-schandau.de/museum-bad-schandau<br />
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Insider<br />
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www.saechsische-schweiz.de BEWEGUNG<br />
URLAUBSMAGAZIN <strong>Sächsische</strong> <strong>Schweiz</strong> <strong>2022</strong> 39