Urlaubsmagazin Sächsische Schweiz 2022
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wir an einem Baum, verborgen unter einer<br />
Schneeschicht tatsächlich den gesuchten blauen<br />
Strich wieder.<br />
Hinter der Grenze wird die Szenerie<br />
noch geheimnisvoller.<br />
Kein Pfefferkuchenhaus, sondern die gemütliche<br />
Baude auf dem Gipfel des Wachbergs (496 Meter)<br />
ist unser erstes Etappenziel. Bergfest! Wie gut tut<br />
jetzt ein prasselndes Kaminfeuer, ein Kachelofen<br />
und ein »Gipfelglüher«, ein heißer, himmlisch fruchtiger<br />
Zaubertrank nach Hausrezept. Nun scheint der<br />
Rest der Tour doch nicht mehr so lang, das Projekt<br />
doch nicht mehr so verwegen.<br />
Kurz hinter der Wachbergbaude verläuft die<br />
böhmische Grenze. Die ist hier nicht mehr als ein<br />
Stein mit bunten Wappen am Wegesrand. Und doch<br />
bilden wir uns ein, dass die Szenerie hier noch<br />
märchenhafter, noch geheimnisvoller wird. An den<br />
wenigen, uns begegnenden Skifahrern und Wanderern<br />
probieren wir verschiedene Begrüßungen aus.<br />
Doch egal, ob wir »Hallo« oder »Ahoi« sagen:<br />
Es kommt immer ein freundliches »Dobrý den«<br />
zurück, sodass auch wir uns im Folgenden auf diese<br />
tschechische Standardbegrüßung festlegen. Leider<br />
begegnen wir bis zum Gipfel des Tanzplans, der<br />
hier Tanečnice heißt, niemandem mehr, an dem<br />
wir sie üben können.<br />
Noch einmal stapfen und einsinken.<br />
Noch einmal Märchenwald. Noch einmal<br />
das Lauschen in die Stille<br />
Der Berg mit dem merkwürdigen Namen ist mit<br />
fast 600 Metern die höchste Erhebung im weiten<br />
Umkreis. Die 25 Kronen (etwa ein Euro) für den<br />
Aufstieg auf den Aussichtsturm sind gut angelegt.<br />
Weit schweift der Blick über zwei Länder und<br />
drei Bergwelten: das Elbsandsteingebirge im Süden,<br />
das Lausitzer Gebirge im Osten und im Norden die<br />
Oberlausitz. Auch der Turm selbst bietet mit seiner<br />
Kruste aus Eiskristallen heute einen unwirklichen<br />
Anblick. Am Dach der benachbarten Blockhütte<br />
aus dunklem Holz, in der deftige böhmische Küche<br />
gereicht wird, hängen dicke Eiszapfen.<br />
Laut Höhenprofil geht es von hier bis nach<br />
Sebnitz nur noch bergab – was wir dankbar zur<br />
Kenntnis nehmen. Allerdings müssen wir den Einstieg<br />
zum Abstieg erneut mithilfe der Karten-App<br />
unter dem Schnee suchen. Noch einmal stapfen und<br />
einsinken. Noch einmal Märchenwald. Noch einmal<br />
das Lauschen in die Stille.<br />
Dann holt uns die Dämmerung ein und bald auch<br />
die Müdigkeit. Endlich sehen wir die Lichter von<br />
Sebnitz anheimelnd durch die Bäume schimmern.<br />
Geschafft, glücklich und mit der Vorfreude auf ein<br />
heißes Bad treten wir die Heimreise an.<br />
// Sebastian Thiel<br />
Tour zum<br />
Nachwandern<br />
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URLAUBSMAGAZIN <strong>Sächsische</strong> <strong>Schweiz</strong> <strong>2022</strong> 77